Sonntag, 25. September 2016

Tipps vom 19.09. bis 25.09.2016 (Wirre Woche)

Potrait ihres beliebten Chefredakteurs Christian Witte:

 
Liebe Leser,
was für eine wirre Woche! Jeden Tag hatte ich mindestens zwei Filme geschafft, aus der Bücherhalle zudem erstmals einige Videospiele ausgeliehen (u.a. das recht nette „Captain Toad: Treasure Tracker“ für die Wii U), mehrere Looney-Tunes-Kurzfilme, alte „Simpsons“-Folgen, etc. gesichtet und doch glaube ich, dass ich mehr hätte schreiben können, auch wenn der Umfang für die zentralen vier Filme geradezu wieder in die Vollen geht. Vielleicht rührt mein Gemütszustand daher, dass viele Sichtungen diese Woche enttäuschend ausfielen und ich mir im Nachhinein mehr Titel gewünscht hätte, die punktgenau im Herzen landen oder zumindest die Aufmerksamkeit des Lesers in die Stratosphäre der Relevanz katapultieren würden (die neue Blu-Ray von Roger Fritz' „Mädchen, Mädchen“ z.B. liegt noch ungesehen herum). Kann man natürlich schlecht einschätzen, wie das Angebot der Woche diesmal ankommt, auf jeden Fall sind jene Streifen jetzt nicht die offensichtlichsten Kandidaten und ich bin mal ehrlich: So kompliziert hatte ich schon lange nichts mehr in der Nachbetrachtung empfunden, wie hiesiges Ensemble aus hauptsächlich asiatischem Filmgut, unter dem zu alledem noch ein streitbarer Amerikaner haust. In jedem Fall die Qualitäten zu benennen, gestaltet sich von Woche zu Woche eben mal mehr, mal weniger schwierig, wenn man ebenso ungefähr vermitteln will, wie viel stets vorgeht in einem zur Betrachtung herangeholten Beispiel. Und da sind im Grunde allesamt geradliniger gestaltet, als es mein Schreibstil vielleicht reflektiert, doch die Eigenarten schlagen sich wie ein roter Faden mit Karacho durchs Gehirn. Das gilt übrigens auch für jene Filme, die eher unter „Ferner Liefen“ bis „Geht so“ einzuordnen sind, im Folgenden aber dennoch ein bisschen Platz verdient haben:


Besonders auffällig möchte ich da Jack Sholders Debüt „Zwei Stunden vor Mitternacht“ (also 22 Uhr) benennen, das einen Stimmungsmix an unkonventionell eingesetzten Horror-Topoi sowie gewitzte Einfälle für die Home Invasion einer Reihe profilierter Psychopathen (Martin Landau, Jack Palance, Donald Pleasance) anbietet, im Tempo jedoch auf reichlich schleppenden Phasen ausgetragen wird. Einige metaphysische Sequenzen weisen da schon auf die baldige Zukunft des Sholders in „Nightmare 2 - Die Rache“ hin, doch die Stringenz entweicht ihm ein Stück weit auf dem Pfad umgekehrter Erwartungen und verzerrter Einbildungen. Ebenso auf den Horror gekommen, glaubt man bei „Prom Night - Das Grauen kommt um Mitternacht“ (diesmal also genau 00.00 Uhr) anfangs ebenso, dass der Film seine Slasher-Zutaten durchweg mit inszenatorischem Witz auf falsche Fährten locken würde, doch leider entwickelt sich Richtung Abschlusstanz wieder nur das bewährte Killen - diesmal trifft es zumindest keine Unschuldigen (eher Anti-Helden), was den Spannungsbogen allerdings umso passiver zum erwartbaren Finale führen lässt, wenn jene Art Rache als Grundinteresse wenig Boden zur Emotion freigibt. Um meine Urteilssprechung nach Manier des „Lexikon des internationalen Films“ fortzusetzen, sei aber auch gesagt, dass sich Bob Clarks „Karriere mit links“ genauso urig an filmischer Bewandtnis verhebelt, wenn Judd Nelson als überheblicher Anwalt die Sympathien des Zuschauers erhaschen soll, mit theatralischen Tricks zunächst eine Art Komödie vor Gesicht aufzieht, in der zweiten Hälfte jedoch auf einen spekulativ soziopathischen John Hurt trifft, dessen Fallausgang höchstens „Der Richter - Recht oder Ehre“ alle Ehre machen würde. Ebenso mit an Bord: Stumpfe Expositionsmonologe, die Sympathie zum neokonservativen Erfolg/Fucking-Over, haarsträubende Justizprozesse und zumindest noch einige Andeutungen vom anatomischen Kammerspiel mit einem Mörder. Worauf der Film seinen Fokus legen will, mag er innerhalb von knapp zwei Stunden Laufzeit allerdings nie so recht entscheiden oder mit echtem Biss anpacken. Echter Biss ist allerdings auch Mangelware bei (Achtung, noch ein Regisseur, der hier normalerweise gut wegkommt) John Carpenters Biopic „Elvis“, das als Dick-Clark-TV-Produktion einem harmlosen Narrativ zum Werdegang des Kings treu bleibt, die emotionale Spannweite höchstens auf Presleys Liebe zu den Frauen ausweitet, eben wie sehr er an seiner Mutter hing, ihre schwarzen Haare bei sich und Gattin Priscilla emulierte. Darüber hinaus ist die Rekreation der Ära sowie die dazugehörigen chronologischen Höhepunkte souverän auf Filmformat aufbereitet worden, doch die Essenz dessen bleibt einzig und allein an der energischen Darbietung durch Kurt Russell hängen. Das bleibt selbst bei knapp drei Stunden Überlänge kurzweilig, doch der wahre spannende Saft, z.B. vom Widerstand der Konservativen gegen das Sexsymbol Elvis oder alles nach dem Comeback von 1969, kommt nicht zur Sprache. Anthony Lawrence, Drehbuchautor vieler echter Elvis-Vehikel und auch dieses TV-Films, wollte/durfte sich wohl nicht mehr trauen und Carpenter selbst spürt man erst recht kaum bis gar nicht, wenn man denn von manchen Parallelen zum High-School-Dasein in „Christine“ absieht.


