Sonntag, 16. Oktober 2016

Tipps vom 10.10. - 16.10.2016 (Spektakel USA! - Zweiter Teil)

Labello Leser,
wieder mal schreibe ich Euch auf den letzten Drücker von den Ereignissen und Filmen dieser Woche, in welcher nach perplexen TV-Debatten, erhängten Terroristen, furchtbaren Wetterlagen und etlichen parasitären Hashtags erneut die Frage gestellt werden muss: Was soll das eigentlich alles noch bringen? Gut, zum Ende dieses Blogeintrags wird Frank Capra einen Meisterspruch ins Gewissen schießen lassen, den man stets bestätigt sehen kann. Spoiler: „No man is a failure who has friends.“ - und ehrlich gesagt, war Freundschaft auch die Quelle meiner schönsten Erlebnisse in diesen Tagen (siehe u.a. „Der Hund im Film“), obgleich ich nicht mal die nötigen Mittel zusammen gekriegt habe, um es am Wochenende aufs diesjährige Indigo Filmfest zu schaffen. Es gab noch die eine oder andere Enttäuschung mehr (die größte: Tsui Harks „Die letzte Schlacht am Tigerberg“), welche ich hier ausbreiten könnte, aber im Endeffekt sind die privaten Dramen so nichtig, dass ich von Vornherein viel mehr Spaß daran habe, herauszufinden, was eine so massive Angriffsfläche wie Amerika für einen chronisch-eskapistischen Undercut-Träger wie mich so krankhaft und reizvoll macht. Aus diesem Grund habe ich also erneut meine Außenseiterglubscher verstärkt über den Teich hinweg auf Jahrzehnte der Nation im Film gerichtet, auf dass das „Spektakel USA!“ nun knapp einen Monat später eine angemessene Fortsetzung erhält und analysiert, was sich (wenn überhaupt) aus dem wahllosen Potpourri an Eindrücken, auch fürs Leben außerhalb Amerikas, lernen lässt. Meine schriftstellerischen Ambitionen sind aber, wie man sich bei einem wöchentlichen Output wie diesem hier vorstellen kann, nicht immer ein einziger Segen, da ich mich mental irgendwie jedes Mal erst auf Hochtouren bringen muss, um knapp 700 Wörter für einen Film schreiben zu wollen, da ich noch immer von Vornherein stets in frage stelle, ob es überhaupt hinhauen, gar gelesen oder veröffentlicht wird. Aufregung und geistige Schranken sind also Wiederholungstäter, die ich mit Energydrinks, KitKat und „am Samstag werde ich alles aufschreiben“ zu stillen versuche, während man auch noch damit umgehen muss, überhaupt erstmal gute Filme zu erwischen - und wenn man sie erst hat, kriegt man die Panik, ihnen gerecht werden oder zumindest all die cleveren Sachen, die man sich während der Sichtung gesagt hat, in Textform umsetzen zu wollen. Ein Teufelskreis.


In einigen Fällen ist man dann auch ganz froh, wenn ein Film nicht allzu gut ist, um einer genaueren Besprechung unterzogen werden zu können. Sowas wie Steven Spielbergs „Always - Der Feuerengel von Montana“ zum Beispiel ist als himmlische Romanze über die Grenzen der Sterblichkeit hinweg leider nicht so ergiebig, wie man es sich erhofft. Ein kecker Richard Dreyfuss kann sich da irgendwie nie auf Augenhöhe mit dem Zuschauer treffen, obgleich Spielberg trotzdem einen Pathos zwischenmenschlicher Nostalgie an der Sehnsucht zu Holly Hunter stilisieren will, die aber wie alles am Film durch ein arg kalkuliertes bis lebloses Melodram plätschert, welches als „Unglaubliche Geschichten“-Episode schon passives Interesse hervorgerufen hätte, hier jedoch nur im technischen Aufwand die meiste Sorgfalt erhält. Audrey Hepburn als Engel Hap kann jetzt auch nicht soviel reißen. Oder halt Doug Limans „Swingers“, derart geballt als Produkt der Neunziger konzipiert, dass es keinen Hehl aus seinem Good-Fellas/Tarantino-Abklatsch macht, in der persönlichen Reflexion des jungen Jon Favreau als sensibler Typ mit Ex-Freundin-Komplex sodann allzu gerne von der behaupteten Coolness und Abgeklärtheit der Leinwandhelden lebt, bis der Umgang mit Frauen einen genauso ausgedachten Gegenentwurf über die Nachahmung hinweg erfordert, der wiederum alles am idealisierten Abbild der Ära bestätigt und Eigenständigkeiten in gewollt kultigen Dialogen zu entdecken glaubt. Selten wird man einen Film sehen, der jenen Zeitgeist der hängengebliebenen Pubertät sowie seine Lebenserklärungsversuche so kapital trifft, aber auch verinnerlicht und (nicht nur dem Verständnis der Geschlechter wegen) retroaktiv mega ungeil macht - ohnehin bleibt dann die Frage, ob Favreaus unpersönliche Filme vielleicht seine einzig Guten sind. Ich schaudere schon vor „Made“. Wie dem auch sei, ist eine Ära nicht durch einen einzigen Film kaputt zu machen, weshalb das Spektakel USA sodann zu folgenden Werken einlädt, an denen ich meine behaupteten Lebenserklärungsversuche abarbeiten kann - wie eh und je voller Fremdwörter und Schachtelsätze, gelobt sei das Bloggen!




