Sonntag, 26. Juli 2015

Tipps vom 20.07. - 26.07.2015



MAGIC MIKE XXL - "[...] Gregory Jacobs’ Film lässt seine Recken einfach sie selbst sein und verweilt daher in ausgewählten Szenarien für längere Zeit, je mehr Möglichkeiten des Beobachtens und Vergnügens eröffnet werden. [...] Elegante wie einladende Perspektiven, anhand derer Körperbeherrschung und Körperkult im Neonlicht zur erquickenden Ekstase gelangen. Als Rhythmus geht dabei alles von den Backstreet Boys bis zu Nine Inch Nails, mit Wasserspritzern und Lederriemen, auf Stühlen und im Strahl der Schlagsahne. Erotik funktioniert hier auf mehreren Wegen, solange man sein Ding einfach durchzieht. Wenn es nach Magic Mike geht, könnte ruhig alles derart heiter möglich sein. So bleibt der Film trotz minimalistischer Substanz in seinen zwei Stunden Laufzeit ein Energieriegel voll Selbstbewusstsein, bei dem die Freundschaft so locker von der Hand geht, wie alle Beinkleider rasant abzureißen sind. [...]"



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TAXI TEHERAN - "Der Zensur im Taxi entgehen, ist mal eine gewitzte wie traurige Maßnahme; vor allem, wenn das, was aus der Projektion der Leinwand verbannt werden soll, schlicht der Lage des Alltags entspricht. Dass selbst derartiger Stoff als gefährlich eingestuft wird, ist im Gesellschaftsbild zum Iran vielleicht (leider) nicht ganz so überraschend; umso überraschender allerdings, dass Regisseur Jafar Panahi dennoch in eher leichtlebiger Tour unterwegs ist und seinen Mitmenschen zuhört, sie respektvoll beobachtet und sich mit ihnen unterhält, hilft und als vermeintlicher Taxifahrer keinen Cent verlangt. Ehrlichkeit ist schon Lohn genug, obwohl hier natürlich eine inszenierte Dokumentation abläuft und diese ihre politische Dimension recht eindeutig preis gibt. [...]"



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MARGOS SPUREN - "[...] Der Grundtenor verbleibt dankenswerterweise nicht in jener leicht prätentiösen Weltsicht, auch wenn er nicht unbedingt die Ehrlichkeit eines John Hughes innehat. Dafür aber immerhin die Sehnsucht zum Spaß und zum Glück, wie sie die eigensinnige Margo repräsentiert und Quentin eines Nachts als Komplize mit involviert: Streiche spielen, gemeinen Ex-Freunden die Tour vermasseln und die Freiheit vor dem College genießen. [...] Hier ist nämlich neben den Retro-Anspielungen das Meiste mittelschwer süß, von den Gesten der Freundschaft und Zuneigung bis hin zum Einverständnis des Lebensweges – eine Selbstsicherheit, wie sie den Charakteren eigentlich nicht auf Anhieb zugänglich sein sollte und so manche Entscheidung in viel zu erwachsener Bescheidenheit auflöst, aber dennoch als Abenteuer für den jungen Geist erheitert. [...]"



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DAS MÄRCHEN DER MÄRCHEN - Es ist ja eigentlich so verdammt schön, dass dieser Film in seiner Eigenart schlicht existiert. Auch, dass er in einer Originalität aufgeht, die sonst eher selten anzutreffen ist, zudem recht Jodorowsky'sche Patriarchien und Bilderwelten erschafft; vom schicken Gore & Sex ganz zu schweigen. Und doch dümpeln jene drei darum aufgespannte und ineinander verwobene Episoden vor sich hin; schaffen audiovisuelle Zugänglichkeit in Prunk und Ekel, ohne aber eine emotionale zu erlangen. Man ist dieser Tage schlicht übersättigt von den wiedererkennbaren Möglichkeiten und Topoi des Fantasy-Genres und auch wenn diese mediterrane Mythologie ihre Moral eher stimmig im Hinterkopf ausüben lässt, braucht es alles doch allzu lange, um den gemeinsamen Nenner versagter Sehnsucht antreffen zu lassen. Nichts gegen ein gedrosseltes Tempo, doch selbst darin sollte man den Zuschauer fesseln können - in diesem Fall wirkt alles nur geschickt teilnahmslos. Das Prozedere strotzt zwar vor tollen Ideen, für den Zauber eines wahren Märchens reicht es leider nicht, zudem noch (je nach Zuschauer) mit ernüchternder Spaßbefreitheit zu rechnen ist. Schon was besonderes, aber nicht unbedingt gelungenes. Wer's nicht glaubt, wird es nach Ansicht des Trailers noch weniger glauben:



P.S.: Angenehmster Star-Auftritt: Stacy Martin




KÖNIGIN DER WÜSTE - "[...] Wie sie historisch dazu kommt, stellt Herzog ins Gleichgewicht mit seiner bekannteren Qualität, sinnliche Naturerfahrungen zu schildern. Eine ungewohnte Maßnahme, die nur von bedingtem Erfolg gekrönt ist. So beläuft sich die Vorstellung Bells minimalistisch und leicht klischeebeladen, während hauptsächlich das Verhältnis zu den Männern in ihrem Leben eine entscheidende Rolle spielt. Zwar besitzt Kidmans Ausstrahlung eine Frische, der jeder verfallen dürfte und so auch im Kontakt mit ihren Mitmenschen thematisiert wird – dies allein lenkt jedoch nicht davon ab, dass das romantische Verständnis des Films in einfachen Bahnen arbeitet und entgegen der Vergangenheit des Regisseurs auf kitschige Symbole setzt, anstatt suggestives Gefühlsgeschick zu vermitteln. [...]"