Damit macht er aber noch eine bessere Figur als Rudolf Thome mit seinem zweiten Spielfilm „Rote Sonne“, öftermals eine Art Vorzeige-Reflexion über den 68er-Zeitgeist an „Gammlern“, APO und RAF-Terror, die sich abgesehen von ihrer bedingungslosen Ruhe nur schwer vom romantisierten Milieu mörderischer Belanglosigkeit trennen kann, in emanzipatorischer Funktion nur behauptete oder an Misogynie grenzende Töne anschlägt und zu allem Übel ausschließlich endkarge Tapeten vorzuweisen hat. Daran die seelische Leere zu erklären, ist schnell Unterforderung pur fürs visuelle Spektrum, ansonsten hat die Atmosphäre einige liebliche Eindrücke, Unbedarftheiten und surreale Laien-Aktionen (der Showdown!) parat, die es jedoch schwer haben, sich zwischen dieser Selbstgefälligkeit an Nichtigkeiten innerhalb der Münchener Bohème zu entfalten, welche von der kalten Synchronisation zusätzlich wie erwürgt scheint. Ein Problem, das Klaus Lemkes „Negresco**** - Eine tödliche Affäre“ ebenso hatte, weshalb seine Filme darauf der synchronisiert-gestellten Coolness vollends entsagten (deren Rückkehr im „Zocker-Express“ kam demnach umso blasser an). Konsequentes Durchziehen propagiert hingegen Rob Zombie mit seinem neuen Werk „31“, das schnell klar macht, wie wenig Interesse es an dramaturgischen Absichten innerhalb seiner Gruppe an mit der Sterblichkeit konfrontierten Protagonisten hat. Stattdessen herrscht beinahe pausenlos totaler Horror, schamlos in gewaltverherrlichende Exploitation abdriftend, die gänzlich Zombies inszenatorische Eigenarten und Terror-Vorlieben bedient, je tiefer sie in die Grundprämissen des Genres schaut und die menschlichen Feindbilder schlechthin ums Schreckenslabyrinth jagt. In dieser knalligen Räudenwelt aus Blut, Dreck und Stahl könnte man aber auch einen Rückschritt im Vergleich zu „Lords of Salem“ sehen, wenn Grindhouse-Impulse à la „The Devils Rejects“ reiteriert werden, Stimmung für den Knalleffekt geopfert wird, der Dialog größtenteils aus „Fuck“ besteht und man ohnehin das Gefühl hat, dass Zombie bei aller gelebten Freiheit nur wenige Register an Variation anfährt. Nicht, dass da trotzdem die Feier zur Intensität durchweg stattfindet, aber irgendwann ist sie auch erschöpft und findet bewusst keinen entlastenden Schlusspunkt. Unser Rob kommt wieder, keine Frage, als Stärkung zwischendurch ist „31“ (die Nummer vom 31. Oktober, sprich Halloween, ta-damm!) immerhin noch saftig genug in eigener Soße. Zum Abschluss dieser kurzen Betrachtung des Nicht-Besprochenen sei dann noch „Die Zeitungsjungen“ von Kenny Ortega erwähnt - ein Disney-Musical, das den jungen Christian Bale als Anführer einer Gewerkschaft von Zeitungsjungen zeigt, die sich im frühen 20. Jahrhundert dagegen auflehnten, im Wettstreit zwischen den Pressemogulen Pulitzer und Hearst immer den Kürzeren ziehen sowie draufzahlen zu müssen. Das kindgerechte Epos bringt das Flair des alten New Yorks mit vollem Period-Piece-Einsatz zur Geltung, gleichsam glatt laufen die typischen Charakterisierungen von hoffnungsvollen Träumern, gehemmten Idealisten, draufgängerischen Brooklyninskis und hinkenden Mitstreitern, die sich gemeinsam auf die Freundschaft einschwören, gegen böse Gangs, ausbeuterische Fettsäcke und einen Herrn Pulitzer (Robert Duvall) auflehnen, wie er derartig antagonistisch wohl selten gezeichnet werden dürfte. Es ist schwer zu sagen, was neben der souveränen Erfüllung der Erwartungen aufgrund dieser Ausgangslage speziell zu erwähnen wäre, aber: die choreographierten Gesangsnummern sind ein Stimmungsheber vor dem Herren, Ann-Margret ist wie immer aufreizend am Start, der „California“-Junge aus „Joystick Heroes“ verarscht die Leute, Bill Pullman ist als aufrechter Reporter Bryan Denton eine große Hilfe und zum Schluss ergeben Katharsis, Einsicht und Einigkeit einen Schlussakkord, der in seiner Herzlichkeit weit mehr rührt, als dass man es vom bisherigen Prozedere erwartet hätte. Geht eben langsam ins Mark, aber ist durchaus eines der sympathischeren Beispiele dieser Woche geworden.


