Sonntag, 29. Dezember 2013

Tipps vom 23.12. - 29.12.2013



STORIES WE TELL - Da dieser Film von 2012 zwar schon seit geraumer Zeit im Ausland (auch fürs Heimkino) erhältlich ist, hier aber erst nächstes Jahr im Kino läuft (!), versuche ich mal nicht allzu viel zu spoilern. In dieser Dokumentation erleben wir jedenfalls Sarah Polley's Versuch, ihre eigene Vergangenheit und vorallem die ihrer Familie soweit zu rekonstruieren, dass ein möglichst komplettes Bild der Ereignisse entsteht, die Vergangenheit unter jenen Mitmenschen & Beteiligten in endgültigen Einklang gebracht wird und um, in ihren eigenen Worten, das Wesen ihrer Mutter zum Leben wiedererwecken zu lassen/ein Denkmal zu setzen, ihre Beweggründe hinter ihren Handlungen zu verstehen, etc., etc.

 
Insgesamt hält sie sich dabei sogar mit allzu plakativen, emotionalen Sentimentalanflügen angenehm zurück, erhebt jene im Film erzählten Familienschicksale nicht in 'spezielle' Sphären, dürften sie doch irgendwo in jeder Familie ebenso profan vorkommen. Viel spannender wirkt dabei das übergreifende Konzept des Films, der nicht umsonst 'STORIES WE TELL' heißt, eine gewisse Meditation über das Geschichtenerzählen und des Erinnerns an Lebensgefährten, -Ereignissen und -Gefühlen versucht - dabei die Notwendigkeit und 'Unmöglichkeit' narrativer Objektivität aufbringt, auch ein gutes Stück die Formeln und Mittel klassischer Erzählstrukturen und *SPOILER* mitunter manipulativer Dokumentationsvariationen *SPOILER ENDE* erläutert. Ihr hättet mal mein Gesicht sehen sollen, als so manches fast schon nebensächlich im Rahmen des dritten Akts aufgedeckt wurde!

 
Entzaubert werden diese narrativen Hilfsmittel allerdings keinesfalls, schließlich bleibt die Geschichte an sich eine wahre und auch jene Gefühle der Befragten zur Geschichte kommen wahrhaftig zum Vorschein (auch wenn Polley da doch noch in einer sentimentalen Montage etwas affektiert auf die Tränendrüse drückt - wahrscheinlich aber auch, um jene erzähltechnischen Werkzeuge nochmals greifbar zu vermitteln). Von daher ein sehr interessanter Beitrag in diesem Genre, das meiner Meinung nach immer irgendwo funktioniert, hier aber auch ein gutes Stück aufgemischt wird (ähnlich 'THE GREATEST MOVIE EVER SOLD') und dabei auch noch eine herzzereißend-ehrliche & höchst-persönliche (aber auch im Endeffekt gezwungenermaßen subjektive) Lebensgeschichte lückenlos nachvollziehbar macht, die uns deutlich macht, wie schön das Leben mit all seinen Facetten und Irrwegen doch sein kann.




LUCIFER RISING - Wow! Welch ein vorzüglich-berauschender Trip durch beschwörend-psychotronische, okkulte Bilderwelten unter unserer weltlichen Oberfläche, zwischen den bröckelnden Wahrnehmungsspalten und ausserirdischen Naturgewalten. Und dann auch mit so einem abgespaced-krautigen Tonteppich aus elektronischen Phaser-Orgeln. Hardcore-Mind-Bending, Liebe auf den ersten Blick ♥




COMPUTER CHESS - Das nenne ich doch mal eine Ausnahmeerscheinung im Filmjahr 2013 - Regisseur Bujalski erschließt für uns ein obskur-aberwitziges Dokument des unterschwelligen Wahnsinns innerhalb eines Hardcore-Programmierer-Tournaments während des Kalten Krieges. Im authentisch-primitiven TV-Kamera-Videolook (mit ebenso schäbigen Videoeffekten amateurhafter Tage) umspielt er sein gewitzt-ausgearbeitetes Nerd-Ensemble verhaltenster Natur in ein konzentriert-verschachteltes Hotel, wo das soziale Gefüge auf niedlich-ungemütliche Proben gestellt wird und auch ganz arg merkwürdige Ungereimtheiten geschehen.

 
*SPOILER-ALARM* Wie ein Programmierfehler im digitalen System tauchen dann nämlich in manchen Räumen zahlreiche Katzen und andere Glitches auf, während unsere Charaktere wie Schachfiguren übers Spielfeld der Etagen manövriert und manipuliert werden. Schließlich wird manchen Teilnehmern dieses Wettbewerbs klar, dass die Maschinen wohl langsam eigensinnig werden und sich darum auch allmählich das Pentagon in diese unschuldige Runde von Technik-Meistern einschleust. So wie's nämlich aussieht, ist jene Technik schon ein ganzes Stück weiter als bodenständiges Schachspielen. *SPOILER-ALARM AUS*

 
Die schon etwas gruselige Ader, die sich zum Ende hin ausarbeitet, wird im Vornherein recht clever subtil aufgebaut, während sich im Vordergrund die nervöse Zusammengerissenheit der Geek-Kultur mit ulkiger Bescheidenheit auf technische Details beruft, sobald sie mit allzu menschlichen Anwandlungen und Problemen arbeiten muss - allerdings auch keinesfalls so plakativ wie z.B. bei 'RACHE DER EIERKÖPFE', da bleibt 'COMPUTER CHESS' durchgehend naturalistisch-nüchtern, gönnt sich aber auch immer zur rechten Zeit eine gute Dosis herausspringend-uriger Wirrheit im logischen Prozess.

Ein echt geschicktes Weirdo-Schmankerl, welches trotz augenscheinlich-biederer Ausgangslage (in streng-blassem Schwarz und Weiß wohlgemerkt, das allerdings zum bindenden Komplex des Films 100%-ig passt) eine sympathisch-voyeuristische Laune entwickelt und sich gemütlich-zurückhaltend in wahnwitzig-perplexer Technokratie verliert. Und alles an einem Wochenende irgendwo in der kleinbürgerlich-amerikanischen Pampa - was ein Abenteuer!




KILLING SEASON - Ich habe nicht allzu viel von diesem DTV-Produkt erwartet - ehrlich gesagt sogar das Schlimmste, nachdem was einem der erste Sales-Trailer und Mark Steven Johnson ('Daredevil', 'Ghost Rider') im Regiestuhl so 'versprachen': Ganz biederer und farbloser Survival-Forest-Actioner mit Balkangrütze. Zu einem gewissen Teil finden sich jene Elemente sodann im fertigen Produkt wieder, allerdings gelingt KILLING SEASON zu meiner Überraschung eine angenehme Stilsicherheit, welche den rachsüchtigen Konflikt zweier Kriegsgebeutelter als kerniges, philosophisches Katz- & Maus-Spiel versucht - dabei in der Extreme der menschlichen Jagd auf Schuldeinsicht drängt, sogar mit brutalster, graphischer Folter.

Doch ich sehe diese Folter im Film, sowie das gesamte Eindringen von John Travolta's Emir - dem heimsuchenden Geist aus dem Krieg - als Ringen des Gewissens vom in den Wald zurückgezogenen Veteranen Benjamin Ford (Robert De Niro), der sich aufgrund der Schatten seiner Vergangenheit nicht in die Öffentlichkeit traut, aber auch nichts im eigenen Geiste dazu unternehmen will, diese Vergangenheit zu reflektieren und sich schlussendlich aus ihr zu befreien, nach neuen Momenten des Lebens zu streben.

 
Am gemütlichen Kaminfeuer in der Hütte, wo Benjamin noch abgeklärt-ziellos und 'zufrieden' haust (dabei sogar zögerlich die Taufe seines Enkels absagt und immer wieder betont, dass er viel zu erledigen hat, wo er aber doch hauptsächlich nur für sich selbst kocht und alte Johnny Cash-Platten rauf und runter hört), versucht Emir diese Einsicht seinerseits noch mit geschmeidigen Anstößen von Jägermeister herbeizuführen, scheitert dabei jedoch an Benjamins abweisende Vergangenheitsverklärung.