Todd Haynes war mit „Safe“ um 1995 herum vielleicht einer der ersten wenigen Regisseure, die einen haarscharfen Revisionismus an den Achtzigern ausgeübt hatten. Denkt man an jene Ära zwischen Reagan und Bush Sr. zurück, fällt einem höchstens verstärkt der satirische Ansatz ein, mit dem die kulturelle Selbstreflexion sich selbst in medialer Form zu sezieren pflegte (siehe nächsten Film). Haynes bietet sich zwar ebenso zur bitteren Ironie an, als könne man ihn beinahe mit Todd Solondz verwechseln (ist mir schon einige Male passiert), doch der psychologische Horror, den er am Abbild jenes kontemporären Amerikas zeichnet, ist nochmal eine andere Liga. Das San Fernando Valley (bewusst in der Spätphase um 1987 eingefangen) ergibt sich insofern als Schauplatz fingierter Zufriedenheit und erkälteter Sozialmodelle, im Korsett stylischer Architektur und ebenso hipper Tagesabläufe von Aerobics bis hin zum Dinner mit angeblichen Freunden geglättet, welche von Kopf bis Fuß die Oberflächlichkeit feiern, gleichsam gute Ratschläge zur Problembehandlung geben können, die im forciert-optimistischen Aufwärtsschwung der Reaganomics keine Zeit haben für Details oder gar Neuigkeiten außerhalb aller aufgesetzter Ideale. Julianne Moore als eine Carol von mindestens zwei in Haynes' Filmographie droht darin zu ersticken, als Hausfrau dem Wahnsinn zu verfallen, obgleich die Gründe dafür eher vage gehalten werden, sicherlich an der Gesamtheit des Zeitgeists kranken sowie von einer permanenten Vernachlässigung gekennzeichnet sind, die schon von Ehemann Greg (Xander Berkeley) sowie Stiefsohn Rory ausgeht und auch nie im für gewöhnliche Filme typischen Charakterwandel zur Läuterung bewogen wird.


Das Prozedere geht hier ohnehin keinen festgelegten Weg ein, so wie man aus den ersten Deutungen Richtung Melodram à la „Opfergang“ glaubt, einem Aufbau an individuellen Charakterstärken beizuwohnen, ehe Haynes seine Carol im Wendekreis der Selbstlüge zur Verwahrlosung durch New-Age-Quacksalber anleitet. Das ist kein leichtes Risiko, so wie jene Frau von Anfang an mehr wie ein Prototyp der Naivität und Unschuld scheint, ihrer Selbstzerstörung unbewusst durchs System gereicht und somit auch funktionell für Haynes' Interpretation der 80er wird. Die effektive Musikgestaltung, wie in zeitgenössischen Hongkong-Horrorfilmen mit Brian Eno ausgestattet, weist da ebenso von außen den Weg innerer Tragik, welche omnipräsent um den gesellschaftlichen Schein des Seins wabert, auf dass mehrere Hüllen der Wahrnehmung hier ihr Spiel mit dem Zuschauer treiben und sich kritisch begegnen. Jene entschiedene Subjektivität gleicht sich aber noch insofern mit Carols eigenem Wesen ab, wenn der Smog der Stadt so eindrücklich auf sie abfärbt, dass ihre kontinuierlich ansteigende Krankheit eben durchaus von dort rühren könnte, auch wenn es sich rational gesehen des Öfteren widerspricht. Psychotherapeuten und Toxikologen wissen ebenso keine klare Diagnose zu stellen, also ist der nächste Schritt bei einer so losen Definition wie jene zu Carols MCS/Twentieth-Century-Disease eben unqualifiziert und hoffnungserweckend zugleich, wie garantiert schnell das Selfhelp-Prinzip in geradezu kultischen Gruppensitzungen die Heilung verspricht. Nicht, dass der Grad der Verzweiflung da abbrechen würde, wenn die Berührung mit alltäglichen Gegenständen, Produkten und sogar Menschen zum No-Go wird, die Angst als ständiger Begleiter auf die Lippe beißen lässt, sprich eine einfache Frau manipuliert, die im Angesicht horrender Nachrichten um Immunschwächen und Co. auf wenigstens eine Anlaufstelle des Vertrauens treffen möchte.


