Sonntag, 20. Mai 2018

NACHHOLBEDARF (Tipps vom 23.04. - 20.05.2018)

Chow Yun-Fat, Conan Lee, Wolfgang Fierek, Cleo Kretschmer, Dwayne The Rock Johnson, Gerard Butler, Little Bear

Liebe Leser,

ich bitte um Entschuldigung für die Verspätung! Der Titel des Blogeintrags ist heute sehr programmatisch gedacht und umfasst einfach vieles an der derzeitigen Gefühlslage, die mich heute wieder hierher geführt hat. Zum einen war es doch mal an der Zeit, die Rekapitulation der inzwischen zwei (!) letzten Filmabende schriftlich festzuhalten – da liefen also schon mal 15 Filme durch, die sich repräsentiert wissen wollen. Zum anderen habe ich mir in den letzten Wochen auch eine Menge Filmgut gegönnt, auf das ich schon länger heiß war oder dauernd von hörte und nun eher durch Zufall Zugang zu hatte (und dann war ich seit März auch mal wieder im Kino!). Von letzteren ist im Blog eventuell weniger über geblieben, aber erwähnen möchte ich sie trotzdem. Vorher ist es mir aber noch sehr wichtig, durchzusagen, dass für mich auch ein besonderer Nachholbedarf herrschte, euch mit Lesestoff zu versorgen. Ist ja beinahe schon wieder ein ganzer Monat her seit der letzten Ausgabe und das sollte so eigentlich nicht geschehen. Die üblichen Ausreden von der regulären Arbeit und anderweitigen externen Einflüssen hilft euch gewiss wenig über die Runden, deswegen ist das Angebot der Kompensation in der Fülle all dieser Faktoren vor allem jetzt eins geworden: Ziemlich dick, mit 12 Filmen in umfangreichen Abschnitten (abgesehen von den schlechteren Streifen, aber das merkt ihr schon, hoffentlich ohne Abzug an Qualität wohlgemerkt). Bei der Auswahl der Filmabend-Streifen hatte ich mir überlegt, diese im Review-Rahmen fair aufzuteilen – jeweils 4 Beispiele vom jeweiligen Evening habe ich spontan auserwählt, vom verbliebenen Ensemble seien vor allem aber noch folgende Filme herzlichst empfohlen (nur im Augenblick irgendwie nicht in meinem Schreibfluss gelangt):

DER FALL BACHMEIER - KEINE ZEIT FÜR TRÄNEN (Hark Bohm, 1984); SCHICKSALSSPIEL (Bernd Schadewald, 1993); GIB GAS - ICH WILL SPASS (Wolfgang Büld, 1983); THE SOULTANGLER (Pat Bishow, 1987); STEP UP: MIAMI HEAT (Scott Speer, 2012); MARIHUANA (Dwain Esper, 1936); DREAM NO EVIL (John Hayes, 1970)


Da auch ein wenig rumexperimentiert wurde, was die Verpflegung bei den jüngsten Filmabenden angeht, möchte ich noch einige kulinarische Erfahrungen bezeugen: Ich hatte mir vom örtlichen Asia-Markt Getränke besorgt, die uns bisher vollig fremd waren. Leider nur zwei Sachen davon würde ich uneingeschränkt empfehlen: Zum einen den Energydrink Lipovitan-D Plus und zum anderen Sake als geschmeidigerer, wenn auch etwas verdächtiger Wodka-Ersatz, jawoll! Mit einigen Einschränkungen hab ich auch den Soja-Drink der Marke Chin-Chin sowie den kalten Kaffee „Oliang“ aus Thailand ausgetrunken, doch beim Grassgelee-Getränk mit Kokosnuss-Geschmack (ebenfalls von Chin-Chin) war’s dann doch zu viel des Guten. Noch schwerer fällt es mir allerdings, folgenden Filmen keinen ordentlichen Text spendieren zu können, aber ihre hiesige Listung ist eventuell sowas wie meine persönliche Cannes-Siegerliste:

DER FAN (Eckhart Schmidt, 1982); THE COMMUTER (Jaume Collet-Serra, 2018); PADDINGTON (Paul King, 2014); LA BOUM - DIE FETE - ELTERN UNERWÜNSCHT (Claude Pinoteau, 1980); GREASE - SCHMIERE (Randal Kleiser, 1978)