 
So muss er nun in der 2. Phase als unaufhaltsamer Gewissensbiss alptraumhaft zuschlagen und wohl oder übel an schmerzhaften Nerven ziehen, u.a. an Schrappnell aus dem Krieg im Knie, das sich Benjamin nicht rausoperieren lassen will, da es ja eh nichts bringen würde (obwohl er deshalb quasi freiwillig jede Menge Aspirin schlucken muss). Aber genau das BRAUCHT Benjamin für sein Seelenheil, zudem zeigt Emir ihm danach mit seiner 'latenten' Bedrohung an dessen verbliebene Familie auch, dass es für ihn noch immer etwas gibt, wofür es sich zu leben und zu kämpfen lohnt. Ein klarer Reminder vom innewohnenden Überlebenswillen des eigenen Geistes in den Gedankengängen Benjamins.

 
Wie sonst kann man sich erklären, dass sich beide Jäger sodann stets wie Ying und Yang vervollständigen, austricksen, quasi schlagfertig Gegenargumente zum Abwägen eines Gedankens bereithalten und sich schlussendlich in einer mysteriösen, ausgebrannten Kirche, mitten in den dunklen Wäldern, wiederfinden? Dort, wo Emir Benjamin nicht nur das Knie aufschlitzt (was er deutlich als Hilfe benennt) und dieser daraus endlich das Schrappnell zieht, um sich zu verteidigen, sondern wo schließlich auch die Sünden gebeichtet werden und zur ultimativen Vergebung beider Seiten füreinander in den himmlischen Bergen darüber ansetzen.


Natürlich bedient Regisseur Johnson dabei alteingesessene Genre-Tropes, gemahnt mit ruppigen Survival-Techniken und krautigen Männerheilmethoden sagenhafter Naturesoterik an martialistisches Heldenkino alà RAMBO und versetzt dieses in eine schroffe Welt der Altherren-Gemütlichkeit & -weisheit schwafelhaftester Gentlemen-Dialoge. Seine Gestaltungskünste erweisen sich dabei wohlweislich inspirierter als bei früheren Arbeiten und deuten durchaus darauf hin, dass KILLING SEASON anfangs tatsächlich für die große Leinwand gedacht war.

Mit der Glaubwürdigkeit nimmt er es leider nicht allzu genau (allein Travolta mit dieser Gesichtsbehaarung, weia) und verhaspelt sich bei so einigen Szenenübergängen, kann leider auch nicht immer Drive und Spannung aufrecht erhalten - da wird er dann ab und an unfreiwillig komisch und lässt auch manche Bilder und Erklärungen einfach zu lange stehen (z.B. die letzten 2 Szenen vor dem Abspann waren meiner Meinung nach komplett unnötig).

Und dennoch, obwohl er auch teils absolut schockierende und abstoßende Widerlichkeiten für den gequälten Benjamin zu Tage fördert, ergibt er sich schlussendlich nicht der blutrünstigen, exploitativen Rache, welche die Packung verspricht - setzt auf einen bitteren und dennoch befreienden Schlusspunkt der Offenheit & Einsicht auf komplett archaischem Gestein, mit 2 Männern und einer Winchester im lauen Morgengrauen. Hier findet die Gewalt ihr Ende und die beiden kämpfenden Seiten von Benjamins Gewissen endlich ihren lang ersehnten Frieden.

Das hat schon eine gewisse Größe, wie aus einem klassischen Western, wird sogar noch vom fantastischen Score von Christopher Young unterstrichen. Da mag KILLING SEASON in seiner nicht immer formvollendeten Erscheinung und Umsetzung insgesamt verhältnismäßig zwar immer noch recht klein aussehen und hilferingend um Anerkennung buhlen, doch in diesem Fall denkt das Herz mit und regelt die Hebel am wichtigsten Pult - war am Ende doch tatsächlich eine nette Überraschung.




EIN SATANSBRATEN KOMMT SELTEN ALLEIN - Unverhofft erlebt man im Jahr 2013, wo der Großteil aller Komödien in unterirdisch-verschnarchter und spießig-vulgärer Langeweile versauert, gerade zum Schluss hin den wohl witzigsten Film ähnlicher Coleur im TV - und er ist auch noch von 1991, sowie die geradezu hingeschluderte Fortsetzung eines frech-hohlen Blödelwerkes (soweit ich mich an den ersten Teil erinnere).

 
Bitte nicht falsch verstehen: Ich möchte 'EIN SATANSBRATEN KOMMT SELTEN ALLEIN' nicht unbedingt als Offenbarung ausweisen, dafür hält sich sein Niveau doch ausgesprochen 'klein', auch dank seinem uninspirierten Auftragsregisseur Brian Levant ('Flintstones', 'Beethoven') am zweckmäßig-gelenkten Steuer. Doch herrje, welch eine brachial-ulkige Gagmenge hier an den Tag gelegt wird - innerhalb einer rudimentären und geradezu bewegungslosen Handlung, die einigermaßen stimmig Sketch an Sketch aneinanderreihen soll.

Dabei wird eine übersteuert-groteske Version des poppigen 80s/90s-Amerikas dargestellt, wo jene Perfidität hinter dessen kapitalistischen Dream persifliert und in seiner aufgetragenen Spießigkeit vom titelgebenden, deftig Streiche-spielenden Kotzbrocken von Lausbube, Junior, unterwandert wird - in stetiger Worst-Case-Szenario-Reihenfolge, wo kein ultraplatter, profaner Spaß ausgelassen, stattdessen enthusiastisch zelebriert wird.


Zwei bezeichnende Beispiele dazu - Erstens: Junior begegnet den gruseligen Zwillingen von nebenan, wie sie mit einem selbstgemachten Limonadenstand Geld machen wollen, während ihr typisch-amerikanischer, lauter und fetter Vater im Garten arbeitet. Allerdings ist der Krug Limonade leer - Junior heckt sodann (weil er die Familie nicht leiden kann) einen gewieften Plan aus, bietet seine Hilfe an, den Krug 'nachzufüllen'. Es kommt, wie es bei solchen Frechdachsen kommt: er pisst das Ding halbvoll (in Echtzeit) und stellt es verschmitzt ab. UND NATÜRLICH kommt sodann der Daddy vorbei und nimmt sich, wie er lautstark ankündigt, einen beherzten Schluck davon! Gut schmeckt es ihm auch - YES!


Zweites, surrealeres Beispiel: Junior will seine neue, amtierende Mutter, die männerfressende Vamp-Lady Lawanda Dumore, aus dem Haus austreiben. Also hypnotisiert er den Hund seines Opas, sie zu attackieren. Der jedoch bleibt wie versteinert stehen. Schließlich kommen irgendwann 2 schwule Hundefänger vorbei und kennen nur einen Ausweg, die Töle wiederzubeleben: In ihrem Van haben sie eine werbeträchtig aufgestellte und von US-Flaggen-Farben umringte Dosenformation des Hundefutters 'CHOW DOWN', wodurch er wiederbelebt wird, sich sofort schmatzend ans Essen macht und nach einem kurzen Gegenschnitt einen turmhohen Scheisshaufen hinlegt. Solch dreist-plattes Nonsens-Blödeln wird von mir natürlich mit hysterischem Gelächter belohnt.

 
Leider muss auch allgemeines-Publikum-gerecht ein Stück Familiensentimentalität durchgearbeitet werden, doch das hält sich für den Großteil des Geschehens (Narrativ möchte ich das nicht nennen) angenehm zurück, lediglich zum Ende schmälert dies ein bisschen das schlagkräftig-honkige Vergnügen. Doch das nimmt man gerne in Kauf, wenn man dafür im Restzeitraum eine herrlich-plakative, klischeeverschleißend-durchgeknallte Realfassung eines schnoddrig-spaßigen Cartoons erhält. Hat mich doch saumäßig gut unterhalten, auch wenn der zugegebenermaßen saublöd und recht billig rüberkommt. Passt schon.




EINER GEGEN DAS IMPERIUM - Der kleine, gewitzt-unbeschwerte Bruder von Zulawski's 'DER SILBERNE PLANET'. Was haben die Beiden so gemeinsam, fragt ihr euch? Nun, halten wir uns passend zum Film stilgerecht simpel: der Jesus-artige Auserwählte, der sich aus der steinzeitlichen, verwüstet-bergigen Postapokalypse zum futuristischen Anführer der Menschheit erhebt; im Kampf mit den eruptiven, mystisch-grotesken Gefahren der Planeten-Natur; wird stets von einer greifbar nahen Steadycam verfolgt und wirkt in seinem Narrativ ausgesprochen fragmentarisch.