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BONUS-ZEUGS:




PIXELS - "Es klingen triste Zeiten an, wenn eine Prämisse wie jene von „Pixels“ in biederer Langeweile und als „Armageddon“-Klon endet, der nicht mal ein Viertel von dessen Energie vorweisen kann. [...] Kein Gefühl für echten Spielspaß. Wie bei so manchen modernen Videogames werden überdrüssige Handlungssequenzen für Unterhaltung verwechselt, lenken aber vom eigentlichen Elan ab. Umso lähmender, wenn im Gegenschnitt zur Invasion die witzlosen Bemühungen von Mannkindern gezeigt werden, die im Frust des Berufslebens durch glatte Wohnungen schlendern, lahme Witze reißen oder soziale Kommunikationsunfähigkeit sowie sexuelle Ungewissheiten als platte Pointen verheizen. [...] Doch es gibt nicht nur Negatives über den 8-Bit-Terror zu berichten: So dürfte der Quatsch als entbehrliches Trivialkino für heiteres Hirnausschalten sorgen, bei dem kleine Kinder die Grundlagen des amerikanischen Humors kennenlernen und große Kinder Michelle Monaghan sowie eine schweigsam devote Ashley Benson angaffen können. [...]"



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Sonntag, 19. Juli 2015

Tipps vom 13.07. - 19.07.2015



DIE BRUT - "[...] Wohlweislich hält Cronenberg die Auftritte der Brut klein und erfasst stattdessen den Zerfall von geliebten Mitmenschen sowie vom Frieden der Familie. [...] Zeitgleich offenbart sich nach der Therapie bei anderen Patienten lymphatische Krebsbildung – ein Körperhorror, wie man ihn von Cronenberg erwartet, und wie gehabt als Symbol des von Menschenhand mutierten Menschen steht. Das Grauen kommt aus uns und richtet uns in der privaten Zelle, welche wir für sicher glaubten. Die Brut fängt im Gehirn an, breitet sich in der Familie aus, findet schließlich sogar in die breitere Gesellschaft und verstümmelt ohne Reue. [...] Deshalb bleiben auch trotz des Endes jener unnachgiebigen Zellen und ihrer „Bienenkönigin“ Narben sowie Traumata; insbesondere bei Candice. Das Erlebte lässt sich auch für den Zuschauer, sogar über den Abspann hinaus, nicht wegwünschen, weil der Film trotz seiner fantastischen Elemente ungemein nah an die Urängste des Menschen herantritt [...]"


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GNADENLOS SCHÖN - Die Fassade von Schönheitswettbewerben und deren Verlogenheit sind die Grundlage für diese semi-satirische Mockumentary. In dem Sinne ist auch der Erfolg der Witze entweder von plumpen Klischees oder auch gewitzt hintergründigen Beobachtungen gezeichnet. Naivität und schwarzer Humor wechseln sich ab, während die einerseits gesteltzte und andererseits kurzweilige Stilistik der Reportage ein kleinstädtisches Narrativ erschafft, bei dem Sabotage und Vetternwirtschaft gegen die kleinen Menschen arbeiten. Zudem stellt sich dabei auch der Kostenfaktor der Produktion heraus, welche gerne mal länger in bestimmten Kulissen verweilt, um vielleicht die eine oder andere Improvisation zu erwirken. Im Gegenzug kommen dann aber auch Schauwerte zum Vorschein, die keck und luftig zu visuellen Gags sowie schick choreographierten Show-Einlagen motiviert. Dusselige High-School-Typen haben da auch leichtes Spiel, genüsslich dumm aus der Wäsche zu schauen. Kirsten Dunst gibt da als Protagonistin mit plakativer Charakterzeichnung der Ambition (wie bei allen anderen Charakteren auch) den sympathischen Ton des Teenie-Leichtsinns an, doch für heutige Zuschauer stellt sich vor allem im Spielfilmdebüt einer jungen blonden Amy Adams ein Lichtblick dar, der mit schillerndem Gelächter und flottem Sex-Appeal jede Szene stiehlt.


Lässt sich von der religiösen Engstirnigkeit und (kriminellen) Meinungsmanipulation Kirstie Alleys sowie ihrer Filmtochter Denise Richards nicht sagen. Und dann gibt es noch immer wieder wahrhaftig ungemütliche Momente, die zwischen Gag und allzu wahrem Schock hin- und herpendeln - siehe die ehemalige Teen-Prinzessin in der Bulimie-Klinik, welche später per Rollstuhl auf die Bühne zur Performance gekarrt wird. Teils bitterböse, dieser Film; von den unbedarften Charakteren zur unbewussten Morbidität angesetzt, welche im Kleinstadt-Zirkus fern des Konsens den Wohnwagen-White-Trash empathisiert und gleichsam deren Traum von Schönheit aufträgt. Natürlich ist dieser letzten Endes eine insolvente Enttäuschung, wie auch hinter den Kulissen des amerikanischen Traums reichlich Hässlichkeit entlarvt wird. Dieses Grundthema beherrscht der Film in Mengen, bis hin zur Redundanz eines dreifachen Finales. Ganz entschieden dringt er in jenen Horror dann zwar nicht vor und könnte eh noch mit knackigerem Esprit an die Sache gehen. Doch an sich schleift er sein Gesellschaftsbild gar nicht mal so doof durch den Dreck - nur eben ab und zu.