Ohne Scheiß: Es wird eh wieder Zeit für ein bisschen mehr Optimismus, wie mir scheint. Deshalb Vorhang auf für diese interessanten oder gar tollen Werke in der detaillierten Besprechung:




Unter dem Banner der Nikkatsu Corp. findet man seit jeher unzählige Filme des Pinku Eiga, einem Genre, das in seiner Kunstfertigkeit und Selbstverständlichkeit im Spannungsfeld erotischer Machtverhältnisse heute kaum noch als Mainstream denkbar wäre. Nur ein Bruchteil hat es zudem bislang in westliche Gefilde geschafft, weshalb ich mit beinahe schauriger Regelmäßigkeit Werke kennenlerne, deren Qualitäten maßlos unterschätzt scheinen. Tatsumi Kumashiros „Shoujo shofu: kemonomichi“ aka „Path of the Beast“ gehört wiederum zu solchen Erfahrungen und lässt sich dennoch selbst innerhalb der vielen Varianten und Signale an Exploitation nur schwer kategorisieren. In gerade mal 72 Minuten Laufzeit zeichnet er ein Gesamtbild äußerer und innerer Verwüstung, mit Blick auf eine Küstengegend kleinster Menschenmenge, welche ein noch abgekoppelteres Eiland suggeriert, als es Japan ohnehin schon zu sein scheint. Gleichsam sind die Verhältnisse unter Figuren triebgesteuert in der Tristesse verankert, anstatt dass sich der Film auf konventionellem Wege zu Sympathien aufmachen würde - die Verwahrlosung in der Ziellosigkeit greift um und da ziehen die Handlungen schon früh einen Reiz aus den Lücken ihrer Impulse. Auf die körperliche Sehnsucht wird weniger Wert gelegt, als dass die kollektive Isolation hier zum frühen Zerfall eines jungen Mädchens stilisiert wird. Saki (Ayako Yoshimura) sieht sich insofern mit Schlüsselereignissen konfrontiert, die sie als Frau ausnutzen und prägen - ehe ihr Urteilsvermögen überhaupt reif dafür ist, wird sie schwanger und von den möglichen Vätern abwechselnd dazu motiviert, das Kind abzutreiben oder zu behalten, je tiefer die verzerrten Ehrgefühle im männlichen Geschlecht Einfluss zu üben versuchen. Natürlich sind letztere selbst im fortgeschrittenen Alter kein Deut erwachsener, höchstens Symptome eines sozialen Sadismus, den der Film als kritischen Würgegriff vergegenwärtigt. Mit den Mitteln der Demütigung z.B. überredet Sotoo (Mon Muso) sie zum ersten Mal, gleich nach einer Fahrradfahrt zum Strand so energisch deklariert, obgleich er ihr zusätzlich dazu zeigt, wie er Möwen mit Steinen vom Himmel holen kann. Der Beweis der Gewalt erzeugt Angst und Willigkeit, fortan scheint sie den Erwartungen halber wie imprägniert zur Promiskuität gezwungen, die sodann auch vom älteren Schwerenöter Ataru (Yûya Uchida) forciert wird. Das Psychogramm dieser Beziehungen lässt Regisseur Kumashiro nicht vollends transparent, dennoch lässt er einige pointierte Faktoren durch, die an diesem Drama teilhaben: Sakis Mutter Yûko (Minako Mizushima) z.B. lässt sich mit einer Vielzahl von Kerlen ein, damit diese ihre Imbissstände schieben und sie sich nicht permanent abrackern muss.