Schließlich wurde die internationale Kinofassung dieses Films nur einigermaßen schlüssig (gegen Ende hin wird's recht kritisch unnachvollziehbar) aus einer italienisch-tükischen Miniserie zusammengeschnitten. Heimvorteil für YOR (neben den bei ihm nicht vorhandenen, endlosen Bedeutungsschwafeleleien seines 'großen Bruders'): er darf mit vielen hübschen und leicht bekleideten Barbarendamen und Prophetenblondinen anbandeln - kein Wunder also, dass er immer so veschmitzt in die Kamera blickt, nachdem er als blonder Hühne eindrucksvoll Pappdinos und Plastikandroiden verdroschen hat. Ganz süßes Sci-Fi-Fantasy-Trash-Biest, inkl. klobigster Miniaturfiguren und - kulissen. Mein Tipp: Alkohol bereithalten.




SUPERMAN RETURNS - Nun denn, nachdem ich mich ja dieses Jahr ausgiebig mit MAN OF STEEL und infolgedessen auch mal mehr mit Superman beschäftigt habe, kam ich nicht umhin, auch den letzten, vorherigen cineastischen Ausflug des Jesus-artigen Tausendsassas, SUPERMAN RETURNS, nochmals zu sichten - obwohl mir meine erste Begegnung mit jenem Werk noch allzu negativ im Kopf umherschwebte.

 
Das größte Problem damals für mich war, wie wenig mich das Geschehen packte - sogar soweit, dass ich am Ende nicht mal mehr wusste, was überhaupt passiert war. Und ehrlich gesagt, kann ich mir nicht mal allzu böse sein. Der Spannungsbogen mäandert allzu lauwarm vor sich her, die Figur des Supermans erscheint höchst glatt & fehlerfrei-perfekt und wenn man nicht allzu viel Einsicht in die früheren Teile mit Christopher Reeve im Vornherein hätte, wüsste man gar nicht, was mit den meisten Charakteren überhaupt abgeht - da vergisst Regisseur Singer einen guten Teil nachvollziehbarer Charaktereigenschaften zugunsten der Bedienung ikonischer Franchise-Merkmale/Gefühle (allein, dass Lois noch immer nicht erkennt, dass sich hinter Clark's Brille der Mann aus Stahl verbirgt).


Diese Anbiederung ans Nostalgische wäre vielleicht nicht ganz so schlimm befremdlich (schließlich sind Donners Filme um SUPERMAN anerkannte, weltbekannte Genreklassiker), wenn der Film nicht dann noch seinen bemühten Fan-Service in beliebiges, kotzübles Standard-Teal & Orange hüllen und jene unbeschwerten Figuren aus 'derselben Kontinuität' in eine existenzialistisch-melancholische Charakterstudie einbetten würde, die sich nicht mal wirklich mit der Person des Superman, sondern der Idee eines Superman beschäftigt (Nachfolger Snyder hat bei seinem Neustart immerhin sofort festgelegt, wie die ganze, dramatische Sache in seiner Vision funktioniert). Da nützt auch die Euphorie des originalen John Williams-Theme nichts, wenn jenes Gefühl von Singer in seinem Film kaum gedeckt wird.


Und dennoch kann ich vollkommen verstehen, warum diese Geschichte im Endeffekt so verfilmt wurde: auf dem Blatt nämlich klingt die Geschichte - um die selige Selbstaufgabe des Supermans, das Wohl & Glück der Menschheit & seiner Mitmenschen über sein Eigenes zu stellen und als Gutes-inspirierendes Wesen zu handeln - wie der perfekte Abschluss des Superman-Mythos. Wie herzzerreißend-schön es dann doch sein müsste, jene Kumpanen aus vergangenen Jahrzehnten nochmal so gut es geht wieder zu versammeln/rekreieren, um ihnen einen wohlverdienten, passenden Ausklang zu gewährleisten, alà Alan Moore's 'Whatever happened to the man of tomorrow?'.

 
Diese Herzensangelegenheit Singer's kommt nun endlich auch bei mir an und erschafft trotz vieler spürbarer Längen und nicht allzu aufgeregter Gestaltung (mit in ihrer Gemächlichkeit fernab von Drive & Spannung vorhandenen, potenziellen Action- & Dramahöhepunkten sowie eintönigem Produktionsdesign) ein einigermaßen wohliges, trübselig-elegisches Gefühl. Die besten Sequenzen erscheinen in diesem Fall das innige Gespräch zwischen Lois und Superman im ersten Flug seit Jahren, nachdem er sie und die Welt verlassen hatte und insofern erst recht das letzte Drittel des Films, wo er sich schließlich (wieder mal aufgrund eines dämlich-belanglosen Lex-Luthor-Plans) für die Welt opfert und Lois, die jahrelang seine Nötigkeit für eben jene Welt infragestellte, endlich einsieht warum die Menschheit IHN braucht, der nun endgültig nach seinem größten, letzten Opfer im Sterben liegt. Echt heavy und recht traurig.

 
Natürlich wird SUPERMAN RETURNS durch diesen sentimentalen Homerun seiner Story nicht von mir sofort heilig gesprochen oder gar perfekt. Aber das kommt nun mal davon, wenn Superman an sich schon perfekt ist und man seiner Perfektion (auch in Filmform) nachstreben möchte - das ist nur menschlich. Allerdings sollte man bei so einer Hardcore-Ehrerbietung einer Eskapismus-Ikone auch nicht vergessen, mal einen ehrgeizigen Nukleus inspirierter Energie und Verspieltheit an den Tag zu legen, so wie es die Vorgänger auch auf ihre Art machten. Von daher: GoGo, Zack 'ich feier den morbiden Bombast mit inniger Hitze ab' Snyder - spiel so wild mit dem DC Universum rum, wie es dir gefällt. Und hol dir ja den emotionalen Core aus deiner eigenen Vision ab - dennoch: netter Versuch, Singer, dein Herz saß auch am rechten Fleck.




GHETTO X-MAS - Vor geraumer Zeit hatte ich mal über den Amateurfilm 'THINGS' aus Kanada berichtet, der als Horrorfilm unter seinen produktionstechnischen Umständen alles in den Sand setzen konnte, was Menschen (un)möglich war. Jetzt habe ich einen weiteren Kandidaten eben jener Coleur entdeckt, der sich mindestens genauso unfassbar in totales Talentfreiheits-Chaos verliert:

GHETTO-X-MAS aka XMAS GHETTO LOVE, wie er auf verschiedenen, deutschen DVD-Covern benannt wird, lockt mit Vergleichen zu 'FRIDAY' und 'AMERICAN PIE' - in gewisser Weise bedient er irgendwo ganz bemüht deren Genre-Charakteristika, aber wo ein gewisses Maß an Ambition zur Unterhaltung angedacht war, verbreitet sich filmtechnisches Unvermögen erster Güte, auf dass Narrativ und Stil in alle Himmelsrichtungen auseinandergerissen werden.

  
Von dem, was uns im Endeffekt geboten wird, können wir immerhin reichlich unfreiwilligen Humor entnehmen (denn jener freiwillige im Film geht ausnahmslos baden), wobei zahlreiche Zutaten die Misere besonders hässlich über den Bildschirm einschmieren: furchtbar planlose Kameraführungen und schludriges Schnittgemenge auf billigem Videomaterial (inkl. fehlerhaftem Credit-Block im Vorspann - wo u.a. nur 'Story by' steht, bevor es zum nächsten Credit geht), pickelige Laiendarsteller als ulkig-urbane Love-Tölpel, strapazierend loopige Musik-'Tracks' und zur Krönung eine durchgehend verschissene Synchro aus dem untersten No-Name-Bereich, mit hochgradig asynchronen, irrealen Soundeffekten aus der Konservendose und einer offenbar unbeaufsichtigten Tonabmischung, bei der die Stimmen immer wieder zwischen 'kaum vernehmbar' und 'übertrieben verzerrt' pendeln.

 
Diese totale Katastrophe muss man einfach als fast schon fantastisches Gesamtkonzept sehen, wandelt sich der doch recht simple und schnarched-vorangetriebene Plot - über einen jungen Schwarzen, der mit einer heißen Braut anbandeln will, dabei aber noch babysitten und sich mit seinen kiffenden Kumpanen herumplagen muss - ungefähr ab der Mitte durch eine exzessiv ausgewalzte Tanzsequenz im hypnotisch-stumpfen Techno-Takt zum verwirrenden Nonsens-Trip im nächtlichen Inferno eines einzelnen Hauses in Compton, wo keine Szene nach der anderen überhaupt eine Art von verständlicher Kohärenz, audiovisueller Inhaltsvermittlung oder innerer Logik versucht. Der Film gibt sich vollends selbst auf, lässt startbereite Autos in einer Szene auf ihren Einsatz wartend stehen und gibt 2 Minuten später den Befehl, sich endlich für 3, 4 Meter in Gang zu setzen und ein paar totale Hoschi-Gangster wie New Kids rumbölken zu lassen, bevor sie in der nächsten Sequenz auf einmal komplett verschwunden sind. Ein waschechter 'Ghetto'-David-Lynch?