Der Paranoia im Geiste spürt Haynes schon binnen der kahlen Kulissen des Wohlstands nach, wo die Farbe eines Sofas schon profunden Stress mit sich bringt und die hypnotisch körnenden Wellen des Fernsehens wie die Ruhe im Gift schlechthin wirken. Die körperliche Unberechenbarkeit, die Carol erreicht, geht ebenso ins Mark, wenn der Kontrast der erzweißen Dauerwellen-Gefälligkeit in behaupteter Empathie versammelt drum herum steht. Der Dauerzustand des Zynismus kommt mit der Realität eben kaum klar, was sich auch beim Personal der Wrenwood-Klinik zeigt, das seine Patienten pseudo-experimentell formt und Individuen mit Floskeln abspeist, während das Leiden zum Geschwür manifestiert, das Beharren auf Safe Places einen Teufelskreis der Abschottung schafft, in dem der Tod beinahe schon eine Chance für den nächsten Zerfall ergibt. Zeitgleich mit dem mentalen Bruch in jenen Verhältnissen erfährt Carol jedoch auch genuine Nettigkeiten im Kreise der Selbstgeißelnden, mehr noch als in der eigenen Familie, innerhalb derer Gatte Greg eher hilflos als wirklich antagonistisch zumindest um eine Umarmung fragt. Gegen Ende hin sind die Fronten sogar zugänglicher als zuvor zueinander, wie ein Vorzeichen für die 90er Jahre weiter zur Menschlichkeit schreitend und doch nicht ganz an der Wahrheit dran, wenn die Außenwelt dafür zudem komplett abhanden kommt. Sicherheit als illusorischer, temporärer Begriff selbsterfüllender Prophezeiungen - zu der Komplexität hat Haynes eventuell dann eben auch keine stimmige Aufklärung parat, so wie er zunächst noch den Grundton des Desolaten stilisiert, im Verlauf jedoch vom Entschiedenen abweicht und trotz seiner grausamen Pointen der Entmenschlichung selber schon im eigenen Film verloren/draußen wirkt, Carol ebenso wie ein Opfer ihrer selbst stehen lässt. Harter Stoff! Die Übernahme des Narrativs sowie seiner Implikationen passiert wohl an allen Ecken und Enden, deshalb wirkt auch der Abspann wie ein letzter Blick durch den Spalt finsterer Mauern, aus sicherer Distanz im Schrecken des vergegenwärtigt-vergangenen Daseins zurückgelassen.




Daraufhin wieder direkt in die Achtziger zurückzublicken, könnte in manchen Fällen kontraproduktiv wirken, doch bezüglich Danny De Vitos „Der Rosenkrieg“ wäre ein Hinauszögern schon mal ein Riesenfehler - ganz so wie eine Ehe. Mit kräftigem Biss kaut sich die Satire nämlich durch alle Lagen einer Scheidung, bis der Tod ins Eigenheim fährt, vorher aber lässt es der Film nicht aus, wenigstens die genuine Grundlage für eine stattgefundene Liebe binnen Multiorgasmen bewusst zu machen. De Vito tritt dafür sogar in zweifacher Form als Erzähler auf, ist er doch neben seiner regieführenden Funktion als Sleaze-Anwalt und messerscharfer Mittler Gavin D'Amato vertreten, der seinem neuesten Klienten die Geschichte der Roses, sprich Oliver (Michael Douglas) und Barbara (Kathleen Turner), rekonstruiert. Solch eine Perspektive darf sich stilistisch in den Kosmos katapultieren und hebt durchaus mehrmals vom Erdboden ab, voll mit groß aufgespannten Studiokulissen, krassen Perspektiven und Rückprojektionen zur Repräsentation der überlebensgroßen Ambitionen im Wohlstandsamerika innerer Spaltung, das sich eine pompöse Vasenanbaureihe nach der anderen leistet. Eine richtig schöne Stilübung per Split Focus Diopter (der deutsche Begriff ist mir entfallen, sorry, bros) verknüpft sich zudem mit den Grundpfeilern charakterlichen Bezugs, wenn beide Parteien ebenbürtig scharf im Bild bleiben, die jeweiligen Positionen auch narrativ dem Schlagabtausch harren, sprich dass die Dimensionen an Persönlichkeit, Wunschdenken und Enttäuschung stets greifbare Rahmen erhalten. Dass sich unser Paar aber beim gegenseitigen Aufbieten innerhalb einer Auktion kennenlernt, sollte schon Auskunft darüber geben, um was sich in Zukunft noch gestritten wird, wenn das kapitalistische Konsumgewissen in vollen Zügen zuschlägt, mit Stufen des Glücks süchtig macht, wie Hund und Katz entzweit.