Zudem reichen Sakis Erinnerungen an den verstorbenen Vater nur bis zu einem einst beobachteten Beischlaf, den sie so idealisiert, dass man den Hang zur Abhängigkeit einigermaßen nachvollziehen kann. Die verstörte Einsamkeit aller in diesem Ambiente behält jedoch überhand, so verzweifelt die Sucht nach dem Beischlaf den Alltag beherrscht, in dem man sich am ehesten dafür begeistern kann, auszurechnen, wie oft im Jahr man theoretisch Sex haben könnte. Dem chancenlosen Ambiente nach bleibt alles andere am Straßenrand, weshalb der Zynismus untereinander greift, am Kreislauf an Demütigungen zu Wunschträumen der Penetration neigt, während einen die psychische Apokalypse schon fortgeschritten im Sand vergräbt, dass die Möwe ebenso immer wieder aufs Neue tot ins Wasser fällt. Die Natur spielt hier gewiss eine große Rolle, um das Gemüt der Figuren zu reflektieren, so unwohl sich Regen und Hitze abwechseln, von außen mit brutalen Wellen knallen und in der Festlandstille ebenbürtig unbarmherzig auf endlose Kargheiten deuten. Da wird die Befriedigung nur schlüssig zur Verzweiflungstat und in der Selbstgefälligkeit der Männer erst recht kein Unterfangen der Treue, wovon sich Saki durchaus einiges an Unmenschlichkeit abschaut und den jeweiligen Herren vom Schwanz des anderen vorschwärmt, in ihrer korrumpierten Naivität zeitgleich jedoch zur chaotischen Drastik des Affekts getrieben wird. Wohlgemerkt bleibt das in diesem Film keine rein weibliche Erscheinung, so wie die ausweglose Ausbeutung der Frau porträtiert wird, die in jener gesellschaftlich geduldeten Form eine Dreiecksbeziehung an Enttäuschungen, Fatalitäten und offenen Ungewissheiten ergibt, in welcher jeder jeden verletzt, aufgeilt und im Endeffekt zur ewigen Maloche verdammt. Im Vergleich zu anderen Genre-Vertretern ist Kumashiro dann auch nicht zur Fleischbeschau angetreten, sondern dem bitteren Gefühl verbunden, das hier als Nebel der Hilflosigkeit herumtreibt. Wenn hier im Intimen geschwiegen wird, ist das verstörender als jeder Schrei, so bedingungslos sich den Bedingungen eines Anderen hingegeben und die Frage nach dem wahren Vater zur erzwungenen Beobachtung angeleitet wird, nachdem man den Konkurrenten gerade noch vom Freitod in den Wellen retten konnte. Die Grausamkeiten der Liebe lassen hier die eigenen Köpfe zuschütten, Messer in Füße einstechen, das Zusammensein als vergängliche Not schlechthin auftreten, bei der Saki sogar noch ihre Mutter annuckelt, um ihrer Empathie Ausdruck zu verleihen. Nicht, dass der Film überakzentuiert oder gar den Pathos eines Sozialpornos aus jenen Eindrücken schöpft, schließlich würde das ja thematische Eindeutigkeiten beinhalten, die in der bewusst losen Dramaturgie eh nicht fruchten sollen, stattdessen vielmehr Ambivalenzen des Selbstbewusstseins und der Bildung an Sehnsüchten ergänzen.




Renny Harlin, seit jeher ein waschechter Harlin Globetrotter, ist mit „Skiptrace“ dieser Tage an einen chinesischen Blockbuster geraten, der womöglich das beste Jackie-Chan-Vehikel seit „Rush Hour 3“ darstellt. Sodann wundert es auch nicht, dass hier vielerlei Bezüge zum Buddy-Cop-Faktor vergangener Erfolge bestehen, sobald sich Chan als Hongkong-Inspektor Benny Chan (!) mit dem unfreiwilligen Partner Connor Watts (Johnny Knoxville) auf Reisen begibt, obwohl er diesen an die Behörden in Macau zu überführen versucht. Das Prozedere gestaltet sich entsprechend simpel im Zeichen jener Prämisse und ist allein deshalb schon eine willkommene Abwechslung zum aktuelleren Chan-Œvre, das sich eher - wie exemplarisch an „Chinese Zodiac“ feststellbar - an konfus wie uninspiriert geballten Blockbuster-Topoi sowie propagandistischen Ideologien abzuarbeiten versteht, anstatt die akrobatische Frechheit seines Hauptdarstellers entsprechend zu würdigen. Auch wenn früher schon in „Police Story“ und Konsorten zur Idealisierung von Milieus, Recht und Ordnung angelegt wurde, ist nun mal der Einfluss regierungskonformer Verharmlosung inklusive obligatorischen Lumpensoundtrack zu spüren und obgleich sich in der Darstellung von Verbrechen, Korruption oder Militär hier mehr Freiheiten als z.B. in „Special ID“ erlaubt werden, kommt durchweg ein Hang zur touristischen Attraktivität zum Vorschein, wie er allmählich auch im globalen Franchise-Apparat zur Gewohnheit geworden ist. Als reines Unterhaltungsstück allerdings vermeidet „Skiptrace“ größtenteils die Falltüren politischen Kalküls und geht im Grunde so unbelastet wie „Shang-High Noon“ und Co. auf das Treffen von Ost und West ein, dessen Typen man schon des Öfteren begegnet ist und daher auch erwartbare Wege des charakterlichn Wandels hervorruft: Chan als ehrgeiziger Bulle, der nie abschalten kann und dennoch kein Chaos auslässt; Knoxville als risikoreifer Hitzkopf und Frauenheld, der ebenso stets in ungesunde Schlamassel gerät. Beide haben ihre Fähigkeiten und Macken, können sich gegenseitig nicht ausstehen und doch nicht ohne einander vorankommen, ehe sie sich die richtigen K.O.-Griffe beibringen. Jackie hängt stur an seinem Job und beschützt seinen Gefangenen zur Pflichterfüllung vor den Bösen, Johnny versucht dauernd zu fliehen und mischt dennoch kräftig im Teamwork mit, wenn die Verfolger das Duo hetzen. Eine klassische Comedy-Routine halt, die anfangs noch deutlich vom verworrenen Krimi-Plot gehemmt wird, in welchem Der Matador, ein geheimnisvoller Boss der Unterwelt, für den Tod von Chans Partner verantwortlich scheint und zudem eine Lady auf dem Gewissen hat, welche dem von der Russenmafia verfolgten Watts in ihren letzten Atemzügen noch ein Handy in die Hand gedrückt hat. Dieses beherbergt brisante Informationen, die im Verlauf durch einige überflüssige Rückblenden aufgeklärt werden, während der Schnitt in der Etablierung seiner selbst auch ebenbürtig unbeholfen auf jene unsäglichen Standbilder zurückgreift, in denen Charakternamen wie Pop-Art aufschreien, während manch Voiceover die Lage zusätzlich einzuordnen versucht.