  
Ich will hier aber wieder mal nicht zuviel verraten. Falls jemand tatsächlich zum zweifelhaften Glück kommt, diesen Film in deutscher Fassung zu erwerben, wird er sowieso schon von der ersten, horriblen Minute an am Sitz gefesselt sein - durchweg mit einem Kinnlade-auskugelnden Staunen des Entsetzens. Ich sage nur soviel: wenn nach einigen infantilen Versuchen der zugedröhnten Homies bei ihren kotzenden, bisexuellen Begleiterinnen Beischlaf-technisch zu punkten, urplötzlich die Erzählung von der blutig-detaillierten Fehlgeburt einer dieser Damen als hysterischer Gag inszeniert wird - tja, dann ist das Fest der Liebe im 'Ghetto' komplett ins perplex-minderwertige Fegefeuer abgesunken. Ein absoluter Härtefall und eine hammerharte Entdeckung im cineastischen Morast - unmöglich, dass diese 'Komödie' es tatsächlich offenbar gerade noch so geschafft hat, als echter Film gesehen zu werden. Diese Erfahrung hat es in sich (allerdings nur auf der dt. Tonspur, habe die originale vor kurzem nochmal gesichtet und die klingt einigermaßen kompetent und dynamischer)!

Samstag, 21. Dezember 2013

Tipps vom 16.12. - 22.12.2013 (Weihnachtspause)

Diese Woche habe ich mir mal eine Auszeit gegönnt und nur ganz wenig Filme geschaut. Naja, eigentlich habe ich schon einige gesichtet, aber die sind schon altbekannt bei mir und schon an mehreren Stellen von mir empfohlen worden, u.a. KRIEG DER INFRAS, INVASION AUS DEM INNERN DER ERDE, PAIN & GAIN, HANNA AMON und THINGS. So ist das halt mit der Weihnachtszeit, da macht man sich eher nochmals mit altbekannten Lieblingen bekannt und blickt zurück aufs vergangene Jahr. Und so kommt es auch, dass ich einen umfangreichen Jahresrückblick in Audioform zusammengestellt habe. Erlebt nun also, wenn ihr möchtet, meine 3-geteilte Favoritensammlung:

JAHRESRÜCKBLICK, 1. TEIL: 'FERNER LIEFEN' - Fangen wir mit Filmen an, die ich zwar wirklich wirklich top fand, aber nicht den Weg in meine Top-10 gefunden haben. Viel Spaß beim Hören und Entdecken :)




JAHRESRÜCKBLICK, 2. TEIL: TOP-10-KINOFILME (UND DIRECT-TO-DVD-KNALLER) - Kommen wir zum saftigen Steak der ganzen Geschichte! Erfülle ich eure Erwartungen? Vielleicht...aber keine Sorge, ein Nachtisch kommt noch hinzu!




JAHESRÜCKBLICK, 3. TEIL: 'NICHT GESEHEN' & VORSCHAU AUF 2014 - Als Sahnehäubchen noch ein paar Filme, von denen ich nur Gutes gehört habe und ein paar heiß erwartete Schmankerl vom nächsten Jahr. Wieviel kann ich überhaupt erzählen, über Filme die ich noch nicht gesehen habe? Viel Spaß beim Herausfinden^^

Sonntag, 15. Dezember 2013

Tipps vom 09.12. - 15.12.2013



SENSATIONS - Kaum ein anderer Regisseur in der Porno-Szene der 1970er Jahre dürfte ein derartig eindringliches Gespür für die Sinnlichkeit besessen haben wie Lasse Braun. Seine SENSATIONS sind insofern ein beispielhafter Einstieg in eine neue Ära der ungezwungenen, vielfältigen Liebe & Körperkultur, aufgezeichnet in unfassbar nahen Bildern und genüsslich-schmatzenden Geräuschen, dass einem nicht nur der Atem stockt, sondern auch noch gezwungenermaßen die Hose platzt.

 
So führt er seine recht niedliche Protagonistin Margaret aus Minnesota - die schon theoretisch voll für die freie Liebe steht, diese aber noch nicht wirklich in der Praxis erlebt hat - per stürmische Fähre in das liberale, verträumt-herbstliche Amsterdam ein, wo sie einer vollends erblühten Welt der allgegenwärtigen, hedonistisch-zelebrierten Sexualität gegenüber gestellt wird. Klingt wie Jean Rollin, entpuppt sich auch als fast genauso romantisch.

 
Hier wird man nicht mit erschlagenden Gesprächen, sondern mit kullernd-betörenden Blicken, selbst von denen eines Fotoapparates, heiß gemacht. Wo dem zunächst voyeuristischen und schließlich agierenden Antrieb zur Lust, im gemeinsamen Einvernehmen, komplette leidenschaftliche Narrenfreiheit erteilt wird.


Dieser Umstand könnte selbst heutige Zuschauer - trotz zahlreicher ulkig-bebärteter Herren und den fast schon selbstverständlich-aufgegeilten Szenarien - geradezu überwältigen, allein wie stark spürbar Braun die inszenierte Erotik seines idealistischen Sex-Paradieses vermittelt.


Dafür stellt er nicht nur einladend samtig-weiche, unverbrauchte Körper in den Mittelpunkt, sondern umspielt diese meisterhaft in Kamera & Schnitt als optischer Schmaus und zudem im Gegensatz zu David "Weichzeichner" Hamilton naturalistisch direkt und ungehalten, stürmisch-wild und pulsierend-fleischig.

Diese Ekstase wurde zudem auf der Tonebene konsequent weitergedacht, akzentuiert er doch jede Bewegung, jeden lustvollen Stoß und jedes flutschende Gezucke, mit einer beherrschenden Präsenz, welche die heiße Schmierigkeit sexueller Erfahrungen beim Zuschauer drastisch-stimulierend in Erinnerung ruft - wirkungsvoller kann ein Porno in seiner Funktion kaum werden!


Aber SENSATIONS will da nicht nur erregende Körperschau sein, auch wenn er das augenscheinlich sehr gut hinbekommt - geht den Weg der stetigen Entklemmung für das Selbstbewusstsein der unschuldigen Margaret, sich endlich ihren tiefsten Sehnsüchten und der sinnlichen Erforschung hinzugeben, bis ins orgasmische Extrem, hinein ins luftige Nirvana bzw. ab in den rauschhaften Himmel.

Das alles erzählt Braun zudem komplett ohne mahnende Botschaft, bremst nie ab und lässt keinen Freiraum fürs Dämonische, höchstens fürs Unbekannte. Ein von Natur aus ergötzender, fiebrig-fickender Film, welcher am Liebsten seine sanfte und heiße Haut durch das Zelluloid nicht nur an die Netzhaut des Zuschauers pressen und aufreiben will. Ich kann nur jedem empfehlen, dieses wilde und herzhafte Wunderland 78 Minuten lang zu besuchen.




SHOTGUN STORIES - Früher oder später muss man ja mal über das Erstlingswerk von Jeff Nichols stolpern, erst recht, wenn er wie eh und je Michael Shannon im Cast zur großen Kunst erblühen lässt. SHOTGUN STORIES bildet da keine Ausnahme und gehört eindeutig zu dem Härtesten, was der Regisseur bis dato abgeliefert hat - was nicht unbedingt heißt, dass er bei so einem Sujet wie viele junge Filmschaffende in Blut & Gewalt ertränkt, oh nein, dafür arbeitet er schon ausgezeichnet-ökonomisch und angenehm-suggestiv, mit höchst packendem Ergebnis.


In eben diesem Film chronologisiert er innerhalb der weiten Felder des modernen Americanas einen folgenschweren Zwist zweier Familien mit demselben Vater - da stoßen Halbbrüder gegeneinander, die auf beiden Seiten gelehrt bekommen haben, ihre Quasi-Geschwister zu verachten. Die eine Seite, unsere Hauptprotagonisten um Shannon und seine 2 Bros, kennt den Vater nur als flüchtigen Säufer, welcher sie im frühen Alter einer hasserfüllten Mutter ausgesetzt hat. Die andere Seite kennt ihn als wiedergeborenen Christen, der ein geregeltes Leben für sie bereitstellen konnte.