MÄDCHEN HINTER GITTERN - Zwischen Frauengefängnisfilm und klassischem Melodram verordnet, ist Alfred Brauns Film für sein Entstehungsjahr 1948 eine angenehm verruchte wie herzliche Angelegenheit. In klassischer Struktur kommt man per Schwarz-Weiß-Stimmung in eine Mädchenbesserungsanstalt voll bunter Charakterdamen, die sich nichts schenken, aber neben allem Zynismus auch als einfache Menschen geliebt werden wollen. Dazwischen stehen noch reichlich deftige Sprüche und unbequeme Wahrheiten über die Herkunft einer manchen Verurteilten, ob sie nun vom eigenen Vater rangenommen, zum Arbeiten im Bumsladen gezwungen wurde oder der schämenden Frau Mutter aus den Händen eines missbrauchenden Freundes helfen wollte. Manche haben auch gestohlen, wie der berlinernde Springteufel „Würmchen“ (Gina Presgott); Neuzugang Ursula Schumann (Petra Peters) schließt sich hingegen schüchtern von den anderen ab, weil sie aufgrund ihres Delikts des Raubmordversuchs eh von den Anderen ausgeschlossen wird. Obwohl Würmchen sich ihrer annimmt, strebt sie des Nächstens mit Blick zum vergitterten Fenster an eine Todessehnsucht heran, die mit symphonischer Tragik noch wirksamer auftreten könnte, würde der Film keine Zwischenstufe zur bekannten Exploitation-Note des Genres darstellen. 


Aber obgleich darin schon gewisse Formeln zu erkennen sind, behilft sich Brauns Film einem Dialog, welcher mit Milieu-naher Rotzigkeit weit natürlichere Töne anschlägt als ein Melodram ehrlich gesagt zu jener Zeit im Stande war. Das betrifft vor allem den Bereich Schlagfertigkeit, doch in der Verknappung der Menschlichkeit ist überraschend wenig mahnende Ideologie vorhanden, wie sie inzwischen umso plakativer eingesetzt wird. Klar gibt es eine Texttafel am Anfang und Ende des Films als thematische Klammer, doch innen drin geht es schlicht um menschliches Verständnis gegen die Ausbeutung der weiblichen Schützlinge. Aufseherin Ilse Heidenreich (Ruth Hausmeister), auch „Heidin“ genannt, hat da in allen Fällen mehr Rücksicht inne als ihr „Boss“ mit Damenbart, Irmgard Rechenberg (Gabriele Heßmann), und vermutet sodann, dass mehr hinter der Geschichte Ursulas steckt. Tatsächlich öffnet sich im Folgenden eine Rückblende um die Ereignisse, die jenes Fräulein Schumann hierher brachten: Ein räudiger Atelier-Maler als Ersatz-Papi, der sich an sie heran machte und an den Antiquitätenhändler Breuhaus (Richard Häussler) ansetzte, bis sie sich jedoch in diesen verliebte und den geplanten Raub seines Hauses verhindern wollte. 


Ihren persönlichen Weg sowie ihre Schuldlosigkeit kann man dabei schon an einer Symbolik absehen, die Braun direkt von Kollege Veit Harlan übernommen zu haben scheint: Eine Statur der „Maria des Orients“, welche sich, so erklärt Breuhaus, von den Menschen abwandte und schließlich zu ihnen zurückfand. Wie man daran vermuten darf, ist die Handlungsentwicklung recht geradlinig, aber auch spaßig wie (für jene Zeit) deftig - inklusive Brüste! Ein bisschen freches Türmen ist da auch mit inbegriffen, wie auch Enttäuschung, (Un-)Schuld, Ziellosigkeit und ein nicht unkritisches Männerbild eine Rolle spielen. Jedenfalls bürgt der Film für mehr Charakternähe, als der Titel vermutet; dennoch besitzt der Gesamteindruck einen nur halbgaren Ernst, der einen auf klischeebesessene Nachfahren wie „Freistatt“ vorbereiten kann, hier zumindest mit stimmungsvoller Professionalität aufbereitet wurde. Es gilt wie immer: Schicksale hinter Gittern, ob für Mann oder Frau, fördern stets die Empathie zu Tage. Für den Anfang ist dieses Genrebeispiel ganz ordentlich.