Oha, was blieb nach diesen ganzen Top-Streifen dann noch alles übrig? Ich hoffe, ich kann euch mit der folgenden Auswahl so oder so trotzdem zufriedenstellen und freue mich jetzt schon, bevor der heutige Hauptteil rankommt, auf die nächste Ausgabe an Filmtipps – irgendeiner muss es ja tun :D


Cleo Kretschmer, Wolfgang Fierek, Dolly Dollar


FLITTERWOCHEN (Klaus Lemke, 1980) – Langsam wird es eng bei uns im Fundus an Cleo-Kretschmer-und-Wolfgang-Fierek-Paarungen. Abseits dessen, was auf diesem Blog schon besprochen wurde, sind die verbliebenen (Fernseh-)Filme immer seltener vorzufinden, doch hier lässt sich zumindest nochmal aufatmen, dass die Zwei immerhin endlich in einer fruchtenden Ehe zusammenfinden. Zumindest theoretisch, denn mancherorts besitzt der Filmtitel nicht umsonst die Zusatzzeile „Zitterwochen“ – die Begleitumstände hierfür macht der Film auf die Schnelle fest, wenn neben der Romantik unter unseren beiden drolligst naiven Zollbeamten ständig Alltag+Frust in die Bindung einkehren, bereits im kleinsten Kleinen an die jeweilige Gurgel gehen. Schon bei der Hochzeitsfeier steigt der Alkoholpegel Wolfgangs in die Höhe, sobald der Ex der Cleo noch seine Blumen abgibt, sie hingegen im Rausch aller gen Kohlenkeller rumkrabbeln muss. Ein seltsamer Brauch, der in eine ebenso dustere Hochzeitsnacht mündet – und dann soll’s am morning after schon nach Rio in die besagten Wochen gehen. Wie dünn da jeder Geduldsfaden wird, genauso knapp auch die freien Zimmer im Hotel, auf dass man sich eins mit dem Reiseleiter teilen muss. Es wird nicht leicht für unser Traumpaar, trotz der Zauberkulisse im Hintergrund auch nur einmal zum Schmusen zu kommen. Alles funkt dazwischen und da darf sich der Film gerne von einer gesteigerten Hemmung in die nächste hangeln, so wie der improvisierte Urlaubszank seine Ventile sucht, höchst nachvollziehbar auf den Nerven des Gegenübers rumkaut, genauso wie die schiere Komik des Verlorenseins im Paradies. Und wenn sich dann noch die fesche Dolly (Dollar) und Guntram Vogel von der Scotia als Touristen aus deutschen Landen zwangsläufig der hart vermissten Kommunikation wegen dazu gesellen, ist das Chaos an Cockblock und brasilianischem Exzess ringsum perfekt. Im Gegenzug bedient sich Lemkes Film sehr frei an bodenständigen wie abstrusen (auf jeden Fall sehr gelingenden) Gags, verlässt sich wie gehabt auf schlichte Perspektiven mit umso größeren Ausblick. Im Gegenzug wirkt der Spießrutenlauf von Cleo und Wolfgang, ihre Strapazen mit Dialekt nochmals umso mehr zum Kugeln, liebenswert und ohne Plan – eine Tati-Dynamik erlebnissüchtiger Demut. Kann die Liebe in solch unsteten Zeiten aber noch Bestand haben? Da muss der Film selber auch erst mal einen drauf kippen, um zur Einsicht zu gelangen, wie viel Freimut, Eifersucht, Überwältigung im Großen, Ganzen und Privaten die richtige Mische ergibt. Selbst dann macht er jedoch Lust auf mehr von dieser Kombo an Filmschaffen – ein bittersüßer Ausflug!