'Beide' Familien verbindet jeweils ein Ehrgefühl untereinander, allerdings nicht dem Vater gegenüber - und sobald er eines Tages das Zeitliche segnet, werden bei seiner Beerdigung nochmals ehrlich-indiskret, aber folgenschwer die Fronten gezogen. Von dort aus entwickelt sich dann die unaufhaltbare, tief-bittere Spirale des Hasses, der Ehre und leider auch der Rache - selbst wenn man notgedrungen auf Frieden hoffen will, ein kleiner Tropfen bringt das Fass immer zum Überlaufen und hinterlässt seine grausam-einschlagenden Spuren.


Die Gewalt und Luft-abschnürende Spannung ist omnipräsent in diesem Film, wird aber nie exzessiv ausgewalzt, zelebriert und nicht mal wirklich dämonisiert. Nichols liefert uns dafür einen objektiven Querschnitt durch die Landschaft und deren Einwohner, gibt dem Ambiente eine tief-hauchende Musikuntermalung, welche höchstens durch bescheidene Gitarrenklänge in stimmige Höhen getrieben wird, während die Kamera das Geschehen und das scheinbar-blühende Land in machtlos-beobachtender Stringenz einfängt. Die Menschen, die hierbei wirken, könnten ihrem Schicksal hingegen theoretisch entkommen, doch hinter ihren Augen entfaltet sich stets ein Gros der Gefühle, welches keinerlei Kompromisse zulassen möchte - dafür sind Stolz und Respekt vor der Familie einfach zu stark verwurzelt, ob nun vom Vater oder vom Zusammenleben mit den jeweiligen Brüdern.


Dies gestaltet sich wahrlich als trauriges Familiendrama, zwar nicht übermäßig sentimental, aber gerade deshalb umso nachvollziehbarer und härter, immer tiefer in den rachsüchtigen Abgrund einer trotz grellen Sonnenschein nimmer perfekten Welt. Aber wie heißt es doch so schön: Familien halten zusammen - selbst, wenn sie sich dafür vollends entzweien müssen. Da wartet die Vergebung auch nicht unbedingt auf beiden Seiten, aber immerhin auf jener, wo es zählt. Starker Einstieg, Mr. Nichols!




DU DARFST NICHT LÄNGER SCHWEIGEN - Oha, hier hat es mich doch wieder mal knallhart erwischt. Ich hatte nicht allzu viel von dem Titel erwartet, schließlich gibt es kaum Besprechungen oder Meinungen zum Film im weiten Internet, jedoch konnten mich die Synopsis und der pervers kleine Preis auf amazon überzeugen, mal reinzuschauen (ich weiß, klingt bis jetzt wie ein assiger Sales-Pitch, aber bleibt bitte dran).

Und schau mal einer an, da habe ich wieder mal ein schön wirkungsvolles, deutsches Melodram aus den 50ern an Land gezogen. Am Anfang verhält sich das alles zugegebenermaßen noch recht unaufgeregt und altbacken, wird die malerische, norwegische Landschaft an der Küste hier doch in allzu konventionelles Schwarz-Weiß-Vollbild eingebettet, begleitet von durchweg wehmütig-schwankenden Symphoniesalven und Kulissen wie aus dem Mittelalter.

 
Hierin entfaltet sich der dramatische Plot um das junge Pärchen Haldor (♂) und Salvör (♀), welches auf seinem altertümlich erscheinenden Hof die Ehe plant, während der Händler Samuelsen noch immer nach Salvörs Liebe schmachtet. Eines Tages erleidet Haldor auf hoher See Schiffbruch und landet dabei in einem anderen kleinen Dorf mit Bauernhof, wo er sich im Zeitraum seiner Genesung allmählich in die Hofstochter Maria verguckt und sie sogar schwängert, wie sich später nach seiner Rückkehr in die Heimat herausstellt.


Haldor kann nicht anders, folgt seinem Herzen und bringt die junge Maria auf den Hof, heiratet sie und so rennt Salvör inbrünstig-enttäuscht doch noch in Samuelsen's Arme. *SPOILER* Haldors Glück hält jedoch nur von kurzer Dauer, schließlich stirbt Maria bei der Geburt ihrer Tochter Gunna. Jahrzehnte später hat sich nicht viel geändert in jener Küstenstätte. Salvör jedenfalls hat schon 2 Kinder mit Samuelsen - eines davon, der stattliche Sohnemann Ragnar, ist schon erwachsen und mustert sich zum angehenden Architekten, plant er doch den Hafen an diesem Ort zu modernisieren. Allerdings will er dies nicht nur mit Haldors Hilfe schaffen, sondern ist auch noch unsterblich in Gunna verliebt.


Seine Mutter Salvör will es ihm jedoch verbieten, ist sie nach all den Jahren doch noch immer voller Hass darüber, was ihr Haldor angetan hat, auch wenn Samuelsen sie inständig darum bittet, vernünftig zu sein und das Vergangene vergangen sein zu lassen. Ragnar kann dies nicht verstehen, schließlich kennt er die Hintergründe nicht und so entbrennt ein heftiger Streit zwischen Mutter und Sohn - ihr bleibt nur noch die Möglichkeit, ihm das wohl einschlagendste Geheimnis seines Lebens zu beichten. Und auch wenn ich vorher schon eine Spoiler-Markierung gesetzt habe, werde ich an dieser Stelle nicht weiter verraten, was dann noch passiert - das würde dem Film eine gute Menge Kraft nehmen. *SPOILER ENDE*

 
Auch wenn DU DARFST NICHT LÄNGER SCHWEIGEN anfangs noch als zwar recht beschauliches, aber ein Stück weit biederes Heimatdrama rüberkommt - welches sich wohlgemerkt nie wirklich dem großen Kitsch ergibt, dafür gibt das streng-kontrastreiche Schwarz-Weiß schon eine ordentlich-erdrückende Richtung an - so liefert es nach seinem gemächlich formelhaften Aufbau besonders ab der zweiten Hälfte eine ganze Reihe schwer-bitterer Schicksalsschläge an, die sich meisterhaft in zwischenmenschlicher Anspannung und verdient-herbeigeführter Vergebung üben, trotz relativ hohem Bodycount.

Da musste ich schon echt mit den Tränchen kämpfen, auch wenn die Generations-übergreifende, harte Romanze an sich keine besonders originelle Geschichte darstellt, weder für damalige Verhältnisse noch für heutige. Doch ich muss zugeben: die Umsetzung hier kommt vom Herzen und liefert ebenso leidenschaftliche Darstellerleistungen (allen voran Heidemarie Hatheyer als Salvör), welche das im Film thematisierte humanistische Ringen um Liebe und Verständnis in archaisch-griesgrämigen Verhältnissen umso glaubwürdiger machen.

Auch wenn dieses Werk von Robert A. Stemmle wahrscheinlich am Ehesten als beruhigender Nachkriegs-Crowdpleaser (und im Subtext vielleicht sogar ein Plädoyer für die Vergebung der Kriegstaten) gedacht war, so kommt man nicht umhin, hierin nicht bloß eine solide Herzensarbeit in kalt-holziger Landschaft zu sichten, sondern auch noch ganz tief dabei mitzufühlen - selbst wenn die Enthüllungen nicht mehr dermaßen schockierend erscheinen mögen wie in den 50ern: krass einzuwirken gelingt ihnen dennoch.

Auf DVD gibt's das Herzensbrecher-Stück in ausgezeichneter Bildqualität von MAGIC PICTURE (der Ton ist hingegen schon etwas blechern, zudem hört man an wenigen Stellen ein leichtes, unnatürliches Brummen - nächstes Mal: Handys aus beim Transfer!). Zu haben gibt's die Scheibe u.a. im amazon-Marketplace schon für ca. 4 €, mit Versandkosten. An eurer Stelle würde ich zuschlagen ;)




MUD - Waren wir schon mal in Arkansas? Jedenfalls im Rahmen eines Films? Ich muss wohl leider passen, schließlich habe ich hier Orte der amerikanischen Natur entdeckt, die ich so noch nicht kannte und mich so einladend auflasen, wie einst der Grand Canyon oder die Sümpfe Louisianas. Allein diese Insel, auf welcher sich der sonnengebräunte MUD versteckt, umringt von bis in den Horizont hineinreichenden Seen, verwehten Bäumen und dem gedämpften Grillenzirpen der Nacht. Hach ja, das erinnert einen doch mal wieder an die gar nicht mal so weit entfernte Jugend...