DIE NACKTE UND DER SATAN aka DES SATANS NACKTE SKLAVIN - Mit verrückten Ärzten ist nicht zu spaßen und selbst im deutschen Nachkriegskino kam man irgendwann nicht umhin, deren Phantasterei in entsprechend spekulative Horrorkonzepte umzusetzen. Victor Trivas, globaler Regisseur und Autor russischer Abstammung, bringt daher einen internationalen Narrativ von eben jenen wissenschaftlichen Maniacs auf die deutsche Leinwand, wie es nur recht wenig mit der kontemporären Gegenwart gemeinsam hatte, aber dennoch als klassisches Genrewerk amüsiert sowie an die Horrorvorstellungen moderner Technik jenseits des Todes appelliert. Die Film-Noir-artige Ausleuchtung sowie sinestre Orgeln erzeugen da schon geographisch losgelöste Stimmung, später werden die Polizeiwagen auch mit der Aufschrift „Police“ durch die Gegend kurven. Höchstens die Besetzung und deren Rollennamen wie Irene, Dr. Brandt und Co. werden das Entstehungsland verraten, anders sieht es da hingegen mit dem Entstehungsjahr aus.


Produzent Wolf C. Hartwig und seine Rapid-Film werkeln hier nämlich schon anno 1959 recht stilbildendes Exploitation-Kino zusammen, das sich weder davor geniert, längere Passagen per Striptease-Einlagen im Tam-Tam-Club zu überbrücken, noch den Schrecken in jazzigen Grooves, Zooms, Karate-Schlägen und hanebüchenen Schrei-Dialogen einzufangen. Charakterliche Motivationen basieren dabei ohnehin auf plakativem Groschenroman-Niveau; die Verspieltheit im Körpertausch bzw. in der Enthauptung ohne Tod reizt in dem Sinne ebenso mit Naivität aus dem Effektlabor, wie es damals womöglich als Schock funktionierte und heute noch immer kurzweilig unterhält. Das Ensemble gibt sich da auch keine Blöße und behält zudem trotz allen Quatsches eine Intensität inne, an der Zynismus, Unschuld, Wut und Grusel zur genüsslichen Theatralik aufspielen. Horst Frank gibt in dem Sinne am hässlichsten Gas; Helmut Schmid darf ungewohnt unbeholfen spielen, während Karin Kernke und Michel Simon Opfer der verzerrten medizinischen Hoffnung werden.


Dagegen stehen nach Antworten verlangende Haudegen wie Dieter Eppler, Christiane Maybach und Paul Dahlke, doch erst im Zusammenspiel aller erwähnter Faktoren entsteht die Eskalation einer kriminalistischen Wahrheit, die im Feuer der Nacht endet und genügend Leichen zur wilden Trivialjagd beiträgt. Im Gleichgewicht der interessanteren Aspekte dieses Films bildet aber die Sehnsucht zur körperlichen Erotik und unheilvollen Vollkommenheit zur Mitte hin die nachhaltigste Qualität, welche aber nicht so weit geht, wie man es gerne hätte - obwohl mindestens ein Moment der körperlichen Unvollkommenheit beinahe mit jenem Höhepunkt von José Padilhas „Robocop“-Remake mithalten kann. In allen Fällen und jeweiligen Zuschauerverständnissen bietet sich hier ein (zudem sprachtechnisch) uriges Stück deutscher Kinogeschichte an, das als Baustein des hiesigen Horrorfilms nicht gänzlich ausgeklammert werden sollte, aber gleichsam herrlicher Bockmist bleibt.




THE DEATH OF "SUPERMAN LIVES": WHAT HAPPENED? - Man, dieser "Superman Lives" hätte ein echt schöner wilder Film werden können. Ich meine, zumindest was Kostüm-, Set-, Creature- und Effektdesign angeht, wäre der Streifen eine Krönung sondergleichen - wirklich viel mehr über das Projekt erfährt man in dieser Dokumentation eigentlich nicht. Sie hilft schon nach, wenn man eins der kontemporären Drehbücher als oberobsessiver Räude gelesen hat (Hier!) und sie legt zudem schönes Archivmaterial frei, an dem man sehen kann, wie Tim Burton den guten Nic Cage zum außerirdischsten Clark Kent unter Menschen stilisiert hätte (Stichwort: Micky-Maus-Shirt). Der narrative Ablauf sowie der thematische Kern des Ganzen bleiben bei Jon Schnepps ansonsten recht umfangreicher (sprich: zu langer) Chronik allerdings eher außen vor, obwohl er abgesehen von Cage alle Entscheidungsträger im Interview hatte. Und Herrgott, Jon Peters steckt einen dabei mit seinem Enthusiasmus zur ungehemmten Phantasterei mehr an, als es Burton allein schon schafft.


Jener Exzentriker hingegen könnte seine ganze Herangehensweise erklären, wenn man ihn ließe, doch Regisseur Schnepp konzentriert sich eben eher darauf, wie umgekrempelt der Look gegenüber dem altbekannten aussah. Natürlich ist das recht reizvoll; jede bizarre Note mehr im gegenwärtigen Superheldengenre ist ein Segen und jener Film hätte schon früh einen Zenit erreicht, der mit Eindrücken eines kosmischen Untergrunds überschäumt und dennoch eine lebhafte wie hochdramatische Geschichte zum Außenseiter darbietet. Letzteres erfährt man in der Doku an sich nicht unbedingt auf die stimmigste Art, aber man kann ja immer noch nachforschen und mehr erfahren oder dies zumindest dann auf ein Kopfkino stützen, das nicht mit Schnepps halbgaren Rekreationen Vorlieb nehmen muss. Technisch könnte ohnehin mehr gehen, aber: ist ja ein Kickstarter-Projekt für Hardcore-Fans, bei dem Schnepp schon im Intro seine Legion an Nerds anspricht, da ist man schon über jede nähere Investigation zu bisher unerhältlichen Materialien glücklich.


