Sonntag, 22. Februar 2015

Tipps vom 16.02. - 22.02.2015 (Oscar-Edition)



MIDARERU - VERWIRRUNG - Mikio Naruse entwirft anhand der Struktur eines klassischen Melodrams das Dilemma zwischen Selbstaufgabe und Individualismus im Japan der 60er Jahre, dessen Seele darin weiterhin in einer ungewissen Ära der Nachkriegszeit verharrte. Ständig wird darüber spekuliert, was denn wäre, wenn morgen alles vorbei sei - ohnehin stehen die aufgebauten Existenzen am Scheideweg, da Zeit und Menschheit immer mehr voneinander abverlangen. Kiosk-Besitzerin Reiko (Hideko Takamine) ist da auch nur ein kleines Rädchen und kann sich nicht gegen den Supermarkt in ihrer Gegend wehren, der alles ein Stück billiger anbietet - sie kann einfach nur weitermachen, auch aus Respekt vor ihrem verstorbenen Ehemann und dessen Bruder Koji (Yuzo Kayama). Doch eher aus Bescheidenheit scheint sie eine schwierige Zukunft entgegen zu nehmen. Für äußere Verzweiflung ist da keine Zeit, kann man die Gegenwart doch eher für die Güte aller nutzen; ihr persönliches Glück wird jedoch schon derartig zurückgeschraubt, als ob sie eh nichts mehr davon erwarten könnte.


Koji jedoch eröffnet sich eine Gelegenheit, aus ihrem Kiosk ebenso einen Supermarkt machen zu lassen, an dem sie weiterhin als Mitarbeiterin beteiligt sein könne. Doch entgegen der potenziellen Vereinbarung möchte er sie als Chefin beibehalten, da sie sich achtzehn Jahre lang dem Laden gewidmet, sich somit "geopfert" hat. Er kann dann auch nicht zurückhalten, dass er sie liebt - ein Umstand des möglichen Glücks, zu dem sie sich schlicht nicht entschließen möchte. Das Gewissen rattert nämlich gegen Sehnsucht und Leidenschaft, da sich niemand mehr seiner Zukunft gewiss sein kann. Die harte Konsequenz, die man dann auch als Zuschauer in den Knochen spürt, ist schließlich ihre Aufgabe des Ganzen: alles hinter sich zu lassen; zurückzuziehen; das Aufgebaute jemand anderem zu übergeben - vor solchen Entscheidungen dreht sich einem der Magen um; Reiko zieht es durch.


Es ist eben ein entschiedener Verlust; das ultimative Opfer in einem Zyklus des ständigen Opferns, aus dessen Bann sie sich nicht mehr lösen kann. Nach dem Krieg und dem Tod bleibt eben ein Trauma, vielleicht hilft da nur noch die Flucht mit dem Zug ins Abseits. Doch Koji folgt Reiko mit aufs Land, zurück in die Vergangenheit, vor der man nun sein eigenes Versagen eingesteht. Bittersüß wird jene Ermattung allerdings dadurch, dass sie gemeinsam vollzogen wird und somit dem Neuanfang Hoffnung verliehen wird. Reiko kann allerdings nicht raus aus ihrem seelischen Korsett der Entsagung, wie auch der Film durchweg seine Weitwinkel-Visualisierung in behutsamen Schwarzweiß begrenzt und in der Musik immerzu ein relativ kurzes Leitthema variierend um sich selbst kreisen lässt.


Jene Variationen erkennen aber auch das innere Drängen Reikos an, wie sie selbst ihre Wünsche immer weniger zurückhalten und doch nicht umsetzen kann. Der Schlusspunkt des Films stellt sodann aber auch eine besonders harte Belehrung zu ihrer Uneinigkeit dar, da ihr größter erzwungen-selbstentschiedener Verlust unwiederbringlich davon getragen wird; sie bloß noch im Schock der Schlusstafel verharren kann. Naruse suggeriert zweifellos effektive Argumente für Veränderungen in der gesellschaftlichen Mentalität, doch macht er das nicht mit strikter Belehrung, sondern empathischer Darlegung. Sein herangezogenes Frauenschicksal ist dann auch kein Aufzeigen der Schwäche - im Gegenteil, eher wird von ihr schon ständig Stärke verlangt; meist von solchen, denen es schon längst besser und gemütlicher ergangen ist, indem sie ihre Zukunft in die Hände eines reichen Mannes gelegt haben und nicht mehr arbeiten müssen.