BORN HERO 2 (Liu Chia-Liang, 1988) – Die 2 im Titel bitte mal kurz wegdenken, da es sich ja trotz jener Kreation des dt. Verleihs in Wirklichkeit um „Tiger on Beat“ handelt, gelle? Gut, das ging fix, ich wette, da könnt ihr euch dann auch gleich genauso flott mit dem Film an sich vertraut machen, oder? Schließlich ist es eine Actionkomödie aus Hongkong mit den Dreh- und Angelpunkten Chow Yun-Fat (mit Schirmmütze und Hawaii-Hemden!) und Conan Lee, die sich als Bullen-Buddies einen tolldreisten Schlagabtausch liefern, wie weit Berufsethos und Energien im Medium Film an sich auszulegen sind. Eine gehörige Sauerei ist den Genremixern aus jenen Landen und Zeiten ja immer vorbehalten, doch hier geht das Kurzweil besonders sympathisch im Pendel  blutig-durchchoreographierter Action und moralisch-grenzenlosem Jux auf. Jene Extreme lassen sich exemplarisch auf zwei Szenen festlegen: Eine, in der Yun-Fat mehrere Eier der Potenz (?) wegen ins Glas schmeißt und in einem Schwung runterkippt; dann wiederum eine andere gen Schluss, in welcher Conan Lee das Kettensägenduell aus „Texas Chainsaw Massacre 2“ auf den Mond schießt. Die Verbindungslinie dazu hat wie so oft mit Drogenschmuggel zu tun – ein Fall fürs Kino wie viele andere zuvor und danach, weshalb dessen kriminelle Mechanismen eher funktionell dahinticken, während die geballten Sequenzen drumherum mit unseren Tigers im jeweiligen Zentrum der Einmischung erst die Bomben platzen lassen. Und da bleibt einfach alles (auch intensiv spruchreif) in Erinnerung: Die scherbenreiche Neumöblierung der Aerobic-Buden, Verfolgungsjagden und Geiselnahmen in Unterhosen (bei denen schon Verhandlungssache ist, wer sich entblättern muss), vollends misogyne Verhöre und sowieso das stets bipolare Gebären einer Macho-Männerwelt im kunterbunten 80’s Outfit. „Lethal Weapon“, Stallones „Cobra“-Irrsinn und Jackie Chan wären da als geistige Anleitung schnell genannt, doch die hiesigen Unmengen an Groteske, Melodram und Dynamik² arbeiten nochmal auf einer wilderen Ebene. Launig, sehr daneben und exzessiv – ich liebe alles daran! 




LINIE 1 (Reinhard Hauff, 1988) – Mir war der Ruf von Musical und Film bisher immer irgendwie entgangen, welcher offenbar von Kult bis Geißel der Schulzeit reicht. Ganz ab davon muss ich jedenfalls festhalten, dass Reinhard Hauffs Adaption gehörig konsequent, derbe und innig an die Gosse ran ausgefallen ist – vielleicht sogar als eine der überspitzt abstoßendsten und ehrlichsten Darstellungen Berliner Subkulturen überhaupt. Der Vermengung des S-Bahn-Panoramas menschlicher Untiefen mag als Musical ein Hauch der Romantisierung innewohnen, doch die Haltestellen gen Sozialkitsch existieren eher im Wunschdenken. Das schroffe Ensemble bietet die richtige Schnottersprache zum Bodensatz der Existenz, der physische Umgang untereinander ist ebenso penetrant am Fummeln und Drohen, natürlich auch in der Permanenz des eigenen Drucks gefangen. Ressentiments und Gruppendenken/-kloppe schüren sowieso die Abgrenzung ins Asoziale wie Alksüchtige, da bietet man im Gegenzug umso weniger Fußraum, eher das Durchsetzungsvermögen der Provokation. Dies im schamlosen Sing-Sang auf Touren zu erleben, bereitet nicht von ungefähr auf Schlingensief vor, wie die urbane Intensivstation daher rast – jeweils voller Hypokrisie, Desillusionierung und Abenteuerlust ins endgültige Entschwinden. Schulschwänzer, Selbstmörder, No-Futuristen, Kellerkinder, Hobbydetektive, Hascher, Napper und Nazis, Penner, Schweinepriester und die Normies mit ihrer vorgehaltenen Hand der Doppelmoral: Hier treiben sie einen alle in die Enge, doch die Sympathien liegen definitiv gegen das Verklemmte, für den Außenseiter, gegen Fremdenhass und die Übermacht des Molochs. Gut so, vor allem, da diese Reise von Neuankömmling Sunnie (Inka Victoria Groetschel) nie so tun will (oder kann), als ob sie irgendwas davon zu überwinden vermag, so wie alles an sich schon unmöglich geballt daherkommt. Der Film endet sogar lediglich mit einer kleinen Hoffnung im großen Scheitern – eine ganz schön schonungslose Supershow, vom im Dreck spielenden Hauff ins Neonlicht der bombastischen Schmierenkulisse gerückt und dann doch nicht im Voyeurismus gelandet. Hart und happy halt.