In dem Sinne macht die Doku auch glücklich und natürlich auch traurig, dass ein derartiger Fiebertraum mit Millionenbudget nicht zustande kam. "Jodorowsky's Dune" hat da ja schon dasselbe Narrativ erzählt, dessen Sujet sogar noch ferner von der Realisation entfernt war, aber konnte wirklich nachfühlen lassen, wie ein derartiger Film mit seinem Inhalt die Kinowelt verändert hätte und auch gewissermaßen verändert hat, auf dass man selber Bock bekommt, etwas Eigenes zu starten. Hier blickt man ebenso zurück, was hätte sein können, aber es wirkt mehr wie eine spröde, doch toll ausgewählte Kunstgalerie als eine Erforschung des filmischen Inhalts. War vielleicht auch gar nicht das Anliegen, aber für irgendwas muss es ja gut sein und in dem Fall ist die Neugier vielleicht erstmal gestillt, aber noch längst nicht erschöpft. Von daher: Kann bitte jemand ein Paralleluniversum öffnen, aus dem man "Superman Lives" fischen könnte? In den DC-Comics passiert sowas auch ständig!

Sonntag, 12. Juli 2015

Tipps vom 06.07. - 12.07.2015



KRÄHEN - Sechsundsechzig Minuten lang dauert dieser bittersüße Traum von einem Film. Regisseurin Dorota Kedzierzawska entwirft darin einen Alltag und die Reise von zwei Kindern im polnischen Moloch, jedoch abseits einer genau identifizierbaren Zivilisation - umso verbundener zu einer eigenen Welt, die in der überwältigenden Einsamkeit nach Zuneigung und Flucht sucht. Die zehnjährige Protagonistin Wrona (Karolina Ostrozna) streift daher oftmals alleine am Strand entlang und in der Stadt umher, vor allem am familiären Konsens und an der eher zwanghaften Sozialisierung der Schule vorbei. Frau Mutter (Malgorzata Hajewska) arbeitet eh die Nacht durch und ist auch tagsüber kaum für die Tochter da, so bahnt sich diese also durch die erdrückenden Gebäude ihrer Umgebung ihren Weg. Sie stiftet kleinen Unfug, flucht, stänkert mit anderen Kindern herum und versucht dennoch, im Laufe der kaum verstreichenden Zeit, ans Herz ihrer Mutter heranzukommen. Solange das nicht klappt, spendet der schwarze Hund von der Straße halbwegs Trost oder eben auch das Plätschern am Meeresufer. Dass es selbst da nicht ganz sicher ist, wird Wrona nicht wirklich zum Verhängnis, wie auch ihre sonstigen Handlungen unterwegs von einer Freiheit sprechen, derer Erwachsene nicht nahe kommen - trotz merkwürdig verstärkter Polizeipräsenz. 


Nicht nur visuell hält der Film dabei eine unausgesprochene Surrealität inne, welche der drolligen Unschuld der Kindheit ein freiläufiges Ventil bietet, aber dennoch nicht zum verklärten Spaß führt. Die Tragik Wronas, mit aller Unschuld fern der benötigten Liebe durch das junge Leben umherwandernd, steigert sich nun mal mit fixer Effizienz beim Zuschauer hinein. Wohlgemerkt ohne manipulative Inszenierung oder Rührseligkeit, schlicht mit charakternaher Empathie und stiller Schönheit. So sanftmütig Kedzierzawskas Film ist, so einfach hält sich dieser auch und schafft es trotzdem entgegen aller Klischees mit locker gesetzter Dramaturgie zu fesseln. Dabei hilft natürlich auch, dass man durchweg mit den Charakteren zusammenhängt, sie im natürlichen Spiel sowie bei ihrer Beobachtung in kindlicher Naivität/Wahrheit nachvollzieht. Da erlebt man jeden kleinen Einfluss von außen emotional genauso einwirkend, wie es den Kids geschieht. Apropos, mal der Aufklärung halber: Es geht ja um zwei Mädchen. Das kommt daher, dass Wrona eines Tages beschließt, von zuhause abzuhauen und die kleinkindliche Malenstwo (Katarzyna Szczepanik) zu kidnappen, sich vor ihr als neue Mutti vorzustellen und gemeinsam ein neues Leben anzufangen. 