Was er aber nachvollziehbar macht, ist die Nötigkeit von persönlichem Glück, dessen man entzogen wird; sich selbst sogar noch dagegen entscheidet. In Japan ist das sogar noch immer ein gesellschaftsübergreifendes Problem, wie dort der Arbeitsdrang gegen die Erfüllung persönlicher Bedürfnisse gehandelt wird. Doch auch global gesehen, besitzt Naruses Film noch immer eine Relevanz, die vielleicht filmisch zunächst ganz unscheinbar und unbeeindruckend abläuft, im Nachhinein allerdings eindringlich hängenbleibt. Da merkt man, dass hier mit echten Charakteren gearbeitet wird und so entsteht ein Film, dem man wahrhaftige Zugänglichkeit nachsagen kann - ohne dass die narrative Konstruktion immer wieder forcieren muss, weshalb man derartig fühlt. Ein beachtenswertes Hadern mit der Sehnsucht kommt bei Menschen eben an.




CINDERELLA - "[...] Wer in seinem Leben jemals ein Märchenbuch in die Hand nahm, weiß, in welche Richtung dies alles führen wird. Dennoch beeindruckt Branaghs Hingabe: Behutsam vermittelt er das Ganze in organischen 35mm. Dabei entfaltet er eine aufwendige und bis ins kleinste Detail versierte Farbenpracht und Fülle in Kostümen und Sets, dass man sich an die Technicolor-Epen des vergangenen Jahrhunderts erinnert fühlt sowie an deren Sinn für Fantasie. [...] „Cinderella“ probiert mit den Mitteln von heute eine Vision aus jener Selbstverständlichkeit des Stoffes, was Zauber, Hoffnung, Selbstbestimmung und sogar Vergebung betrifft – getragen durch den zeitlosen Rahmen des Märchens und übersetzt in ein möglichst zeitloses Wunderwerk eskapistischer Glücksgefühle. [...]"



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EX MACHINA -  Alex Garland umgeht in seinem Regiedebüt größtenteils inszenatorische Gefälligkeiten, nicht aber narrative Konventionen, um eine zeitgemäßere Variante vom Stoff künstlicher Intelligenz zu erzählen - auch weil er daraus immer wieder eine kleine Überraschung schöpft. Oscar Isaac kalkuliert dabei als souveräner Internet-Neureicher Nathan sogar mit der Erwartungshaltung seines auserwählten Protegés Caleb (Domhnall Gleeson), den er zu sich in die tief verborgene Festung der Genialität einlädt. Ganz kompakt für die Konzentration von Plot und Gefühl, beschränkt sich der Film auf wenige Zimmer und sogenannte Sessions als einteilende Kapitel.


Es gilt nämlich herauszufinden, ob die neueste robotische Errungenschaft Nathans, Ava (Alicia Vikander), für einen Menschen gehalten werden könnte oder sich in der Kommunikation sowie den kognitiven Gedankengängen als Maschine entpuppt. Jene künstliche Gefühlswelt kommt jedoch unmissverständlich bei Caleb an und löst allmählich moralische Dilemma aus, die sich in komplexen Diskursen mit dem etwas lockereren und doch unangenehmen Nathan sowie gefährlichen Nachforschungen äußern.


Garlands Film ist hauptsächlich ein entschiedenes Genrewerk mit Twists, das sich vom Aufbau her auf das Wesentliche und einige vermittelnde Zeichen konzentriert; aus jener effektiv vermittelten Quelle reichlich Stimmung aufbäumen kann. Gefahr und Faszination stehen hier Seite an Seite - nicht nur, was die durchgehende Spannung des Films betrifft, sondern eben auch den Umgang mit der Technik. Nathan und Caleb machen sich dahingehend genauso ans Werk wie das audiovisuelle Herantasten anhand seiner nahezu photorealistischen Umsetzung des sehnsüchtigen Androiden.


Ein gutes Stück Befreier-Romantik steckt letztendlich auch drin, doch die kehrt der Film ohnehin nochmals um, um seine eigene Götterfunktion (per CGI) in eine krasse Ungewissheit münden zu lassen - somit auch die von Nathan (immerhin wirkt sein angekauftes Wohngebiet zwischen Berg und Tal wie ein unbeflecktes Eden, in welchem er die Schöpfung vollzieht) und seinem Qualitätsprüfer Caleb. Existenzialistischer Horror, den man essenziell schon von Frankenstein, Westworld und Co. kennt und zum Schluss hin ein bisschen unter Overstatement leidet, unter diesen Umständen aber nochmals ein starkes und atmosphärisches Stimmungsstück.