Überholt, überhastet und überflüssig springt der erste Akt somit über mehrere Standorte und Charaktere, hofft auf den verbindenden Faktor von Chans hübschem Patenkind Samantha (Bingbing Fan) und arbeitet dennoch nur schwer auf eine Involvierung des Zuschauers hin, wenn Harlin fröhlich durch ein Arsenal an Aufwand (inkl. schlechten Computereffekten), Schauplätzen und Gags hüpft. Irgendwann jedoch treffen sich die Parteien endlich zu einem Scharmützel klassischer Chan-Action, das in der Tradition effektiver Eskalation (sowie ihrer Manifestation in einer Matrjoschka) zum Stuntvergnügen einlädt und Kulissen fantasievoll ausreizt, wobei sowohl Chan wieder zu ungefähren Höchstformen auffährt als auch durch Knoxville einen würdigen Mitspieler des Selbsteinsatzes erhält, der im brachial choreographierten Slapstick engagiert einsteckt wie austeilt. Überhaupt fragt man sich (gleich nach „A Dirty Shame“ von letzter Woche), warum Knoxville im Kino der Moderne keine größere Plattform erhält, der risikobereite Entertainer an ihm unterfordert bleibt und dennoch das meiste aus seinen Möglichkeiten zieht, wenn man hier sein Spiel betrachtet, das sogar Harlins mangelhafte Stringenz zu kaschieren versteht. Es legt zudem den Grundstein für ein Abenteuer unter unfreiwilligen Kumpels, welches die Beiden von Sibirien über die Mongolei nach Hongkong zurück führt, wo das Spiel der Rivalitäten à la Cop/Crook zu einer gewitzten Bandbreite an Situationskomiken führt, die vielleicht nicht sonderlich originell ausartet, aber noch die Art enthemmende Laune mit sich bringt, die Chans Old-School-Charme für gewöhnlich aus der Kiste lockt. Bei den Mongolen z.B. entwickelt sich eine musikalische Nummer der Brüderlichkeit im Kreis der Kulturen, wie es anhand derer Märchenhaftigkeit überraschend herzlich ankommt (auf jeden Fall mehrere Ligen über dem abgestandenen Vaterlandsquark von „Little Big Soldier“) - nur ein Aspekt vom Bündel an Unbekümmertheit, das den Film in seiner Mitte so herausstechen lässt. Dennoch wünscht man sich zeitweise, dass Harlin länger in den jeweiligen Lokalitäten verbleiben könnte, so wie sich seine Ressourcen für mehrere Topfilme anbieten dürften sowie erneut klasse kämpfende Ladys miteinbeziehen, aber letzten Endes doch vorantreiben müssen, wie sich der Fall für unsere Zwei aufklärt. Zum Finale hin waltet also wieder das Desinteresse des Konsens-Plots, immerhin mit genügend Kampf- und Jagdsequenzen ausgestattet, bis dann doch noch einigermaßen wahrhaftig (in einer Szene mit Richard Ng) die Kraft der Freundschaft auf die Probe gestellt wird, zu welcher Zukunft man dem Gegenüber verhelfen will, was richtig und falsch ist, wer als wahrer Vater/Liebhaber Samanthas wirken kann („Path of the Beast“ lässt grüßen). Vorbildliche Polizeiarbeit (auch mal über die Regeln hinweg), eine Handvoll Melodramatik sowie ein actionreiches Happy-End schließen die Erwartungen im Standard-Modus ab, doch bis dahin hat der Plot genügend Abstand von sich selbst genommen, um den Spaß an der Chan/Knoxville-Paarung über die Erwartungen hinaus zu erfüllen - was dennoch nicht verschleiert, was für ein Honk-Streifen „Skiptrace“ einfach sein muss.