Sie versucht darin durchaus aus Trotz die Rolle einzunehmen, die ihre eigene Mutter nicht erfüllen kann und legt dabei Regeln wie Späße an den Tag, die Erziehung spielen, aber auch echte Gemeinsamkeit erschaffen. Der Weg, den die Beiden dafür unternehmen, verschlägt sie sodann nochmals in unmögliche Landschaften jenseits gesellschaftlicher Sorge; Hauptsache sie kommen weg von der Tristesse hinein in eine Märchenrealität. Diese kommt natürlich nicht zustande und sowieso ist Streit in dieser mehr oder weniger freiwilligen Generationsabhängigkeit nicht fern. Doch in der unbedingten Güte der kleinen Malenstwo findet Wrona auch ihr urtümliches Verhältnis zu ihrer Mutter wieder, dem sie in ihrer Rolleneinnahme selber nicht gerecht werden konnte, ihr aber Hoffnung verleiht. Zumindest eine, die in den letzten Minuten des Films zu einem herzzerbrechenden Verständnis der Sorge führt. Dies repräsentiert die bittersüße Qualität von „Krähen“ im Großen und Ganzen, doch innerhalb der kurzen Laufzeit lässt sich neben der Moral der Geschichte reichlich finden, anhand dessen mehrere Filme zu Meisterwerken avancieren könnten. Dass Dorota Kedzierzawska alles daran so geschickt und scheinbar mühelos zu verknüpfen vermag, macht ihr Werk jedoch zu einer Leistung, die mehr als nur ein „Geheimtipp“ sein sollte.




BATMAN V SUPERMAN: DAWN OF JUSTICE (COMIC-CON TRAILER) - Da die Woche nicht allzu viel Zeit für reichlich Spielfilme zuließ und erst recht nur wenig gute bereitstellte, kommt es bei mir auch mal vor, dass ein einzelner Trailer in seiner Qualität erwähnens- bzw. empfehlenswert wird. In San Diego wurde diese Woche die berüchtigte Comic-Con abgehalten und wie jedes Mal gab es heiße Nachrichten sowie anheizendes Bildmaterial, mit denen Fans wie Fachpresse beglückt werden sollten. Ein Blick hinter die Kulissen von „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ eroberte mit der Selbstverständlichkeit praktischer Effekte die Herzen und auch die Vorschau auf die Serie „Ash vs. Evil Dead“ sorgte in der Hinsicht am Ehesten für Laune in genüsslicher Raimi-Manier. Doch in viraler Präsenz herrscht zurzeit eher ein anderes Duell auf kinematischen Boden: Zack Snyder stellte nämlich einen neuen, mehr als dreiminütigen Eindruck zum 2016 erscheinenden Machtkampf zwischen Batman und Superman bereit. Wo der erste Teaser in der Fan-Gemeinde reichlich Zweifel hinterließ und das thematische Spektrum des Films dennoch entschieden veräußerlichte, spielt das neue Material jene Größe voll aus, die man von diesem Aufeinandertreffen erwarten kann. Dabei stellen sich explizit politische Ambivalenzen dar, die sich sodann in den Perspektiven der Titelhelden ebenso als Debatte von helfenden wie zerstörerischen Kräften widerspiegelt.


Aus den Ereignissen von „Man of Steel“ (2013) werden Konsequenzen gezogen und obwohl diese mit realistischen Mechanismen spielen, ist Snyders visuelle Ebene in fast jeder Einstellung derartig epochal angelegt, dass der Drang nach ultimativem Unterhaltungskino unmöglich mit der Realität vereinbar ist. Ein befremdlicher wie faszinierender Eindruck, der sich ohnehin verstärkt, sobald die auch stilistischen Ideologien von Batman, Superman und sogar Wonder Woman ineinander verschmelzen und selbst in diesem kurzen Rahmen schwer zu fassen sind - einen gemeinsamen Faktor findet man hier immerhin recht eindrücklich im Gegenschnitt derer jeweiligen ikonenhaften Symbole. Umso extremer nutzt Snyder also schon seine Spannweite an Fantasy-Elementen und überschäumt mit zahlreichen Figuren und Szenarien, welche aber dennoch eine geradlinige Geschichte erzählen oder zumindest stimmig suggerieren können. Das gilt natürlich für jeden halbwegs gelungenen Trailer dieser Tage und auch dieser versteht zweifellos gängige Erzählformeln (obwohl er, aus meiner Position als professioneller Cutter gesehen, schon ganz hervorragend montiert ist - und der Film nicht unbedingt formelhaft, weil ÜBERLADEN aussieht). Audiovisuell werden in diesem Fall jedoch Gefühlslagen erschaffen, die anderen Filmen scheinbar kaum noch eine Steigerung erlauben wollen. Es wäre früheren oder späteren Werken sicherlich möglich, doch Snyder setzt verstärkt kräftige Zeichen, die zweifellos von sich selbst überzeugt sind, mit nichts verglichen werden zu können, und auch allen Grund dazu haben.