BIBI & TINA - DER FILM - "[...] Natürlich ist das eine einfache Methodik, die Buck dabei anwendet; daraus leitet er jedoch eine ehrliche Lockerheit und Spaßigkeit ab, die sich ihrer selbst bewusst sind und auch mal Abwegigkeiten im Prozedere der Gestaltung erlauben. So erschafft Buck schon aus freimütigen Kameraeinstellungen und Schnitten eine Pointenvielfalt, mit der das Gros deutscher Komödienunterhaltung nicht mal ansatzweise mithalten kann – auch weil er nicht auf die gängige Konstruktion von Gags und Dialogen setzt. Stattdessen regiert die Unbedarftheit und das omnipräsente Gefühl glückseliger Sehnsucht [...]"



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THE SNOW WOMAN - Tokuzô Tanaka inszeniert hier ein ziemlich straightes Genre-Werk, das seine übernatürlichen Spitzen alle zwanzig Minuten in ein mitunter kostengünstigeres Historien-Narrativ mit direkt ausgesprochenen Motivationen bettet. Dafür wird jedoch eine ziemlich coole Idee erzählt: Man stelle sich vor, ein Jahrhunderte alter Geist würde sich zu einem Menschen manifestieren und bei einem einziehen, lieben lernen und zudem die Superkraft besitzen, Menschen bei extremen Krankheiten zu heilen. Zugegebenermaßen ist der Geist zunächst nur deshalb da, um aufzupassen, dass mit dem gefällten Superbaum, der ihm gehörte, was Ordentliches angestellt wird. Der junge Yosaku (Akira Ishihama) soll daraus eine galante Statur hobeln, doch der Landvogt setzt ihm im Auftrag eines Konkurrenten immer wieder zu.


Was diese Antagonisten aber nicht wissen: seine Frau Yuki birgt ein Geheimnis, welches wir als Zuschauer bereits zu Beginn eindrücklich kennen lernen. Da präsentiert der Film ein wirklich furchterregendes Grusel-Szenario, als Yosaku und sein Meister im Wald des Nächtens von der legendären Schneefrau heimgesucht werden. Dieses Stück japanischer Folklore taucht wie ein weißer Schatten aus der Dunkelheit auf und strahlt mit gelben Augen durch die Nacht, während ringsherum Schnee und Eis heraufziehen. Der audiovisuellen Umsetzung von Regisseur Tokuzô Tanaka und Komponist Akira Ifukube gelingt dabei ein effektiver Nervenkitzel, wie sie die surreale Disharmonie langsam hineinschweben lassen und durch die Perspektive Yosakus eine Ungewissheit aufbauen, die sich beim Zuschauer ebenso überträgt.


Außerdem sieht die Schneefrau eben einfach echt gruselig aus; das Konzept, wenn man es sich denn als real vorstellt, ist es ebenso (ein Voiceover am Anfang erzählt uns zudem schon ungeniert als Sage von dem, was demnächst auf uns lauert - ziemlich gewitzter Erwartungsaufbau). Es hilft dabei zweifellos auch, dass die Kamera stets horizontal bleibt und den Blick nicht vom nahenden Schrecken lässt, welcher sich mit aufwendiger Echtheit einschleicht und über den Opfern thront. Jener blutgefrierende Anfang verspricht weitere unberechenbare Schreckensszenarien voll unberechenbarer Metaphysiken und finsterer Zwischendimensionen, stattdessen bewegt sich der Film aber eben eher auf ein Melodram der Geisterliebe hin.


Das ernüchtert ein Stück weit die aufgebaute Stimmung, ergibt dennoch einen stimmigen Film. Die Schneefrau, welche sich als Yuki unters Volk mischt, Yosaku unterstützt, heiratet und mit ihm ein Kind kriegt, beweist nämlich ihre Güte jenseits des Rollenmodells typischer Spukgesellen. Sie wird damit zu einem Beispiel der Verbundenheit des Landes zu seinen Legenden und selbst untoten Gestalten - bis hin zur Romantik (schließlich wird sie vielerorts als schönste Frau bezeichnet). Allerdings muss man dazu sagen: Yosaku vermutet nicht, dass sich hinter seiner Yuki die Schneefrau verbirgt. Würde er es aussprechen, müsste sie ihn töten.


Das ist ein Fluch, dem sie selber nicht entkommen kann; der zwar bei Gelegenheit noch mal gegen andere Fieslinge eingesetzt wird (damit man sich dran erinnert, dass das hier noch immer ein Horrorfilm ist), aber eben letztendlich ein Dilemma um die Wünsche der Lebensart mit sich bringt. Dementsprechend herzzerreißend ist dann auch ihre ultimative Entscheidung, welche den Grusel des Anfangs in eine Visualisierung der Einsamkeit ummünzt, um das Leben der Geliebten zu verschonen. Es trifft einen nun mal die gezwungene Entsagung des Übernatürlichen, zu uns zu gehören, weil es eben doch ein essenzieller Teil dieser Welt ist; Gutes beweisen und erwirken kann, selbst wenn wir uns davor fürchten.