Mehr Hollywood geht hingegen nicht, wenn man „Fletchers Visionen“ betrachtet, eine jener Kollaborationen zwischen Richard Donner und Mel Gibson, welche sich binnen der 80er und 90er Jahre galant aufeinander verlassen konnten, inmitten der „Lethal Weapon“-Reihe also auch versuchten, ein High-Concept-Genre-Kompendium zum Thema Verschwörungstheorien anzuleiern - daher auch der Originaltitel „Conspiracy Theory“. Knapp 20 Jahre nach Veröffentlichung und Ausbreitung des Internets kann man sich allerdings nur schwer vorstellen, wie man die obsessiven Individuen jenes Phänomens des Misstrauens irgendwie liebenswert gestalten könnte, doch dieser Film versucht sein Bestes, auch aus den verdrehtesten Wirrkopfhandlungen seines Protagonisten etwas Mitreißendes, gar Romantisches zu stilisieren. Mit einem Autor wie Brian Helgeland am Start stellt das nicht mal eine schiere Unmöglichkeit dar, wird in Kombination mit dem Umstand einer Joel-Silver-Produktion zudem entsprechend mit facettenreichen Szenarien angefüllt - doch es kommt so oder so urig an, derartig unbefangen einen Menschenschlag zu inszenieren, der in nicht allzu ferner Zukunft nimmer mit „9/11 was an inside job!“ aufhören und sich hierin sogar bestätigt sehen konnte. Als ob die retroaktive Problematik nicht schon reichhaltig genug wäre, hat man mit Gibson ohnehin einen Darsteller am Ruder, dessen Vater u.a. Holocaust-Leugner ist, obgleich das private Auftreten des Sohnemanns sogar noch präsenter gegen jede Sympathie immun sein zu wollen scheint. Eine bipolare Störung tut da wohl seit jeher ihr Übriges, auf jeden Fall scheint Gibson teilweise nicht allzu fern zu sein von dem Charakter, den er hier verkörpert, weshalb bereits das Intro einer genaueren Betrachtung bedarf. Hier erzählt Taxifahrer Jerry Fletcher (Gibson) seinen Fahrgästen in dynamischer Montage von reichlich variierenden Verschwörungstheorien, die in einem Redeschwall daherkommen, dem keiner etwas entgegenzubringen wagt und dem alle mehr oder weniger gespannt zuzuhören scheinen, was eben auch am geschickten Umgang Jerrys liegt, der seine Manie in pointierter Lockerheit zu verpacken versteht. Das geht so selbstsicher von der Hand, dass es schon früh exemplarisch wird für den eigentlichen Reiz an der Person Gibsons, die als Schauspieler von anspornendem Talent zeugt, in der Ideologie jedoch eine Menge Bullshit verkauft, was auch insofern bekräftigt wird, dass die meisten in jener Montage aufgeführten Gespräche seiner Improvisation geschuldet sind. Spätestens dann kommt man nicht umhin, Fletcher als Abbild Gibsons zu verstehen, an dem sich sodann der paranoide Stalker sowie der keck-urbane Held der Herzen entfaltet. Die intensive Wahrhaftigkeit im Spiel wird also schon ambivalenter Schauwert genug für mehr als zwei Stunden an Laufzeit, doch während der Film daraus Momente schöpft, die zwischen Humor und Psycho pendeln, entwickelt er eben noch einen Plot defensiver Regierungskräfte, die Jerry schnurstracks auf der Spur sind, sobald er quasi per Zufall eine vertuschenswerte Wahrheit in Umlauf bringt, selbst wenn sie nur an die fünf Leute erreicht. Die Gegenmaßnahmen der CIA und deren sinesteren Unterorganisationen muss man in ihrer Auffälligkeit schlicht als naive Fantasie empfinden, so wie der mysteriöse Dr. Jonas (Patrick Stewart) das MKUltra an Jerry manifestieren lässt und zudem Alice Sutton (Julia Roberts, die schönste Frau der Woche), eine Mitarbeiterin des Justizministeriums, hineinzieht. Die ist zuvor schon der Lichtblick Fletchers, welcher sie vom Taxi aus mit Fernglas in ihrer Wohnung beobachtet, via Frankie Vallis „Can't take my eyes off you“ idealisiert und sie auch mit aufbrausender Dringlichkeit mehrmals in ihrer Kanzlei aufsucht, um angehört zu werden und vielleicht noch ein Bild von ihr für seine Wand-Collage an Merkwürdigkeiten zu erhaschen. 