Jenes Verhältnis ist dann auch der Antrieb für einen treffsicheren Strom der Beobachtung, in dem die Eskalation des Zynismus für abnormal viele garstige Pointen sorgt, von jeder Seite der Ehe einen Umgangston aus der Hölle der Zweisamkeit schöpft, ohne das Menschliche an ihnen aus den Augen zu verlieren (etwas, was das französische Quasi-Remake „Mama gegen Papa - Wer hier verliert, gewinnt“ gar nicht erst versuchte). Inwiefern sich da die Sympathien des Zuschauers immer wieder untereinander verschieben, wird aber auch kein absehbares Unterfangen - obgleich sich die Handlung vom Ursprung her eher auf Barbaras Seite schlägt, ihre Sehnsucht zur Eigenständigkeit empathisiert und Oliver eher als rücksichtslosen Trottel des narzisstischen Zeitgeists zeichnet, sind deren beiderlei Ansätze zum Umgang mit der Scheidung in etwa Zerfleischungsakte mit Zyankali (oder Haustier) zum Nachtisch. Wer das Haus und dessen Mammutsmemoriblia bekommt, wird sodann der größte Streitpunkt eines kontinuierlichen Zerfalls, bei dem das Prinzip familiarity breeds contempt schon seinen stimmigen Anteil des puren Hasses liefert, beim Herzinfarkt des Gegenübers Endorphine ausstoßen lässt, im Gegenzug nachvollziehbar verletzt, ehe der Kampf um das Selbstverständnis der Egos alle Körper brachial durch die Gegend schmeißt. De Vito ist diese Aufregung Gold wert, Höhen und Tiefen der menschlichen Spezies in der Selbstreflexion zum Heidenspaß zu gestalten, welcher Idiotie und Sadismus gleichermaßen vereint sowie auf jedermanns demütigende Ader umgemünzt werden kann, wenn Güter und sozialer Status die Gefühle bestimmen, bis diese mit Schmackes in der Fresse landen. Oliver hat halt nach Schlägen verlangt, weil's männlich ist.


Die inszenatorische Dynamik steigt dafür nach dem Formate Beelzebubs ins Geschehen ein, involviert im Überschwang bestialischer Dualität mit oscarreifen Sounds und brutalisiert-schlichten Eindrücken, die auf Fische pissen, Jeeps aufs Oldsmobile einrasten lassen, Katzen überfahren, inzestuöse Küsse suggerieren, Weihnachtsbäume abfackeln, Füße in verschiedenen Tempi zur Leistengegend beordern und Kronleuchter zu Boden zwingen, wobei die lakonische Qualität in Dialog und visueller Abgeklärtheit als Kontrast umso brülllauniger heraussticht. Die blutgeile Entlastung in der Katharsis für den Zuschauer ist da selbst bis zum Schluss der Rahmenhandlung gegeben, dass man der Schnee herbeizaubernden Moral der Geschicht' zweifellos abnimmt, sich selbst nicht allzu ernst nehmen zu wollen - die eigentliche Nähe zum Prozess des Abschlachtens aus vergangener Liebe jedoch, so unbemerkt und überspitzt sie auch erscheinen möge, macht erst die saftige Blutwurst des Films aus, so intensiv er an der Bosheit in der Bindung bohrt und die Ironie der gesamtmenschlichen Zuneigung binnen der Abhängigkeit von Monetenmengen offenbart. Dass das Bekenntnis zum menschlichen Abfallhaufen eben nicht ausschließlich einen Hort des stillen Leidens abgeben muss, spannend daherkommt und turbulent um die eigene Existenz wetzt, bekräftigt zudem eine Euphorie zur menschlichen Existenz, die De Vito als Regisseur komischerweise selten angerechnet wird, obwohl sein „Rosenkrieg“ durchaus einen Bekanntheitsgrad, jedoch keinen wirklichen Evergreen-Status errungen hat. Wahrscheinlich war das Wiedererkennen finsterer Krätze manchen Zuschauern dann doch zu viel fürs Ideal im Strudel der Achtziger - umso inniger lässt sich die Selbsterkenntnis knapp 30 Jahre später empfangen, wie stark und gemeinsam am gegenseitigen Abtreten gearbeitet werden kann.




Wir verbleiben sodann weiterhin in Amerika, um einen weiteren unterschätzten Vertreter seiner entsprechenden Ära zu würdigen. Als Teil einer Trilogie an Filmen ist „Jackass: Nummer Zwei“ vielleicht sogar die Spitze des Eisbergs für jenen Widerspruch binnen der USA, selbst im omnipräsenten Zwang der Autoritäten krass grelle Anarchie leben zu können. Vieles kommt dabei in Jeff Tremaines Ballung an Daredevil-Persönlichkeiten zusammen, was die mediale Unsterblichkeit von Humor und Eigensinn angeht, während zeitgleich unter George W. Bush Krieg, Korruption, Angst vor Terror und Armut fruchteten: Basierend auf der MTV-Sendung ab 2000 macht es sich der Freundeskreis um Johnny Knoxville, Steve-O, Bam Margera und Co. zur Aufgabe, beknackte Stunts und teilweise vollgekackte Streiche auszuführen, die Richtung Gross-Out und Co. einen weiten Bogen ums körperliche Wohl machen, darin beinhart die gegenseitige Belustigung finden, wenn untereinander zu Mutproben motiviert wird, die durchweg mit cartoonesken Umrahmungen und Verkleidungen zur Pointe bewusster Hohlbirnen aufrufen. Manche darin gesetzten Kontraste sind schon so steinalt und effektiv wie alle noch vor dem 20. Jahrhundert in Steinplatten geritzten Grundlagen der Komödie, hier auf Bollwerke zelebrierter Selbstzerstörung fixiert, wie sie die Looney Tunes oder Tom und Jerry per Zeichentrick anboten, nun per Räudenfaktor eine erneut arg konservative Gesellschaft be-/unterwanderten, die davon nicht genug kriegen konnte. Insofern bildet sich hier repräsentativ auch das Bindeglied zwischen dem Phänomen der Reality-TV-Schwanzlurche und der kommenden Generation an Internet-Pansen, deren virale Clips nicht allzu fern von Jackass' Vignettenstruktur, somit eben auch vom Kurzfilmschub der einstigen Kinocartoons aus agieren.