Apropos, wollen wir doch mal zum Film an sich zurückkommen, der ein sehr sorgsam gewobenes Jugendabenteuer beherbergt, das stets wehmütig nach der Sonne greift und sich dennoch am Ende des Tages pflichtbewusst und mit einer gewissen, bescheidenen Ehre seinem 'einfachen Leben' ergibt. Wird dennoch vom Mysterium des 'Outlaws' angelockt, der geholfen werden will, was man schließlich gerne für ihn in die Hand nimmt, denn immerhin wurde man ja gut erzogen - insgeheim freut man sich als junger Spund dennoch eher, dass mal was Aufregendes passiert.

 
Und so geraten unsere jungen Helden Ellis und Neckbone (übrigens wie der Rest des Casts höchst authentisch und hervorragend gespielt) zwar in einer nervös-ringenden Welt der ehrgeizigen, lauen Rache im schwülen Sommerglühen, aber auch (jedenfalls vorallem Ellis) an die Aussicht zur ersten Liebe, was man vorher bloß naiv als 'Titties' aus dem PLAYMATE kannte. Die wird nämlich auf einmal wichtig, sobald der geheimnisvoll-coole Mud von seiner stets brennenden Flamme Juniper erzählt, auf die er wartet und hofft, dass sie eines Tages wieder zusammenkommen können, auch wenn er in ihren Kreisen inzwischen gejagt wird.

Dass ein Mann der Liebe wegen auf eine Insel getrieben werden kann, macht Ellis hellhörig und so unternimmt auch er seine ersten, erfolgreichen Schritte in jene Richtung. Doch parallel wie sein neues Vorbild Mud erlebt er eine Welle der tiefen, bitteren Enttäuschung und Abweisung, dass jedes Unterfangen nur noch sinnlos erscheint - erst recht, da der große Mud vor Mutlosigkeit noch unselbstständiger daherkommt, wie jene Kids, die gleichzeitig drastisch in ihrer Menschenkenntnis heranreifen. Herzensbrüche, mit dem Gesicht voran in die Modder der Schlangengrube.

 
Da hilft nur noch eins: Arschbacken zusammenkneifen und frisch von vorne beginnen, selbst wenn die Gefahr mit einem omnipräsent mitschwebt - genug Erwachsene, die sich mit diesem tagtäglichen Dilemma abgefunden haben (nur meist ohne Gefahr, versteht sich), können nicht irren. Was hat man sonst vom Leben, auf geht's!

Daran sollten sich vielleicht mal ein paar deutsche Verleiher ein Beispiel nehmen, gibt es doch noch immer keinen Starttermin für MUD, den etwas unaufgeregt-harmlosen, doch herzhaft-romantisierten Americana-Coming-of-Age-Blues, in der BRD. Bei dem Veröffentlichungstempo kommt der erst 2015, garantiert ausschließlich ins Heimkino - damn shame. Wer nicht warten will, greift zu zahlreichen DVDs und BLUs aus dem Ausland - am besten stilecht aus Arkansas, mit dem Geruch der dortigen Muttererde/Modder benetzt.




DAS MÄDCHEN MIT DEN KATZENAUGEN - Holla, ich hab mich wieder mal verliebt - diesmal in die famose Vera Tschechowa, die hier zwar noch das naiv-unschuldige Mädel gibt, aber mit ihren Titel-gebenden Augen die Wände zum Herzen einreißt. Und das auch noch in einem wunderbar knallig-reißerischen Milieu-Krimi wie diesen hier.


In der Rio-Rita-Bar im Hamburger Untergrund wird zwar heiß getanzt, aber noch heißer mit dem Verbrechen diniert, klauen doch die Autoschieber-Lakaien (u.a. Hans Clarin) des leicht cholerischen, intrigant-durchtriebenen Gangsterbosses Carlo Gormann (Wolfgang Preiss) den feinen Herren des Etablissements die Edelkarossen weg, schrecken dabei auch nicht vor Mord zurück - selbst in ihrer unscheinbaren Zentrale, dem Werkstatthof des nervös-saufenden Tessmann (Gert Fröbe).

In diese gefährlichen Kreise tritt sodann unser Unschuldsengel, Tessmanns Tochter Katja (Vera Tschechowa), ganz unschuldig und unwissend hinein, lässt sich ganz euphorisch vom Gormann einen Job als Tänzerin in besagter Bar beschaffen, während hinter verschlossenen Türen Schädel eingeschlagen und im Hafen an der Elbe unliebsame Bulllen mit Lastwagen überfahren werden.

 
Jene ermitteln übrigens schon eine ganze Weile gegen die dubiosen Machenschaften des Gormanns, lassen sich dabei auch nicht allzu günstige Spesen entgehen, um das Nachtleben in Saus und Braus aufzumischen. Dort erlebt dann Kommissar Wilms (Blacky Fuchsberger) erstmals die atemberaubende Show unserer tollen Katja - und da muss man einfach zugeben: was Geileres als die Tschechowa sieht man selten in so einem hauchdünnen Overall, erst recht in so schön-schummrigen Schwarz-Weiß.


Da verbindet Wilms natürlich das Nützliche mit dem Angenehmen und bandelt mit ihr an, spaziert mit ihr über den Hamburger Dom und segelt die Alster entlang, hinein ins romantische, zum Schmusen prädestinierte Schilf, um ihr schlussendlich zu beichten, dass er von der Polente ist und ihr sowie ihrem Vater helfen will, von Gormanns Aktivitäten entlastet zu werden, wenn sie denn Informationen liefert und quasi undercover geht.

 
Da geht's sodann drunter und drüber im eifrigen Ermittlungs-Feuer der Kripo und der hinterfotzigen Gewalt & Verschleierungskunst des Gormanns, dass sich Katja's Vater vor Wut der Schädel dreht und nur durch die bei ihm umtriebigen Schergen mit Weinbrand Marke Gormann (3 Sterne) besänftigt werden kann. Doch auch dieser Tanz landet allmählich auf rutschigem Boden - Zack, die Falltür knackt auf!


Ein herrlich-rasanter und verhältnismäßig derber Raudi-Spaß im neblig-backsteinigen Hamburg der späten 50er - Sittlichkeit kann man woanders suchen, hier steigt der Bodycount inkl. schmierig-amourösen Avancen. Und wenn das nicht reicht und etwas altbacken daherkommt, gibt es noch immer diese abgefahren-scharfen Tanzsequenzen des Katzenmädels Katjas, miau! Baby Doll, guck dir davon was ab! Gibt's als recht günstige DVD-9er von MAGIC PICTURE, inkl. sehr guter, anamorpher Bildquali. Da funkeln die Katzenaugen...




TIMEBOMB - Als ich eines Tages den dt. Trailer zu TIMEBOMB auf einer ollen Videokassette fand - wo er noch recht konfus 'NAMELESS - TOTAL TERMINATOR' genannt wurde, weil: Michael Biehn - machte ich es mir zur nicht-ganz-so-lebenswichtigen Aufgabe, ihn irgendwann mal tatsächlich anzuschauen, ohne dass ich überhaupt genau wusste, worum es ging (bzw. ich hatte es bis dahin wieder vergessen).

Nun denn, schließlich habe ich mich doch noch überwunden, die DVD zu kaufen (von einem Geschenkgutschein natürlich) und wurde dabei doch recht angenehm überrascht. TIMEBOMB fängt zunächst recht hemdsärmelig an, reiht sich vom Produktionsbudget irgendwo zwischen PM Entertainment und Cannon ein, immerhin spielt hier ja auch Billy Blanks als 'Mr. Brown' mit. Das austauschbare Konzept wird auch schnell dargelegt: Es geht um politische Attentate und Supersöldner, ein Stück weit auch schon 'Schläferzellen'.

Eine davon ist der unscheinbare, bescheidene Uhrenmacher Eddie Kaye, der eines Tages bei einem Hochhausbrand den Retter gibt und dabei von einigen zwielichtigen Militärhonchos erkannt wird. Nun sind ihm diese auf den Fersen und wollen ihn killen, doch bei ihm kommen dabei einige krasse Combat-Skills zum Vorschein. Haben wir hier einen Proto-'HISTORY OF VIOLENCE' am Start?