Sie verpacken an sich schon mehrere menschliche und außerirdische Dramen zu einem intensiven Nukleus auf globaler Basis: Moral, Verantwortung und Schuld zerfetzen sich im Sand, im Regen, im Feuer, im Staub, in der Vergangenheit, in Fluten, Ruinen und noch vielen weiteren Kulissen. Fanherzen schlagen erst recht hoch, sobald Andeutungen und Referenzen ihre Aufwartung machen, doch der phantastische Konflikt an sich birgt eine (rock-)operettenhafte Melodramatik, die schlicht überwältigt und trotz aller trivialer Kostümierungen und reißerischer Effekte vom Weltenschicksal erzählt - siehe die unglaublich hymnische Einblendung des Logos oder Ben Afflecks affektierte Schockglubscher, wahlweise in Fleisch oder Scheinwerfern. Solch selbsternannte Größe ist natürlich das Zeichen einer Kino-Kompetenz, die den Eskapismus seit Ewigkeiten verinnerlicht hat. Kein Wunder also, dass der Rückblick auf den Mord der Wayne-Familie als rhythmisch eindrücklichstes Bild genutzt wird; in seinem Wiedererkennungswert alles ausdrückt, womit über 75 Jahre Comic- und auch Kinogeschichte geschrieben wurden. Die Geschichte wiederholt sich und findet anhand ihres innewohnenden Schmerzes mit der Einkehr des Supermanns noch aberwitzigere Ausmaße. Die Folge: Ungebremster Bombast, Pathos und Wut in kinetischer Formvollendung - gemessen an der Prämisse objektiv betrachtet ein Ding der Unmöglichkeit, aber trotz allem als Großereignis funktionierend, dem man aus filmischer Antizipation mehr oder weniger so entgegen fiebert, als gehöre es zur Wirklichkeit.


Es wird natürlich wieder zu Diskussionen kommen, ob sich diese ganze DC-Maschinerie dabei zu wichtig nimmt oder ob die politische Dimension des Ganzen zweifelsfrei goutierbar ist (gemessen am Trailer werden sich die Positionen in etwa die Waage halten und/oder am konspirativen Vermittler Lex Luthor ihren hämischen Zündstoff finden). Wie auch immer es ausgeht: diese ersten Eindrücke schaffen jetzt schon reichlich Bewegung im Bereich der Blockbuster-Saison und zeigen einen Regisseur, der die Anliegen seiner Figuren aus reichhaltiger Vorlage versteht, ihre Größe in eigener Sache anerkennt und bedient sowie diese auch zum exzessiven Leinwandspektakel nutzen kann. Subtilität weicht hier pyrotechnischem Handwerk und einem expandierendem Kuriositäten-Ensemble am Rande des Wahnsinns, doch schließlich hat man es hier mit einer Comic-Verfilmung zu tun, die zudem Menschen gegen Außerirdische und Amazonen antreten lässt. Passt also - dann jedoch mit einem Schwung in der Faust, der als Filmerfahrung keine Gefangenen machen wird. Kann je nach Zuschauer positiv wie negativ ausfallen, doch an diesem Film wird keiner so leicht vorbeikommen. Gleiches gilt für SUICIDE SQUAD, dessen Trailer ich in geleakter Form sehen konnte, nur eben nochmal in gesteigerter Härte sowie mit Cara Delevigne. Vorfreude auf 2016 steigt.




ANT-MAN - "[...] Während sich größtenteils eine stimmige und eigenständige Geschichte um Räuber-Genie Scott Lang (Paul Rudd) bildet, tauchen immer wieder Sequenzen auf, die viel zu bemüht auf eine Verbindung zu den Avengers hinarbeiten – ein Kompromiss, den Wright verständlicherweise nicht eingehen wollte. [...] Insbesondere die Schauwerte jener Mächte des Verkleinerns und Vergrößerns verraten ihren Ursprung in einer Virtuosität, der jeder Ersatz-Regisseur nie wirklich gerecht werden könnte. Als Zuschauer kann man sich dennoch glücklich schätzen, dass offenbar nicht allzu viel am ursprünglichen Potenzial verändert wurde. [...] Dazu gesellen sich auch noch niedlich glucksende Ameisen, kindische Schauplätze für massive Duelle (eine Ironie, die der Film gerne genüsslich umspielt) und zu guter Letzt auch noch ein psychedelischer Sprung in unbekannte Dimensionen, von dem Christopher Nolan feuchte Träume in Farbe kriegen könnte. Kleine, feine Elemente für einen Film, der kleine, feine Kerle und Tiere zum großen Abenteuer macht. „Ant-Man“ ist somit auch nicht allzu überbordend und verpflichtet sich immer noch einem klassischen wie funktionierenden Narrativ, welches in heutiger Zeit ungefähr an die Qualität von Werken wie „Die Reise ins Ich“ anknüpfen darf. [...]"



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HEISSE KATZEN IN DER GRÜNEN HÖLLE - Im Genre der Frauengefängnisfilme darf man eigentlich keine Ansprüche stellen. Zumindest ideologisch lässt man sich dabei ohnehin freiwillig auf Stoffe ein, die unter keinerlei gesunden Umständen vertretbar sein dürften. In den meisten Fällen sind derartige Filme aber auch nur bedingt darauf angelegt, eine Wandlung im Zuschauer zu erwirken. Stattdessen regiert der simple Thrill in der geballten Verletzung weiblicher Unschuld, getragen von expliziten Nackt- und Gewaltszenen, die im Regelfall aus männlicher Dominanz entstehen und vom genüsslichen Rachegedanken letzten Endes eine nicht minder blutige Katharsis erhalten. So weit, so erwartbar kann man auch an diesen Film von, je nach Quelle, Pasha oder Pasan oder Shan Pa herangehen. Als Ko-Produktion aus Hong Kong und den Philippinen besitzt dieses Genrewerk jedoch eine flotte Kurzweiligkeit, die nur noch vom massiven Räudenfaktor des dramaturgisch konsequenten sowie spannungsbefreiten Trivialgehämmers übertroffen wird.