Da passt es nur zu gut ins Bild, dass „Jackass: Nummer Zwei“ - für viele (nicht nur besorgte Bürger) schon eine Unmöglichkeit, dass jenes Konzept eine Fortsetzung produzieren konnte - sowie Youtube beidesamt 2006 auftraten, jemand wie Steve-O inzwischen zehn Jahre später als Gast bei einem Let's-Play-Kanal wie Game Grumps auftaucht und Schockcomedy-Kanäle wie FilthyFrank oder Maxmoefoe alle Grenzen dieses Undings „Guter Geschmack“ sprengen, Millionen Abonnenten horten. Abseits vom offensichtlichen Erbe des Nachäffens ist der Film an sich noch immer ein geladenes Bündel an genitalen Einfällen und abartig witzigen Grausamkeiten, das schon in der Eingangssequenz mit brutaler Wucht aufs Zwerchfell einschlägt, die Unberechenbarkeit wilder Tiere im Gesamtkonzept vorweg greift und bezeichnenderweise eine Vorstadtkulisse dafür verwüstet, in die sich unsere Heini-Helden des Sadomasochismus auf der Flucht vor wilden Bullen verirren. Im Folgenden ist sodann auch alles zum Abschuss freigegeben, um die Selbstverwirklichung der amerikanischen Freiheit/Saftsackqualität voranzutreiben: Arschlöcher zum Bierschlucken, die Haustreppe als Schlittenhügel, Türklingeln als Köder für Schläge mit hydraulischen Schaumfäusten, Pferdesperma als Getränk und Pferdescheiße als Zwischenmahlzeit, Angelhaken als Wangenpiercing, Blutegel für die Augapfelbehandlung, etc., etc., die Liste geht bis zu 90 Minuten Länge weiter. Darin enthalten sind aber auch grandiose Installationen des Todesmuts à la Evel Knievel, wie die Wippschaukel im Stierrodeo, Loopings fürs Mini-Moped und Abschussrampen für Rollstühle mit Raketenantrieb. Für Inklusion ist also durchaus gesorgt - musikalisch auch Slayer, Turbonegro, Elvis, Morricone, Strauss und Karon O vereint -, wie zudem die Schattenseiten Amerikas einen schnittigen Auftritt hinlegen, wenn ansonsten für Demonstranten gedachte Massenabschreckungsanlagen mit Gummigeschossen an den Protagonisten ausprobiert werden. Der Höhepunkt ergibt sich in der Veräppelung der Terrorgänsehäute, wenn Danger Ehren als fingierter Al-Quaida-Araber einem Taxifahrer Angst machen soll, dieser aber als Eingeweihter zurückschlägt, den Stereotyp am Schauspiel runterputzt und alles noch dadurch getoppt wird, dass der falsche Bart aus den Sackhaaren der Crew besteht. 


Pranking the prank passiert hier ohnehin mehrmals auf Kosten potenzieller Eitelkeit (vor allem beim verkappten Emo-Tool Margera), so kichernd entgegengenommen wie das gegenseitige Bewerfen mit Medizinbällen im Dunkeln, eben dem Showfaktor der latent-homoerotischen Buddies wegen, die beinahe ständig Matrosenmützen als Topoi des glucksenden Dumpfbackentums auf die Murmel platzieren. Das nennt man Hingabe, welche sich gleichsam nicht vor nackten Tatsachen scheut, stets auch am Schamgefühl fingert, wenn im Bad-Grandpa-und-Grandma-Kostüm schlapprige Brüste und Hodensäcke aus Versehen an die frische Luft geraten, fassungslose Reaktionen aus allen Gesellschaftsgruppen eingefangen werden, während „Fuck the pain away“ von Peaches auf der Tonspur bratzt. Wundert es da noch, wenn John Waters auftaucht und Wee Man per Zauberstab verschwinden lässt? Dass Johnny Knoxville T-Shirts mit dieser Katzen würgenden Schweinebacke Woody Woodpecker als Motiv vorführt? Oder dass die große Musicalnummer zum Schluss („The Best of Times“ aus „Ein Käfig voller Narren“) einen Technicolor-Querschnitt vom Showbiz zum kleinen Mann hinüber zur Ära des Westerns macht, bis Knoxville Buster Keaton hommagiert und wie seine Zeitgenossen von einem Seil über die Bühne geschossen wird? Alle Hände greifen hier eben in die Bärenfalle, lachen, schreien, furzen und feiern dem Schmerz entgegen - der Kurzweil regiert unter sich selbstverstümmelnden Kerlen, welche ihre Maskulinität ad absurdum ins Vollhonkterritorium treiben und als Fortsetzung ihrer selbst sowie der gesamten Humorevolution Amerikas stehen, auch wenn sie selber passiv proklamieren: „Fuck art, let's dance!“ Ist eben alles an ihnen selbstverständlich wie subversiv im Lifestyle verankert binnen der patriotisch-prolligen Counter-Culture-Stuntmen-Posse, die querbeet schwachmatisch um den Globus turnt oder zuhause im Sturz von antiken Fährrädern verreckt.