Zusammen mit seiner vertrauten Psychoanalytikerin Anna Nolmar (eine mit honkigster Brille versehene Patsy Kensit, die das hässliche Ding im Verlauf des Films abnimmt) begibt sich Eddie sodann auf innere Spurensuche, ist er doch ebenso darüber verwundert, dass er mehreren Mordversuchen ausweichen musste und KONNTE, zudem mit ihr problemlos ungarisch parlieren kann (übrigens gibt's für solche Enthüllungen immer passende, unfassbar ulkige Flashbacks zu seiner dubiosen Vergangenheit, also ist man als Zuschauer immer schneller an der Wahrheit als Eddie selbst).


Ab diesem Zeitpunkt zeigt TIMEBOMB sein wahres Gesicht, als Eddie sich mit ihr auf die Flucht vor den Mercs macht, dabei wie selbstverständlich präzise mit Knarren umgehen kann, allerdings auch IMMER wie eine hysterische Hyäne wild herumbrüllt (soll ausdrücken, dass er langsam daran zerbricht, dass seine sorgfältig aufgebaute Identität nur noch Schall und Rauch ist). Und was platzen da auch die Blood Squibs in stetiger Manie! Er knebelt Anna sogar psycho-mäßig an einen Stuhl im Hotelzimmer, mit geladener Waffe vor ihrem Gesicht, dass sie ja nicht auf die Idee kommt zu flüchten, weil sie sonst mit Salven vollgepumpt wird - Holy Shit!


Schließlich finden beide allmählich zu seiner alten, geheimen Militärbasis und obwohl der verstaubte Laden inzwischen (recht eindrücklich, muss ich sagen) wie die Zwischenwelt am Ende von Fulci's 'GEISTERSTADT DER ZOMBIES' ausschaut, überkommt Eddie ein beschwörendes Gefühl von Vertrautheit, legt sich sodann in seine einstmals embryonale Kapsel, in der man ihm die Kunst des Tötens implantierte. Und weil das soviel in ihm aufwirbelt, erst mit der ganzen Action und der anstehenden Mission zur Verhinderung eines folgenschweren Anschlags drumherum, steigt er pünktlich zum 3. Akt mit Anna in die Kiste zum Beischlaf - ähnlich wie in, joa, TERMINATOR!


All dies deutet auf eine sympathische Ader des Films hin, die mir nach und nach klarer wurde: Regisseur und Autor Avi Nesher, Filmemacher aus Israel, inszenierte hiermit nämlich seine herrlich naive, wilde Vorstellung eines Hollywood-Actionblockbusters. Verpackt mit populären Elementen, jagt er im atemlosen, knalligen Tempo einem stichpunktartigen Plotpoint nach dem anderem hinterher, ohne dass es insgesamt wirklich Sinn macht. Warum z.B. wollen die Mercs Eddie ausschalten und dabei seine Erinnerung an die geheime Militärzeit geradezu aufzwingen, dass sie eigentlich keine Chance mehr gegen ihn haben können? Warum muss das alles auch noch VOR dem großen Attentat passieren, wollen sie etwa, dass er sie letztendlich schnappt? Wäre es sowieso nicht effizienter, ihn einfach im Uhrengeschäft dahinvegetieren zu lassen und sich auf die Arbeit zu konzentrieren? Damn hippies!

Hier mal ein toller 'Match-Cut' aus dem Film:


Doch gerade das macht Nesher's Vision von Film so charmant: es ist alles so freimütig und durchgeknallt aneinandergewürfelt, in plakativ-klobigen Sets und tough-affigen Darstellerleistungen - auf der Suche nach einer gemeinsamen Kultur und zudem so durchtrieben mit absolut phantastisch-wirren Einfällen (u.a. die Szene, in der Anna von den Bösen drangsaliert wird und Eddie urplötzlich mit einer Eisenkette, die er irgendwo her hat, ins Zimmer stürmt), dass man einfach nicht umhin kann, es abzufeiern. Man kann sich das ungefähr so vorstellen, als ob SAMURAI COP-Regisseur Amir Shervan einen Film mit Millionenbudget hätte inszenieren dürfen, Synth-Orchesterscore und massig Explosionen inkl., quasi wie Sam Firstenberg oder Craig R. Baxley.

 
Also von daher: alle Macht der TIMEBOMB - ein wahrer, dusseliger Bomber des mittelbudgierten Actionkinos. Spaßgarant im enthusiastischen Rausch!




WIEGENLIED FÜR EINE LEICHE - Wenn ich nicht schon 'Was geschah wirklich mit Baby Jane?' und 'Die Zwangsjacke' mit Joan Crawford (der essenziell dieselbe Story beackert) vorher gesehen hätte, könnte ich diesen Film fast originell nennen. 'Wiegenlied für eine Leiche' ist insofern für mich leider doch recht 'more of the same' von Robert Aldrich, der wohl dieselbe magnetische Power seiner 'Baby Jane' rekreieren, wieder mit der Davis und der Crawford (welche ja mitten in den Dreharbeiten 'krank' wurde) besetzen wollte.

 
Nun gestaltet sich das recht ähnliche Szenario psychischer Quälerei noch horribler, noch expliziter, mörderischer, hysterischer, mit noch mehr Leichen zum Entsorgen - und beeindruckt leider nicht mehr so überwältigend, trotz Cajun-Sleaze-Faktor, als perfid-nihilistischer White-Trash-Krimi. Die Davis trotz halbseidenem 'Rollentausch' wieder in keifender Panik zu erleben, macht den Film natürlich noch immer sehenswert, doch fühlt sich das schon über den Großteil der Laufzeit recht 'dagewesen' an. Immerhin wird die fortschreitende Psychose ihrer Figur noch ein gutes Stück wehmütiger gestaltet, sogar mit einigen stimmigen Visionen vergangener Geister, fast schon wie in Margheritis 'CASTLE OF BLOOD'.

 
Ich muss zugeben: insgesamt und für sich kann 'WIEGENLIED FÜR EINE LEICHE' tatsächlich noch immer überzeugen und hält als abgrundtief böser, plakativ-exploitativer Frauen-Horror eine gute Stange Dynamit an garstiger Asozialität bereit, erst recht in seiner weit deftigeren, zweiten Hälfte. Das macht auf jeden Fall Spaß, geht ständig over-the-top, haut aber nun mal nicht so hart rein wie 2 Jahre zuvor 'Baby Jane', an dessen einzigartig-erfolgreichen Stellenwert sich hier allzu deutlich rangehängt wurde.

Ich habe das 'Original' nun mal schon in zweierlei Form zuhause stehen, da kann mich diese Form von 'Abklatsch' bzw. Spin-Off leider nicht mehr so granatenmäßig hinreißen, vergebt mir.




MALIZIA - Eine recht wohlhabende Familie mit 3 Söhnen verliert ihre Mutter. Schnell wird jedoch klar, dass die für diesen Anlass natürliche Trauer kaum vorhanden ist, die Beerdigung als überhastete Pflicht über die Bühne gebracht wird und nicht mal Fliegen von der Nase der Verstorbenen verscheucht werden, schließlich hat der betroffene Witwer eine abergläubische Furcht vor seiner Frau über den Tod hinaus, dass ihr Geist über dem Haus wachen könnte, obwohl er sich doch so dringlich und endlich frei von der zugeknöpften Hausherrin ein neues, weibliches Abenteuer anlachen will.

Schließlich ergeht es unserem schon arg pubertierenden Jungsgespann genauso hormonversessen, allen voran dem ca. 15-jährigen Nino, der sich allmählich für Frauen bzw. deren körperliche Reize interessiert und sich schon auf der Rückfahrt von der Beerdigung an den Schenkeln einer drallen Tante vergreift, welche offenbar nix dagegen hat und ihn des Öfteren im Verlauf des Films zu sich einlädt.


Aber sein wahres Objekt der Begierde tritt sodann das Erbe der Mutter an: das neue Dienstmädchen Angela (Laura Antonelli), welches mit seiner überbordenden Weiblichkeit den abgestumpften Herren des Haushaltes komplett den Kopf verdreht, auch wenn sie das selbst gar nicht so wahrnimmt. Schließlich buhlen die Buben und der Vater um ihre Anerkennung und um ihren Körper, glotzen durchs Schlüsselloch und schauen unter ihren Rock, sobald sie auf die Leiter steigt. Unseren Nino trifft es am Härtesten und so entfacht sich in ihm die rücksichtslose Lust, angetrieben durch das Macho-Geprotze auf dem Schulhof, sie zu erobern.