Mädels über Mädels werden im Dschungelknast niedergeballert; einmal wird sogar einem kleinen Schwein per Tiersnuff der Kopf zersäbelt; Drahtzieher im spekulativen Frauensklavenhandel sowie dessen Wärterinnen sind gerne auch plakativ homosexuell; alle prollen sich mit arschigen Sprüchen um die Wette zu, etc., etc. Dazu gesellt sich allerdings auch eine bunte Schönheit auf der visuellen Ebene, bei welcher der Dschungel, Discos und pappige Sets in buntem Cinemascope leuchten - eine Energie, die sich sodann in schnellen Schnitten, unnachgiebigen Schusswechseln und einer Hemmungslosigkeit im Spiel und Inhalt äußert, bei welcher der gängige Filmverkoster einen Schock fürs Leben erfährt, während erfahrene Cine-Freunde ihren hellen Spaß am genüsslichen Zynismus erleben dürften. Für charakterliche Stärken bleibt nämlich nur wenig Zeit, dafür rotzen sich die Damen und Herren der Fantasie-Kriminalität unentwegt die Fressen voll, während beinahe episodenhafte Szenarien von Folter, Ausbeutung, Anmache, Flucht und Rache ihre Aufwartung machen.


Circa 82 Minuten Laufzeit eignen sich bei solch einem flotten wie wilden Kintopp nun mal kaum zum filmischen Anspruch, stattdessen darf man mit dem Jux an der Verkommenheit sowie knackig nihilistischen Synthie-Rhythmen Vorlieb nehmen. Zig Blutbeutel werden zerplatztm durch die Palmen blitzen schwüle Sonnenstrahlen und in den tief versteckten Sex-Clubs der achtziger Jahre ist nackte Haut nun echt keine Mangelware. Eben alles schön, verdorben, taktlos und höchst naiv - bis zur indiskutablen Gewaltverherrlichung hin aber unmöglich ernst zu nehmen. Wenigstens folgt im befremdlichen Krankenhaus-Finale der Sieg des Gerechten, wenn auch mit wohlwollender Tendenz zur Selbstjustiz, aber auch weiblicher Emanzipation vom Terror durch Terror. Eine Ironie, die dem Film an sich nicht entsagt bleibt und ihn heuchlerisch wirken lässt. In seiner Dreckigkeit verbleibt er dennoch mit Vorbehalt unterhaltsam - nur für Erwachsene!




EWIGE JUGEND - Versuchen wir mal eine ähnlich einsilbige Einschätzung zum Film, wie er selber schon seine altkluge Reflexion zum Älterwerden und Showbusiness in spekulativen Banalitäten ausdrückt: "Die Wolken von Sils Maria" trifft "Wish I was here" auf dem "Zauberberg" - alle positiven wie negativen Werte dieser Werke mit eingeschlossen. Wohl deshalb ist er auch soviel auf einmal: visuell glanzvoll und doch gezügelt; empathisch und doch prätentiös; ambitioniert und doch arg gestelzt; ehrlich, dämlich, kitschig, altbacken, laberig, teilweise berauschend musikalisch, herzlich und künstlerisch wie künstlich - ganz wie Paul Danos Schnurrbart. Ein Unding in episodenhafter Redundanz, bei dem alle Elemente bedeutungsschwanger und ungenutzt im Raum stehen, während dem Esprit des kreativen Schaffens nachgetrauert oder dieser auch in großen Gesten euphorisiert wird. Und obwohl es Sorrentino offensichtlich besser weiß, kommt er selbst in seinen fähigsten Momenten nicht umhin, dümmliche Klischees heranzuholen, bei denen der Schmalz zur Glorie der Altehrwürdigen sowie die Ein-Deckel-für-jeden-Topf-Mentalität noch die Spitze des Eisbergs bilden.



So lädt die Verballhornung sowie verbale Degradierung von Videoclips und Genrefilmen nicht weniger zum Fremdschämen ein, als es bei Assayas schon der Fall war - allerdings hier eher unhomogen als Attribute ausgedrückt, die Sorrentinos ernsthaft problembehafteten Charakteren angehören. Das ist eben auch Teil seiner etwas halbgaren Gesamtgestaltung, bei der die Probleme der oberen Zehntausend anhand alter Menschen mit reichlich Kohle zur Identifikation anregen sollen und dennoch im unkonzentrierten Narrativ wahllos verloren gehen; wo Wahrhaftigkeit zur Lebenserkenntnis versucht wird, während computeranimierte Tennisbälle und unmöglich weisheitsspeiende Kinder ihre Unterstützung für das Alte aussprechen. Ein süßlicher Gedanke, doch in der Ausführung ebenso albern wie die sonstige Konstellation der "Ewigen Jugend": Vom Stil her hochklassig und in ausgewählten Momenten potenziell verwegen oder auch poetisch (Sauna-Sequenz), gleichsam belanglos und von frustrierender Gestelztheit gezeichnet (siehe Rachel Weisz' Monolog in der Schlammkur oder auch das Drehbuch-Brainstorming auf dem Balkon). Nicht nur etwas mehr Schwung, Paloma Faith und Sex in den Knochen hätten Jung & Alt hier gut getan.