Weiter und wahrscheinlich als letzte Instanz seiner selbst fährt das aktuellste Sujet dieser Woche auf, da „Phantasm: Ravager“ eben als fünfter „Phantasm“-Teil den Abgesang auf Don Coscarellis Horror-Saga darstellen soll. Kollege Daniel Hartman führt zwar Regie, doch das Abenteuer fusioniert vielerlei Faktoren der Reihe zu einem mehr oder weniger stimmigen Ganzen zusammen, das einerseits unter den Markenzeichen des digitalen Low-Budget-Horrors dieser Tage leidet und mit schlapper Kameraleistung übergroße Visionen via After Effects versucht, in der Erdung der Mittel andererseits aber näher am Herzstück des Erstlings liegt, als es alle Fortsetzungen bisher schafften. Der eigensinnigste Umstand aus diesen aber, nämlich dass „Das Böse“ im Verlauf der Jahre zu einem Star-Vehikel für Reggie Bannister umgebaut wurde, bleibt auch hier bestehen. Dass jener Herr im Angesicht seiner potenziellen neuen Flamme Dawn auch betont, wie „epic“ seine Geschichte bis dahin geraten sei, birgt genauso viel Widersinn im Vergleich zum Ursprung, nach dessen hauptsächlich emotionaler Veräußerung eines jugendlichen Traumas weit mehr Augenmerk auf den Mythos um den Tall Man und Co. gelegt wurde. Mit solch einem Fan Service legt der neue Film ebenso zum Startschuss an, lässt vorangegangene Ereignisse unter dem neuen Arrangement des Titelthemas Revue passieren, wobei Reggie in karger Wüstenlandschaft den Voiceover gibt und alsbald von seiner eigenen Coolness sowie fliegenden Silberkugeln eingeholt wird, nachdem er seine alte Karre von einem nerdigen Dieb zurückentwendet hat.


Jene narrative Plattform wird aber jäh unterbrochen und sieht Reggie als greisen Pflegefall im Altenheim wieder, obgleich er sich durchaus fehl am Platze und mit den Erinnerungen eben noch im vorherigen Szenario glaubt. Fortan spielt der Film also mit mehreren Realitätsebenen, durch die sich Reggie durchzukämpfen versucht und daran verzweifelt, ob er nun den Tricks des Tall Man (Angus Scrimm, leider in seiner letzten Rolle) untertan ist oder nicht. Die metaphysische Parade erlaubt sich im kostengünstigen Rahmen auch einige falsche Fährten sowie manch behäbige Neustarts, wenn unser Protagonist durchweg sein Bewusstsein - zu welcher Dimension auch immer - hinterfragt, was dennoch spannender zu entschlüsseln ist als der erhöhte Gore-Anteil, der mehr und mehr Blut aus der Zackenkugel sprudeln sowie Zwerge angreifen lässt, um Horrorbauern ihre Schauwerte inklusive CGI-Nachhilfe zu liefern. Einige effektive Jumpscares tummeln sich ebenso darunter, gekoppelt mit Retroflashbacks wie man sie in der Menge höchstens aus Teil 4 kannte. Am allerliebsten zeigt sich der Film anhand seines Reggies jedoch wieder von dessen unbeholfen charmanter Seite, wenn es um das weibliche Geschlecht geht. Mal mit kecken Gentleman-Gesten aufwartend, mal zu dusselig mit der Tür ins Haus fallend und im hohen Alter noch auf Anfang Dreißig aus, ist er durchaus eine Spur sympathischer unterwegs als die neue Womanizer-Tour von Ash in „Ash vs Evil Dead“ und greift dafür sogar ein paar Mal zur Gitarre, um beseelt schmalzige Songs fürs eventuelle Techtelmechtel zu stammeln. Kurz darauf packt er dann aber auch Samurai-Schwerter, Kettensägen und Knarren in seinen Wandersack ein, um den bösen Kugeln besonders überbordernd einzuheizen, was sich anhand des Production Value eben nie so richtig dynamisch herauspellen kann, aber durchaus an die Jungskino-Ader des Erstlings und parallel dazu an bekannte Ortschaften zurückführt, die alle paar Minuten jedoch ebenso von Greenscreen-Lösungen verebbt werden.