Alles Vorzeichen einer Verbotsverfügung - stattdessen aber baut sich jene pervertierte Ausgangslage daraus kontinuierlich ein Caper auf, wie es weniger auf der Realität als auf der Unwiderstehlichkeit des Hollywood-Baukasten basiert, selbst obwohl Carter Burwells Score durchweg an die ungewissen, inneren Zustände der Coen-Brüder-Filme erinnert. Gut also, dass der Begriff Liebe in diesem Fall distinktiv zum Überbegriff „Geronimo“ umgemünzt wird, der so sehr an die Überhöhung glaubt, dass er auch mehrmals zufällig à la „Nummer 23“ vorkommt. Aber ja, es wirkt schon widersinnig, wie sich Frau Sutton in diese Angelegenheit einmischt, an Fletchers Ängsten eine Wahrheit vermutet und ihm auf jeder Ebene der Flucht behilflich wird, je mehr Signale sich zum Verschwörungsthriller verdichten. Regisseur Donner besitzt angesichts dieser Irrationalitäten jedoch ein gutes Händchen dafür, einen ansprechenden Strom an audiovisueller Gestaltung zu ballen, wenn es um die Vereinigung vieler gegensätzlicher Berührungspunkte und Emotionen geht. Action, Spannung, Gags, Euphorie und Verwirrung, Angst und Zuneigung: Im souveränen 1997-Gewand bleibt sich der Stil stringent treu, sei es durch die Erdung im variabel genutzten Realitätsbezug oder durch die Stroboskop-durchfluteten Ereignisse um Fletcher, der mal mit hochgeklebten Augenlidern sowie im Rollstuhl sitzend Treppen runterstürzt oder ein andern mal mit Kotze im Gesicht durch den Wäscheschacht eines Krankenhauses düst - da ist's nur die Spitze des Eisbergs, wenn er Dr. Jonas die halbe Nase abbeißt. Man merkt, dieser Film ergibt sich seiner bizarren Natur, erst recht, wenn Alice Sutton bei Fletcher zuhause ankommt und die volle Bandbreite seines Paranoiker-Apparats feststellt, bei dem jeder die Flucht ergreifen würde, sie jedoch sogar bleibt, nachdem ihr sich durchweg seine gar posttraumatischen Neurosen offenbart haben. Nicht, dass sie ein völlig willenloser Charakter wäre, der alles ungefragt mitmacht, doch der Film macht es sich letztendlich zu einfach mit ihr - sie übernimmt auch einige seiner Tricks, die gegen die Machenschaften der CIA durchaus von Vorteil sind. Weil diese Konstellation aber ebenso noch nicht genug an Inhalt für den Film ist, versucht Fletcher zudem, sie an ihre Leidenschaft des Pferdereitens zu erinnern, damit sie ihr wahres Glück wieder erwecken solle und er im Sinne des Films nicht vollends wie ein gruseliger Spinner rüber kommt. Neben allen Bestätigungen seiner Theorien wird das auch damit deeskaliert, dass knapp ab der zweiten Hälfte soviel Ernst vorherrscht, anhand dessen man sich gepflegt in der detailliert aufgedeckten Rationalität bisheriger Ereignisse ausruhen darf, ehe ein Showdown feinster Verknüpfungen auf kernige wie kitschige Erwartungen zugleich eingeht. Der Epilog dazu bringt die Verstrahlung schlüssig grenzdebil zum Vorschein, dass es schon wieder was Sympathisches inne hat, wie sich das Verrückte als Realität ausgeben darf, wie soziopathische Zustände in eine Hollywood-Unschuld gebettet werden und wie überhaupt diese ganzen falschen Zutaten (ganz gleich, wie weit man mit Jerrys Theorien übereinstimmt) eine interessante Filmerfahrung ergeben. Einen Freifahrtschein möchte man „Fletchers Visionen“ deswegen wohlgemerkt noch lange nicht austeilen, wenn man die reellen Hintergründe dazu reflektiert, was Milieu und Hauptdarsteller angeht.




Nicht ganz so problematisch kommt Tsui Hark mit seinem „The Master“ daher, einem Jet-Li-Vehikel, das im Originaltitel „Wong Fei Hung '92 Ji Lung Hang Tin Gwong“ wohl sowas wie eine Verbindung zu Li's Charakter historischen Ursprungs in „Once Upon A Time in China“ herstellen will, im Grunde aber wieder eine dieser goldigen Beispiele filmischen Schaffens abgibt, die mit der Action-Sprache Hongkongs Amerika zu entziffern versucht. Natürlich bin ich als hiesiger Zuschauer an sich schon ein Außenstehender, der via Medien auf die USA blicken darf, doch Harks Interpretation der Erwartungen an jene Nation ist nicht minder auffällig wie z.B. jene der israelisch-stämmigen Cannon Group. Das gilt natürlich auch, um im Genre zu bleiben, für John Woos Exkurse im amerikanischen Genrekino, obwohl er sich bis zu einem gewissen Grad an dieses anzupassen verstand. Hark bleibt größtenteils extern, wie er L.A. für seine inszenatorischen Ansprüche aufbereitet, doch manche Charaktere, die angesichts solcher Umstände Stereotypen abgeben müssten, sind trotz Cartoon-Faktor beinahe schon wahrhaftig beobachtete Signale ihres Zeitgeists. Man siehe z.B. den Shootout auf einem Parkplatz, bei dem einige Autofahrer quasi aus Gewohnheit nicht auf die vielen Schusswechsel und Kämpfer um sie herum zu reagieren scheinen. Bei anderen Eindrücken hingegen wird nicht mal unbedingt auf Klischees zurückgegriffen, da Harks Realitätsbezug stattdessen eine Vielzahl an Situationen entwirft, die schlicht in keinerlei Muster passen. Das fängt bereits in der Etablierung an, in welcher Akrobatin Anna (Anne Rickets) einer Rivalin das Bein stellt und deswegen vom Verein ausgeschlossen wird, später jedoch Tak (Wah Yuen) zur Hilfe kommt und dennoch im Verlauf beinahe völlig vom Film vergessen wird. Jener Tak, ein chinesischer Mediziner mit Kampfsporterfahrung und eigener Apotheke auf den Straßen von L.A., der sich eigentlich nicht helfen lassen will, hat währenddessen mächtig Schwierigkeiten mit seinem ehemaligen Schüler Jonny (Jerry Trimble), der - wohl Vokuhila und Business-Suit geschuldet - keinen Respekt mehr vor ihm hat und deshalb alles kaputtmacht, wie er überhaupt jede gegnerische Schule oder derartiges in den Boden stampft. Die simple Motivation des Bösen ist schon der pure Aberwitz, mündet dementsprechend auch in ein Kampfspektakel-Setpiece, an dem soviel kunstvoll zu Bruch geht, wie auch Scherben nicht nur einmal Blut spritzen lassen. Später werden an derselben Stelle auch Polizeiwagen von allen Seiten eingetreten, vorerst aber kommt per Flugzeug Jet (Li) an, den ein Hulk-Hogan-Klon zuerst als Taks Sohn zu identifizieren glaubt, der aber eben auch nur seinen alten Shifu besuchen will. Auf den Weg dahin wird er zunächst von drei Latino-Gangstern (mit tollem Graffiti-Karren) ausgeraubt, die er mit seinen Martial Arts so schwer beeindruckt, dass sie ihn selber als Shifu wissen wollen. Auch wenn das anfangs als Running Gag gedacht ist, wird daraus noch eine gegenseitig bereichernde Freundschaft, so wie Hark dann auch die Integration von Chinesen im urbanen Alltag L.A.'s betrachtet. Interessant ist da schon ein dicker Taxifahrer, der mit einem fehlerhaften Taxameter hadert, weshalb ihn Jet der Wucherei beschuldigen möchte, obgleich der Fahrer die Kosten der Verwirrung wegen von Vornherein auf sich nehmen will. Hier spalten sich schon Erwartungen, gefolgt von der Erkenntnis, dass eine durchweg von Chinesen geleitete Bank für die Pfändung und Schließung von Taks Laden verantwortlich ist, nachdem dieser auf der Flucht vor Jonny bei Anna untergekommen war.