Der Film von Tanaka-san hätte sich trotz gerade mal achtzig Minuten Laufzeit noch strenger auf diese Perspektive stützen und seine Wunder weniger manierlich aufteilen können, da er sich zeitweilig etwas unbeteiligt auf standardisierten Darstellungen von Zeitkolorit und Politik ausruht. Zugegebenermaßen sind solche Eckpunkte zur Etablierung der Verhältnisse nötig, cineastisches Glück sieht aber anders aus. Wenn er dann aber mit gleicher Ruhe, doch steigender Spannung, atmosphärisch zuschlägt und abseits der traditionellen Architektur eine Sinnlichkeit in Tag und Nacht, Schnee und Eis findet (insbesondere in Augen), geht er ohne Weiteres unter die Haut. Eine leider etwas zu unbekannte, dennoch empfehlenswerte Genre-Erfahrung.




THRASHIN' - KRIEG DER KIDS - "[...] Gewinnt daher am ehesten als Relikt seiner Zeit denn als zeitloser Film. Einen jungen Josh Brolin beim Skaten in scheußlichen Klamotten zu sichten, ist da neben dem Slang und der ausgelassenen Gestaltungsfront in Musikclip-Ästhetik noch ein sehenswertes Highlight. Ansonsten hat der Film lediglich ein äußerst geradliniges Prozedere anzubieten, das zumindest noch so unbeschwert und audiovisuell aufgegeilt die Konventionen abspeist, dass man seinen trivialen Spaß haben kann. [...]"



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WIE EIN EINZIGER TAG - Für eine Nicholas-Sparks-Verfilmung gar nicht mal so ungeschickt. Sicherlich sind die CGI-Gänse am Anfang schon die Kitsch-Krönung schlechthin und die eigentliche Story an sich ist wirklich nur eine weitere austauschbare Variante der gängigen Stichworte jenes Autors: Krankheit in der Gegenwart (Alzheimer, Krebs, Leukämie - choose your own adventure); Rückblick auf die Liebe in der Vergangenheit; Liebe über Zeit und Raum; tägliche Liebesbeweise trotz Trennung (365 Briefe im Jahr, bei "The Best of Me" waren es beinahe ebenso viele Knastbesuche); Liebe im Angesicht gesellschaftlicher Unterschiede (= reiche Eltern); alte weise Männer; mit einem anderen Partner zusammenkommen, um dann doch zur alten Flamme zurückzukehren; kathartisches Bumsen im Angesicht von Wasser (wahlweise das Meer oder Regen); etc.


Komischerweise schafft es Nick Cassavetes allerdings, jene melodramatischen Einfältigkeiten einigermaßen gediegen im Zaum zu halten. Besonders hilfreich sind dabei vor allem das recht natürliche Schauspiel zwischen Gosling und McAdams sowie deren stimmig fließende Dialoge. Letztere klingen gar nicht mal so plakativ, wie man sie vom Autor von "Nur mit dir - A Walk to Remember" kennt; lediglich der Voiceover, welcher die Geschichte des Paares detailliert, besitzt wahrhaftigen Schmalz. Ansonsten kann man wirklich von einem stilvollen Melodram reden, das zudem für knapp eine Minute dicke Kriegsatmo auspackt, ohnehin technisch souverän daherkommt und anhand der Charaktere effektiv packt. Die Romanze ist tatsächlich glaubwürdig und dennoch mindert die Gefälligkeit des Ganzen die Stimmung; insbesondere mit dem Hintergrund, dass man mit den eigentlich faulen Stoffen eines (nett ausgedrückt) naiven Autors verbrüdert wird, die hier lediglich in der Umsetzung von fähigeren Leuten gehandhabt wurden.


Vielleicht wäre da eine (spürbar) originalgetreuere Adaption noch mal ein Stück ehrlicher und vor allem witziger - doch ich will ja nicht zu sehr meckern und spekulieren: Liebe ist, was man draus macht und da ist solch eine Verfilmung unter Umständen noch die bestmöglichste Lösung für alle Beteiligten (wenn man auch mal ganz aktuell mit "Fifty Shades of Grey" vergleicht, wo wahrscheinlich keinerlei Variante wirklich befriedigt). Und sowieso: nichts geht gegen Gena Rowlands. Ich hoffe nur, dass ich im Herzinfakt-Alter mehr zu erzählen habe, als "Liebe, Liebe, Liebe", denn über mehr quatschen die Alten hier nicht. Ach ja, über Wunder auch - noch so ein Stichwort von Sparks. Der Mann kann einen einfach nicht enttäuschen.