Der Film entspricht qualitativ eben dem Hin und Her eines Klassentreffens, wenn er es sich offensichtlich auch teilweise zu einfach macht und oftmals anhand von Dialogen etabliert, aber dann noch einen drauf setzt, wenn er zur Postapokalypse übergeht, wie es sich Roger Avary einst für Teil Vier vorstellte. Vieles spielt sich dabei in zumindest ordentlich ausgeleuchteten Korridoren ab und bemüht sich um Action auf suggestiv globaler Ebene, doch dankenswerterweise bleiben diese Eindrücke minimalistisch ausformuliert, während Reggie weiterhin in der mentalen Krisis pendelt sowie einige Figuren von früher überraschenderweise ebenso ihre Aufwartung machen. Es sind gewiss recht einfache dramaturgische Strukturen, die alles etwas uninspiriert zusammenführen, doch im Großen und Ganzen sind die bizarren Zutaten der Reihe trotzdem stets so eigen an Ort und Stelle, dass man den Film mit wirklich keinem anderen Genrebeispiel dieser Tage verwechseln könnte. Der grundnaive sowie aufrichtige Hang zu den Hauptcharakteren ist ohnehin über knapp 40 Jahre hinweg eine Konstante geblieben, die aus dem Homemade-Faktor noch ein dickes Herzstück des Persönlichen an die Oberfläche dringen lässt und mir in der Endphase - zum ersten Mal seit Teil Eins - sogar einige Tränchen abringen konnte. Da ist nicht mal ausschließlich Nostalgie im Spiel, sondern noch andere essenzielle Werte wie Freundschaft und Mitgefühl, von denen man ja so oft hört und welche in diesem Film ganz klar aufeinander aufgebaut sind, auch wenn die narrativen Sprünge zunächst einen anderen Eindruck hinterlassen, trotzdem nicht ganz so clever sind, wie sie zu sein glauben. Da ist er wieder, der Frust am Film, der nicht mal unter den noch so unwahrscheinlichsten Umständen etwas Ganzes hätte werden können und doch mehr als etwas Halbes ist. Auf jeden Fall verbleibt er über der Standardambition „Von Fans für Fans“.




Liberty Films - so lautete der profund-amerikanische Name von Frank Capras Produktionsfirma, die abseits des regulären Studiowesens ebenso ganz eigene Projekte, auch auf selbstständigem Vertriebsweg, zu stemmen versuchte. Wie so oft in der Filmgeschichte (siehe American Zoetrope oder gar United Artists) war der Misserfolg dessen wie prädestiniert und beinahe wie ein Omen mit dem Narrativ des ersten Outputs jener Firma, „Ist das Leben nicht schön?“, verbandelt. Dort ist George Bailey (James Stewart) ausgerechnet zu Weihnachten dem Selbstmord nahe, da seinem Familiengeschäft binnen der Bailey-Bonds-Bank der Konkurs sowie rechtliche Folgen drohen, weshalb sein Schutzengel aus den Weiten des Weltalls, Clarence (Henry Travers), die Geschichte seines Lebens erzählt bekommt, ehe er zur Rettung schreiten kann. Fortan erleben wir als Zuschauer ebenso den Werdegang des mittelamerikanischen Stehaufmännchens, welches heutzutage wohl als Gutmensch bezeichnet werden würde, so wie er von Anfang an ohne Wenn und Aber auf seine Mitmenschen achtet und dafür so einiges opfern muss: Sein Gehör auf dem linken Ohr; seine Möglichkeit, aufs College oder gar ins Ausland zu reisen; später sogar eine angemessene Hochzeitsreise. Er lässt sich jedoch nicht unterkriegen, so sehr der raffgierige Mr. Potter (Lionel Barrymore) auch die Macht über die Kleinstadt Bedford Falls zu erhaschen versucht und ihm folglich durchweg das Leben schwer macht, während er nebenbei vielerlei Freundschaften schließt und sogar nach reichlich Zweifeln der Entsagung mit der ganz und gar reizenden Mary Hatch (Donna Reed) zusammenkommt. Selbst familiäre Schicksalsschläge kriegt er angemessen auf die Reihe so wie er auch die Ideale gutgläubiger und ehrlicher Menschen im Auge des Kapitalismus verteidigt, weil es ihm eben nicht egal ist, dafür jedoch in die Fußstapfen seines Vaters treten muss, obgleich er mit seinem Leben noch so viel anderes vorhatte.