Im Endeffekt lernt Jet auf diesem Wege May (Crystal Kwok) kennen, die von ihrem Boss und Liebhaber Paul (George Cheung) so betrogen wird, dass sie sich wiederum auf Jets Seite schlägt, während der eben versucht, Tak zu finden und den Laden wieder auf Vordermann zu bringen, obwohl sein Touristen-Visum allmählich abläuft und eine rivalisierende Rasta-Gang - vor der er Cito (Rueben Gonzáles), Ruben (Guy Fadollone) und Mouse (Derek Anunciation) verteidigt hat - ihm auf den Fersen ist. Das geht soweit, dass die ihm selbst bei einer regulären Busfahrt auflauert und somit Blei und Blut vom reinen Impuls her auf die Leinwand stürzen lässt, bis hin zu Drive-by-Shootings, bei denen Jet auch Jonny rettet. Der jedoch bleibt stur, ihn und seinen Meister Tak zu vernichten, weshalb Jet seine versammelten Kollegen nun auch ein bisschen in Kung-Fu unterrichtet, was sowohl Harks visuelles Flair als auch manch weitwinkligen Honk-Faktor in sich vereint. Zudem kommt in kleinen Schritten eine gewisse Romanze zwischen Jet und May zustande, die aber entweder darin ausartet, dass sie bei argen Fahrübungen auf dem Highway von der Polizei angehalten werden (ihr Jeep hat übrigens einen Ninja Turtle am Fenster hängen) oder dass Jet einfach gar nicht mitkriegt, dass sie etwas von ihm will. Aber gut, der wundert sich auch, warum es so dunkel ist, wenn er eine Sonnenbrille trägt. Obskures Witzgut und gleichsam irre Action wechseln sich also enorm kurzweilig ab, was angesichts des Ambientes durchaus an einige Werke Godfrey Hos erinnert (siehe „Honor and Glory“), sich aber weit wildere Eskapaden der Ressourcennutzung leistet. Renny Harlin hätte sich also durchaus etwas davon abgucken können, so wie Hark mit choreographischem Überfluss und brachialem Körperkontakt die Parteien gegeneinander antreten lässt, Ip-Man-artige Kämpfe vom Einzelnen gegen Mehrere aufzieht und dabei auf den Synth-Sound der Ära schneidet, den Klimax sodann an die Spitze eines Wolkenkratzers verlagert, wie er sie in der Optik stets ehrfürchtig repräsentiert und seine Charaktere gewiss gerne an deren Höhenkoller abhängen lässt. Mitten drin greift er dann aber auch zur ihn auszeichnenden surrealen Willkür, lässt Jet wie aus dem Nichts erscheinen, wenn ein Haufen Handlanger Tak übermannt, sein Schüler aber aus der Belagerung herausspringt. Auch wenn es dann tiefer in die Eingeweide des Wolkenkratzers geht, Schuhe in Rädern stecken bleiben, weitergekämpft wird und die Scherben wieder ihre Aufwartung machen, bis Jet sie in ihrer noch so tief im Arm steckenden Länge ohne Weiteres herauszieht, kommt man zweifellos ins Zweifeln. Hark versteht es eben, gleichzeitig zu erstaunen, zu erheitern und zu verballern, was seinen Hybrid zur reizvoll enthemmten Sause macht, im selben Atemzug aber auch kraftvolle wie rasante Energien an Kampfsport und Zerstörung ballt. Solch ein Culture Clash kann eben nur perplex in seiner Kohärenz verlaufen, aber neben dieser formalen Unruhe bleibt letzten Endes dann auch noch eine Herzlichkeit untereinander, die zum gegenseitigen Verständnis kommt und neue Horizonte erblickt. Die Ideale des westlichen Kinos, ein Stück weit am Kitsch entlang, hat der treue Tsui Hark eben auch sonst in der Handschrift verankert, doch sein ungehaltenes Temperament macht diesen Blick auf die Facetten von Los Angeles und Amerika insgesamt erst so verrückt, dass man sie fast schon als glaubwürdig im Land unbegrenzter Möglichkeiten empfinden kann.

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