BONUS-ZEUGS:


Zunächst wieder ein schickes Video, bevor es zu den weniger netten Filmen geht:






ACCIDENTAL LOVE - "[...] Die Näharbeit am Unfertigen hat sichtlich Schwierigkeiten echte Pointen zu finden und befähigt sich sogar dem berüchtigten Record scratch beliebigster Komödien-Trailer an scheinbar wahlloser Stelle. Ab der zweiten Hälfte gerät alles etwas kohärenter, da diese wohl beinahe vollständig abgedreht wurde. Greifbarer werden die Figuren dadurch allerdings noch immer nicht, eher penetranter, da sie durchweg als plakative Vehikel einer politischen Satire herhalten müssen. Diese probiert eine konfrontierende Krassheit, arbeitet jedoch nebenbei mit Harmlosigkeit – eine Uneinigkeit, mit welcher der Film seine Inhalte nur an die Wand klatschen kann; völlig gleich, ob irgendwelche kleben bleiben. [...]"



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TRAUMFRAUEN - "[...] Der Humor des Films ist ohnehin trotz vereinzelter sexy Spitzen und Hangover-Mentalität eine ganz biedere Angelegenheit. Er erhält auch gleichsam wie das altbackene Konzept nur dadurch eine ungefähre Daseinsberechtigung, dass ein modernerer Umgangston gepflegt wird, der aber eher der Fantasie Berliner Wohlstandshipster entstammt, doch nur gängige Situationskomik der Marke Sat-1-Fernsehkomödie konstruiert. Kommt davon, wenn man sich gleichzeitig an die gegenwärtige Generation an Damen wie auch an die im Rentenalter anbiedert – da laden Iris Berben und Friedrich von Thun wortwörtlich zum ganz großen Tennis mit Herzinfarkt ein. [...]"



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AMERICAN SNIPER - Okay, rein technisch gesehen ist das hier schon eine bessere Leistung als Eastwoods letzter, 'Jersey Boys' und sei es auch nur durch die kurzweiligere Erfüllung von Genre-Standardwerten. Aber inhaltlich...Ist doch einfach nur lächerlich, wenn sich gängigster Jingoismus hier als ambivalent verklärt, um sich letzten Endes doch ganz klar der Heroisierung von Militarismus, Schicksal und dringlicher Rache gegen undifferenzierte Feindbilder jener "Savages" zu widmen. Dieser Vaterlands-Pathos kennt dann keine Kritik mehr, höchstens Empathie mit den Heimkehrern, die aber laut diesem Film unbedingt wieder zurück wollen; nicht draus lernen, bis jede einzelne Gliedmaße abgeschossen wurde - Stärke bringt nun mal Ehre. Sehr durchschaubare Kiste.

Sonntag, 15. Februar 2015

Tipps vom 09.02. - 15.02.2015



RAPUNZEL - NEU VERWÖHNT - "[...] Einerseits entwickelt man eine natürliche Sympathie zum langhaarigen Sonnenschein, der von der einzigen Bezugsperson seit jeher hinters Licht geführt wird; andererseits überspielt der Film die bloße Reinkarnation des Märchens mit freimütigem Adaptionsgeist für clevere Pointen und einem selbstbewusst-bunten Ensemble. Wo normalerweise Rollenmodelle sowie starke und schwache Geschlechter allein vom Narrativ her erwartet werden (siehe die berüchtigten Grobiane, vor denen Gothel Rapunzel warnt), kehrt Humor sie in herzliche Offenheit um. [...]"



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DER GROSSE CRASH - MARGIN CALL - "[...] Der Blick nach draußen, ins moderne New York, verspricht reichhaltige Möglichkeiten, doch die Karriere zwingt zum mehr oder weniger freiwilligen Druck nach innen. Die Optik dazu konstruiert kontrastreichen Style; dessen Macht kann man nur mit Ermattung begegnen, sobald man in der Rücksichtslosigkeit des Börsensystems, ganz entmenschlicht wie ein Datensatz, abgekoppelt wird. Die Furcht gehört zum Beruf dazu, ist kalkulierbar; der Verlust bleibt aber weiterhin schmerzlich. Eric Dale (Stanley Tucci), jahrelang im statistikbasierten Krisenmanagement angestellt, ist da einer der Ersten, der fliegt. Seine Kollegen leiden in seinem Tribunal mit, da sie wie er die Vorzeichen des Zusammenbruchs spüren. [...]"