So keck und sozial Bailey seine Situationen auch stets aufzunehmen versucht; ausgelassenes Tanzen, Feiern und Flirten nicht ausbleiben: Der Würgegriff des Geldes umweht beinahe jede Phase des Films und wird selbst bis zum Schluss nicht aufgelöst, selbst wenn sich das menschliche Miteinander für bestimmte Zeit aus der Patsche helfen kann, mit was für einer Gesellschaftsform es sich eben arrangiert hat und doch von Capra im Subtext kontinuierlicher Krisen auf konzentriertem Raum hinterfragt wird. Das ist aber auch einer von vielen Aspekten, die in seiner phantastischen Ballung jener amerikanischen Werte Platz nehmen, welche jene Nation trotz nachgeholten Klassikerstatus des Films via endloser TV-Ausstrahlungen seitdem größtenteils vergessen zu haben scheint. Wie zuckersüß und temporeich die Güte hier für selbstverständlich gehalten, Armen und Immigranten jenseits des Profits ausgeholfen wird und der Einsatz eines Mannes soviel Gutes bewegen kann, hat natürlich etwas Märchenhaftes und wird insofern dadurch verstärkt, dass Capra volle Gestaltungskontrolle über seine Kulissen hatte und praktizierte (siehe die Parallelen zu Coppolas „One from the heart“ oder eben „Der Rosenkrieg“) sowie ohnehin ein Abbild an Generationen und Jahrzehnten im Laufe der Zeit zu 130 Minuten Länge darzustellen vermochte. Selbst der Kunstschnee im Film musste für eben diesen erst neu erfunden werden. Ferner noch schlägt er die Brücke zwischen Charles Dickens, „Twilight Zone“ und „Zurück in die Zukunft“, wenn er Bailey dem Muster-Antagonisten Potter wegen so weit an die Grenzen der Geldnot bringt, dass dieser sich wünscht, niemals geboren zu sein, was ihm Clarence als so eindringliche Vision der Verwahrlosung darbietet, dass er umso glücklicher in die Realität zurück will. Mal abgesehen davon, dass zum Schluss beinahe jeder Begegnung mit einer Änderung forciert gewitzelt werden muss - als ob man den Zuschauer nicht zu sehr belasten möchte - und der Wandel von Bedford Falls zum Nachtclubmekka Pottersville eher spießige Urängste anspricht, kommt die letztendliche Katharsis jedenfalls nicht von ungefähr auch im Zuschauer an.


Dem gehen nämlich einige außerordentlich kraftvolle Szenen der Selbstlosigkeit voraus, wie zum Beispiel Baileys Initiative in der Kindheit, als er dem alten Mr. Gower (H.B. Warner) vor einem gravierenden Fehler bewahrt sowie am Tod dessen Sohnes Anteil nimmt. Oder die mit Abstand stärkste Standhaftigkeit in der Verzweiflung, als er seinen Mitbürgern und eben Kunden binnen der Bankkrise sein eigenes Geld bzw. Glück leiht, anstatt dass allesamt zu Potter wechseln und von diesem abhängig werden. Jene Impulse des Gerechtigkeitsgefühls sind durchaus publikumstauglich getrimmt und vom Spannungsbogen her wie aus einem Melodram jener Ära übernommen, doch an wahrhaftigen Emotionen mangelt es Capras semi-magischen Realismus im Endeffekt kaum, da es ja schon in sich schlüssig bleibt, kohärent und konsequent an den Gezeiten menschlicher Sehnsüchte wie Entbehrungen operiert und durchaus nicht jedes Szenario (zu welchem Grad auch immer) für die Leinwand verkitscht, wenn man die Handhabe denn überhaupt so benennen mag. Wie brutal dann auch Baileys Wutausbruch rührt, wenn die Kacke am Dampfen ist, jede Nettigkeit untereinander vergänglich wird und er selbst im heimeligen Kreise den Frust ins Haus schleppt, welcher sich weitere Schranken baut, bis er komplett vom Glauben abfällt und jede noch so kleine Spur vorherigen Screwballs in Tränen ausbricht: Das ist selbst unter Einberechnung aller filmischer Konstruktion ein beklemmendes Schauspiel, wie Mensch sich eben des Öfteren in solche Lagen der Ratlosigkeit hineinlebt und glaubt, alleine zu sein. Dass Capra die Art Menschenkenntnis auf eine spirituelle (nicht rein religiöse) Fantasie treffen lässt, kristallisiert den echten Horror, den totalen Albtraum unter der Oberfläche für den bewussten Zuschauer irgendwie erst recht heraus (Bailey ist laut Versicherungspoliz tot mehr wert als lebendig), wie er auch die Gegenthese der existenziellen Pein im Finale so stark auf den Punkt bringt, dass man dem Wahr-Werden dessen nach sehnt UND den Sinn des Lebens entschlüsselt glaubt - ungefähr äquivalent zu „WarGames“. Auch wenn man danach sentimental geschimpft werden dürfte, wird man es jedenfalls schwer haben, Capras Umgang mit der Tristesse als behauptet zu bezeichnen, wenn man nur ein Fünkchen vom Optimismus und Widerstandsbewusstsein der „Liberty Films“ an sich wiedererkennen kann.

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