Doch sein Vater will ihm zuvorkommen und Angela heiraten, was sie wiederum leicht widerwillig akzeptiert, da sie als Dienerin, sprich 'untere Person', zu gehorchen hat. Doch Nino will sie für sich allein und manipuliert ihren Einstand in die Familie so, dass sie beinahe niemals als Nachfolgerin der Mutter akzeptiert werden kann - ein Umstand, den nur noch der Priester, ein Freund des Vaters, zu brechen vermag. Doch hinter den Kulissen wird Angela klar, welchem herrischen Scheusal sie jetzt unterworfen ist: Nino, der pubertierende Forschsüchtige, der seine perfiden Spielchen mit ihr treibt und sie schließlich so zum Beischlaf verführen/erpressen will.

MALIZIA ist ein recht kunstvoller Taumel der Leidenschaft, erhebt sich genüsslich in der fiebrigen Spannung des mediterranen Temperaments und seines ambivalent-katholischen Glaubensritus, konstruiert allerdings auch einen bitteren und abtrünnigen Abstieg in die Obsession, deren Opfer die unschuldige Angela wird. Unterstützt von einer außerordentlich schönen Kameraarbeit und Musikuntermalung gestaltet Regisseur Salvatore Samperi dieses erotische Szenario als tiefschwarze, diabolische Komödie und entlarvt naive Coming-Of-Age-Fantasien als tyrannische Chauvinismus-Farce.



So macht er den Zuschauer auch zeitweilig zum freiwilligen Voyeur der holden Weiblichkeit und lässt uns mit dem noch unbelasteten Nino identifizieren - man wünscht ihm, dass er seine große Liebe Angela erobern darf, ähnlich wie in Tornatore's 'Der Zauber von Malèna'. Doch je ärger er sich um dieses Unterfangen bemüht, erkennen wir seine hässliche und manipulative Fratze, hat er es doch nur darauf abgesehen, in sie einzudringen und zu unterwerfen. Wir sehen sie dazu im Gegenschnitt immer stärker leiden, im erbitterten Widerwillen führt sie schließlich das aus, was man von ihr verlangt, dass sie schon zu einer Hure degradiert wird.

Das sitzt, vorallem beim männlichen Zuschauer. Da möchte man nämlich am Liebsten der armen Angela aushelfen und sie wie einen echten Menschen behandeln. Schließlich endet dort alles sowohl im unterschwelligen Wahnsinn, als auch oberflächlich in der konservativen Fesselung an eine fast vollends verkommene Familie. Armes Ding - und beinahe schon ein unverhältnismäßig fieser Film, der mir mit seinem Handling auch nicht sofort zusprach, weil ich glaubte ein zwar schön gestaltetes, aber äußerst chauvinistisch-masochistisches Werk gesehen zu haben.


Aber da ich und der Film den kleinen Nino am Ende als schockierend-selbstgefälliges Monster gesehen haben, dass mit psychischer Gewalt an sein Ziel kam und infolgedessen so abgebrüht ist, dass es kaum noch lieben kann, waren die Linien klar gezogen. Und dennoch, das muss ich schon zugeben und dabei wie das Männer-Schwein aussehen, welches ich garantiert in mir habe: die Antonelli nackt zu sehen, ist an sich eigentlich nicht wirklich was Verkehrtes. Aber es ist nun mal falsch, wenn man sie dazu zwingen muss. Lasst euch das eine Lehre sein.




FRANCES HA - Sauniedliche und knuffig-gewitzte 'Womanchild'-Charakterstudie in rasantem Schwarz-Weiß. Ein geborener Indie-Darling: harmlos, ungezwungen-konstruiert und komplett entrückt von unserer Welt mit überclever-coolen Dialogen eines frenetisch-perspektivenlosen Manic-Pixie-Dream-Girls sympathischster Natur - welches immer mehr vom ernüchternden Erwachsenensein enttäuscht wird, trotzdem nervös vorgibt, zufrieden zu sein und sich dringlichst nach Freundschaft sehnt. Drolliges und idealistisches Feel-Good-Filmchen - echt nett und leichtfüßig, ein kompletter naiver Wunschtraum.




ROSI NIMMERSATT - Ab und an kann ich es mir nicht verkneifen und komme bei diesem kleinen Porno-Filmchen aus deutschen Landen unter. Nicht dass er besonders kunstvoll oder wunderschön sexy daherkommt, dafür ist er stellenweise echt zu 'haarig' und ausgesprochen klobig-zweckmäßig in Szene gesetzt. Nein, hier spielen andere Faktoren eine weit größere Rolle. Allen voran: Ginny Noack in der Hauptrolle der Simone (eine Rosi im Film selbst gibt es gar nicht).

Ginny Noack stellt eine gewisse Besonderheit dar, hat sie gar nicht mal so sehr die aufgebretzelte Erscheinung dessen, was wir unter einem Erotikstarlet verstehen - kaum Make-Up im Gesicht, höchstens alle paar Tage einen profanen Lippenstift in Gebrauch, hat sie mal abgesehen von einigen allgemein tauglichen Kleidern & Pullis ansonsten eigentlich nie was an, läuft meistens so herum wie Gott sie geschaffen hat.


Durchaus ein Geniestreich, verkörpert sie doch damit so ungeniert die uralte Fantasie vom verdorbenen, stets bumsbereiten Mädchen von nebenan, dass durchweg drollig mit der Zunge schnalzt und keine freie Minute verbringen kann, ohne sich selbst anzufassen. Daraus schlägt der Film sodann einvernehmendes, naturalistisches Kapital, indem er sie in eine urtypisch-verschnarchte, deutsche Wohnung mit proviniziell-morbider Ausstattung steckt, welche nur bedingt zum idealistischen Freie-Liebe-Bild der 70er passt.


Aber da fängt der Spaß ja erst an, wachen wir als Zuschauer doch gemeinsam mit ihr pudelnackt im lauen Morgenlicht zwischen spießigen Gardinen auf und feiern ihren 19. Geburtstag mit einem ordentlich einladenden, spritzigen Körperspiel zwischen ihr und ihrem Geliebten Ralph. Der muss danach aber sofort ins Büro und auf lange Geschäftsreise, lässt die genüsslich-nymphomanische Simone in ihrem Rausch zurück, auch wenn er ihr nur schwer widerstehen kann und 2mal hintereinander rangeht - sodann zu spät am Arbeitsplatz erscheint.


Was dem Ralph auf seinen Reisen dann passiert, interessiert mich grundsätzlich nicht so sehr, taucht er hier doch in metropolisch-extravagante Erotikabenteuer ein, welche die Provinzialität von Simones Umfeld auflockern oder aufpeppen sollen. Ein stockender Fehlgriff würde ich sagen, merkt man doch, dass ROSI NIMMERSATT gerade daraus seine unterhaltsame Stärke zieht, wenn man erlebt, wie Simone widerwillig, doch zielstrebig durch das grantige Winterwetter stampft, um doch noch einen Mann in ihrer biederen Wohnung mit strengen Tapetenmustern extrem aufgegeilt verführen zu können, im Nachhinein ganz locker mit Zigaretten zuzuqualmen - das allein hätte für den gesamten Film gereicht.


Als sich ihr neuester Verehrer, ein junger Pickelbursche mit Brille, allerdings nach dem ersten Beischlaf unsterblich in sie verliebt und ihr komplett romantisch mit Heirat 'droht', während sie mit seinem kotzigen, grünen VW-Kasten durch die verschneite, kalte Vorstadt schleichen, rastet sie vollends aus und deklariert - nach einem Kaffeekränzchen mit dessen Eltern, wo sie seinem frustrierten Vater nach Jahrzehnten mal wieder einen Ständer verpasst hat - dass die Ehe für sie nimmer in Frage kommt, den Leuten das Leben aussaugt und sie sich ausschließlich dem Ficken verschreiben will, denn das hält ewig.


Irgendwann kommt dann auch Ralph mal wieder nach Hause und erwischt Simone im Liebesspiel mit einer schwarzen Braut - sodann springen er & sein Kleiner beherzt dazwischen und der Film ergibt sich in seinem Finale zwischen altdeutschen Wänden und gespreizten Schenkeln der schlicht sexuellen, freilebigen Auflösung ins lustvolle Glück, abrupt zum Schwarzbild. Bis zum nächsten Mal, ROSI, bleib geschmeidig ;D