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SELMA - In vielerlei Hinsicht genau das Drama menschlicher Relevanz, das man von Vornherein erwartet, jedoch trotz historischem Respekt mit einem stimmigen Tempo und konkreter Problembehandlung versehen. Da braucht Regisseurin Ava DuVernay auch nicht so hartnäckig auf Gefühls-Tortur drücken wie Steve McQueen, schließlich ist ihr "SELMA" ein Film der erbaulichen Diplomatie zum Wandel hin; besitzt dennoch in den unvermeidlichen Gewaltausbrüchen eine starke Markigkeit, stets unterstützt von angemessener Stilisierung (und einem überraschend guten Gespür für Actionszenen). Redselig ist der Film zudem ebenso, wenn auch auf das Nötigste fokussiert. Da erlaubt das Gewissen hinsichtlich der Geschichte gewiss wenig Freiraum für inszenatorisches Bohei (ebenso wenig für eine militante Tendenz, welche "den weißen Mann" zum plakativen Hassbild degradiert), trotzdem gelingt eine Vielzahl überwältigender Eindrücke von der Entwicklung nach dem Niederschlagen des Widerstandes hinein in den Mut zum sozialen Übergang. Letztendlich lässt sich hierin eher ein beispielhaft universeller Film gegen Ungerechtigkeit finden; erst der Pop-Up-Abspann mit John Legends und Commons "Glory"-Vertonung rückt die Schilderung des Stoffes etwas zu aufgesetzt in die Nähe zum aktuellen Zeitgeschehen in den USA. Manch ein Humanismus meint es eben manchmal zu gut für sein eigenes Wohl, an sich hat er das Herz aber am rechten Fleck.




KINGSMAN - THE SECRET SERVICE - "[...] Ohnehin befähigt sich der Film eines ziemlich morbiden Humors, der auch mal in einem wilden Blutrausch innerhalb eines radikalen Klerus vollzogen wird. Im feinen Anzug wird knallhart ausgeteilt, gleich welchen Geschlechts und Körperteils. Die Inszenierung findet darin jedoch einen respektlosen Spaß und somit eine lockere Distanz, die sich nahtlos ins Grundkonzept des Films, dem Fun-Revival, einordnet. Löblicherweise nimmt der Spaß aber immer noch seine Charaktere ernst und setzt im dritten Akt dann auch vollends zur Erfüllung der Katharsis an, mal als Agent schlicht die Welt retten zu können. Dazu werden ebenso die Geschütze des modernen Blockbusterkinos aufgefahren; beinahe an der Grenze zum obligatorischen Ernst und CGI-Bombast der New School, doch weiterhin von sympathischer Motivation und der typischen britischen Ironie beherrscht. [...]"



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EPILOG - DAS GEHEIMNIS DER ORPLID - "[...] Straff konfrontierend werden hier nämlich Extremsituationen emotionaler sowie politischer Ambivalenzen erschaffen. Menschliche Integrität gerät dabei auf den Prüfstand, wie auch die Verdrängung der Vergangenheit vor unseren Augen in der Rekonstruktion aufgelöst wird. Für die Grundschuld des Unglücks sind dabei nur wenige Faktoren zuständig – doch im Angesicht derer sind die Opfer unfähig und unwillig, zusammen etwas gegen ihre Situation zu tun. Irgendwann verteidigt jeder bloß sein eigenes Überleben bis hin zum entschiedenen Freitod. [...]"


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ZEIT ZU LEBEN UND ZEIT ZU STERBEN - Douglas Sirks effektives, respektvolles und stilistisch etwas zu gefälliges Remarque-Kriegs-Melodram über Verlustangst und die Unvermeidlichkeit des Schicksals lebt nicht nur inhaltlich von Liselotte Pulver. Und dann gibt's auch noch ein "Gasthaus Witte". Läuft...




FREITAG DER 13. - JASON LEBT - Erstmals ein ehrlicher Versuch der Reihe, sich als komödiantischer Horrorfilm zu etablieren (was noch immer einen entscheidenden Unterschied zur Horror-Komödie darstellt, versteht sich). Autorenfilmer Tom McLoughlin bricht die vierte Wand, umarmt die glorifizierte Stumpfsinnigkeit des Konzepts und zaubert Übernatürliches in den stoischen Killer Jason hinein, dass man vor Freude juckst. Ungenierte Plakativität trifft dabei auf visuellen und Dialog-technischen Schlagabtausch in der Parallelität der Handlungsorte, wie auch Jason jederzeit zur selbstbewussten Mörderpointe ansetzen kann. Ein Gros an Abwechslung (inklusive Verfolgungsjagden) treibt die Serie hier zur frischen Kurzweiligkeit (selten hat man solchen Bock, der Handlung und den Figuren zu folgen), Pluspunkte gibt's ohnehin für den Aufwand sowie dem Umstand, dass im Zentrum tatsächlich auch mal Kids zur Ferienunterhaltung im Camp abhängen. Ebenso ikonisch: Alice Cooper singt "The Man behind the Mask", während der Bodycount an die bezeichnende 18 herauf steigt. Einziger Wermutstropfen: keinerlei Female Nudity - dafür gibt's die Nippel der frisierten Obernulpe Cort (Tom Fridley) zu sehen und für ihn daraufhin ein Messer in den Kopf. Zum Schluss hin wird es wieder etwas traditioneller im Abschlachten, doch effektiv genug, um Lust auf mehr zu bekommen.




JASON GOES TO HELL - DIE ENDABRECHNUNG - Jason ist in der räudigen 90er-Jahre-Splatter-Optik angekommen und feiert den übernatürlichen Suburban-Horror à la Warlock mit reichlich Körpertausch-Exzessen und einer gar nicht mal so uninteressanten Story um Rituale, magische Dolche, gestohlene Babies und auch ein bisschen guten alten Medienzirkus. Das Finale ist übrigens ein Highlight in der Reihe und wie der ganze Film von diesem bestimmten Slapstick-Humor durchzogen, der mal mehr oder weniger die ganzen Jahre dabei war. Geht meinetwegen gerne noch verrückter in der Zukunft.


BONUS-ZEUG:


Erstmal ein bisschen Promo für die Veröffentlichung meines Films "WARSTAR - DER FILM" von 2012 auf Youtube:






ELSER - "[...] Hirschbiegel verlässt sich darauf, dass das omnipräsente Gefühl des nationalsozialistischen Horrors auf die Seelen drückt und deshalb als abschaffbar empfunden werden muss. Ironischerweise hält er sich aber gleichzeitig darin zurück, eine wirkliche Nähe zu Emotionen zu wagen und diese zu veräußerlichen. Stattdessen folgt seine Dynamik der inszenatorischen Souveränität: Mutlos, aber angemessen gilt es, die Charakteristika des Ensembles festzustellen. Mehr will Hirschbiegel der Meinungsbildung halber eigentlich nicht anbieten – es wird einem theoretisch selbst überlassen, wie man für Elser und Co. empfindet. Der Film bleibt dennoch ein Antikriegsfilm und so verlaufen die Handlungslinien in erwartbares Terrain. [...]"



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CAPTAIN ZOOM - Im Grunde ein eher witzloser Vorreiter von "GALAXY QUEST", oder auch einer dieser Art von Filmen, bei der Sätze wie "Hör zu, Kleiner. Ich bin kein Held." fallen. Letzterer Satz wird nämlich vom überheblichen Darsteller Ty Farrel (Daniel Riordan) geäußert, der in einem billigen 50er-Jahre-Sci-Fi-Live-Serial die Hauptrolle gibt. Das mickrige Setdesign, die unbeholfene Darstellerriege und das Product-Placement einer Schokomilch-Marke verballhornen ähnlich wie David Lynchs und Mark Frosts "ON THE AIR" das Zeitkolorit. Sobald jedoch der Sprung in andere Dimensionen vollzogen wird und der (nur spärlich etablierte) Captain den Fish-Out-of-Water gibt, sind Ausstattung und Production Value nur bedingt hochwertiger. "CAPTAIN ZOOM" ist eben auch nur ein TV-Film durch und durch; muss sich auf reichlich Dialogarbeit verlassen, während die Videoeffekte schlicht erbärmlich versuchen, eskapistische Aufregung zu vermitteln. Zwischendurch nickt man vor Formelhaftigkeit ein, auch wenn Zoom einer Hexe die hellseherischen Kräfte rausbumst und jemanden für 'ALF' hält, obwohl derjenige erst in den 80ern erfunden wurde. Erst im letzten Drittel, sobald er wirklich zum Helden aufsteigt, der tatsächlich per Prophezeiung vorhergesagt wurde, reißt sich der Film ein bisschen zusammen und erschafft ehrlichen Charme, auch anhand des Shirley-Walker-Scores. Da spürt man den Geist des Liebenswert-Trivialen, bis dahin quält man sich aber äußerst ab, so bieder die Konventionen abgearbeitet werden. Vielleicht doch nur was für Genre-Komplettisten - fml.




FIFTY SHADES OF GREY - "[...] Alles irgendwie Kinderkram, aber gerade dadurch eine unverantwortliche Repräsentation des Bondage- und SM-Lebensstils. Dieser soll hier männliche Überlegenheit sowie unbedingte Sexualbereitschaft und Selbstbestimmungsentzug legitimieren, fürs Mainstream-Publikum salonfähig machen – erst recht mit manipulativer Rückendeckung von Greys tragischer Vergangenheit. Für einen Kanon der Aufregung reicht es allerdings trotzdem nicht, so dröge der Narrativ seine Munition schon zur Mitte hin verschießt und in der ultra-abhängigen On/Off-Beziehung eine Empathie zu finden versucht, welche anhand der unbeholfenen Konstruktion ohnehin keinen Realitätsbezug mehr beherbergt. [...]"

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F.A.R.T.: THE MOVIE - Jener angeblich mit einem Budget von 40.000 Dollar produzierte "Film" ist eine US-amerikanische Videoproduktion um den notorischen Ultrafurzer Russell, dessen Ehefrau Heather mit ihm auf eine Silvester-Party gehen will. Er möchte jedoch lieber den ganzen Tag lang in der Gegend herum furzen und mit reichlich ungesundem Futter in die Röhre schauen (Public-Domain-Folgen von den Drei Stooges sei Dank), was sodann den Ehestreit herbei fördert. In jenem Rahmen der weiberfreien Glotzerei sichtet unser Heimscheißer sodann Furz-fixierte Sketche/TV-Parodien von ganzen acht Drehbuchschreibern; reagiert in Zwischenschnitten fast schon willkürlich mit Amüsiertheit, Aufgeregtheit und dem Trübsal, Heather zu vermissen - hab ich schon erwähnt, dass er dabei oft einen fahren lässt? Ganze zwei Game-Shows über Furzgeruch-Wiedererkennung nach Wetten-Dass-Format, Soap-Operas, Anti-Furz-Predigen, Werbespots für Furzer-Toleranz sowie Stand-Up-Shows übers Furzen verpesten dabei die Luft mit immer gleichen Gags der Flatulenz.


Dabei geht man oft nicht über die Ambition heraus, im Dialog vorhersehbarste Steilvorlagen für Furzwortspiele einzubauen und die Namen der Mitwirkenden nach Analbegriffen klingen zu lassen (Harry Butts, etc.). Selbst die Kritik zum eigenen Werk liefert der Film mit einem Siskel-&-Ebert-Verschnitt ab, der ebenso reichlich Pups-Puns einbaut. In dieser Forcierung plattesten Anarcho-Humors muss zudem durchweg mit einer bleiernen Camcorder-Inszenierung Vorlieb genommen werden, in der weder Humor noch andere Emotionen außer Langeweile stimmig aufsteigen. Nicht etwa Alan Smithee, sondern Amateur-Regisseur Ray Etheridge kreierte dieses rätselhafte Produkt der 'Nomödie', bei dem sein zweckmäßiges bis vom-Blatt-ablesendes Ensemble genauso versagt wie die komplett desinteressierte Optik. Man soll ja nicht denken, dass neben unterbeleuchteten Papp-Sets vielleicht noch gemalte Stinklinien aufgewendet werden können, um die Übertriebenheit des Ganzen vielleicht mal ansatzweise effektiv zu vermitteln. Dazu passt dann auch, dass Texteinblendungen stets denselben Font benutzen, wie auch die Kamera meist statisch Halbnahen mit reichlich Headroom auflöst.


Musikalisch gesehen hört man auch fast nix, weil meistens mündlich-erbrachte Fürze die Soundkulisse bestimmen; immerhin dreimal ertönt noch das Lied "Life is a Gas" der Medicine Wheel Band - zweimal sogar mit vollständigem Bühnenauftritt, damit die Laufzeit an die 86 Minuten herankommt. Nennenswert bleibt höchstens noch das surreale Finale, bei dem die feine Partygesellschaft pünktlich um Mitternacht die Hosen fallen lässt und Heather im Kanon volldonnert. Spuren einer aristokratischen Horror-Satire à la Brian Yuznas "SOCIETY", doch eben nur für diesen kurzen (geträumten) Moment, der auf einer endlosen Zusammenstellung einschläfernder und undifferenzierter Furzwitz-Overkills folgt. Hier wird eben ein Gesamtkonzept der totalen Ausschöpfung von komödiantischen Redundanzen erfüllt, das einerseits ziemlich effektiv die Verrohung durch primitive mediale Unterhaltung prognostizieren könnte; andererseits aber auch völlig ungeniert/ungeschickt witzlosen Selbstzweck zelebriert. Welche Sichtweise man auch immer bevorzugt: auf die Dauer stinkt's.