THE AMAZING WIZARD OF PAWS (Bryan Michael Stoller, 2015) – Von den Machern von „First Dog” und sogar mit demselben Haustier Little Bear am Start, gibt’s noch einen sehr merkwürdigen Hundefilm hinterher – und es wird nicht der letzte bleiben! Klingt wie eine Werbezeile und sollte genauso wahrgenommen werden, denn hier wird ja getippt und bei solchen Abenteuern an zauberhafter Tristesse bestimmt nicht zu knapp. So abgegriffen Narrativ und Inszenierung auch in sicheren B-Movie-Gefilden verbleiben wollen, sind die unverhofften Qualitäten des Herrn Stoller wiederum im Großeinsatz: Darsteller von Jung bis Alt, die zwischen ausgestelltem Desinteresse und hyperventilierter Depression pendeln; Schnittmuster der Abwegigkeit aus visueller Leere, spontan-entrücken Reaktionseffekten und dauergedämpfter Musik; das Nimmerendenwollen eines Nicht-Spannungsbogen angelernter Magie, der nicht nur einen (!) Bösewicht auszubremsen versucht, sondern auch einen Talentwettbewerb gewinnen und am besten noch den verstorbenen Vater zurückholen will. Wie wird sich dies auflösen? Das Raten überlasse ich euch, auf jeden Fall ist die absehbare Kausalkette weniger entscheidend als die Erwartungshaltung, die der Film von Anfang an mit seinen Widersprüchlichkeiten der unerfüllbaren, ständig umgeworfenen und doch ersehnten Niedlichkeit schafft. Ganz bezeichnend dafür ist der Umstand, dass Little Bear als magischer und Pizza-verrückter Hund nun spricht. Stoller animiert die Sache selbst und man muss es gesehen (und gehört) haben, um diesen Film Stück für Stück ins Herz zu schließen – insbesondere, wie frei er mit der allgemeinen Menschenkenntnis umgeht (siehe den Kurzauftritt von Tiny Lister) und seine eigenen Supersituationen (siehe alles im Zusammenhang mit dem Talentwettwerb und dessen Eindruck von der Existenz der Magie) verflachen lässt. Eine Weihnachtsvariante dieser Gruppenleistung ist schon unterwegs!




MARS MEN aka HUO XING REN (Hung Min Chen, 1976) – Mehr aus der Trickkiste Asiens, ordentlich (optisch) angestaubt und obskur, aber nicht minder delirierend in geballter Topos-Sause inszeniert. Anhand einer DVD aus Frankreich unter dem Titel „Les hommes d’une autre planete“ hat man die Gelegenheit, jenes Sci-Fi-Puppenspiel, welches sich anhand von Mythologie und Kautschuk-Eskapismus schnell wie oft in den Sternen wiederfindet, in angemessener Synapsen-Pestilenz einzuverleiben. Einen besonderen Hinweis hat dabei die englische Synchronisation verdient, die mit Ach und Krach aus dem Hobbykeller stammt, unter wenigen Leutchen alle Rollen aufteilt und bei Kinderstimmen sogar den Chipmunk-Effekt einsetzt, während die Tonqualität sonst vor allem mit Lautstärke, die Sprecher mit steifem Unvermögen glänzen. Wie viel davon bewusst eingesetzt ist, sei mal dahingestellt – es ergänzt vor allem einiges an Aberwitz, welcher diesen Film mit seinen unglaublich aufgeregten wie ausgestreckten Expositionsphasen umhüllt, nur um diese mit allzu turbulenten Auflösungen jeweils in die nächste Surrealität der Invasion kippen zu lassen. Böse Aliens vom Mars greifen nämlich an und ehe man sich mit dem taiwanesischen Hauptpaar angefreundet und miterlebt hat, wie dieses den Götzen Hanuman zum riesenhaften Lebensretter wiedererweckt, verbündet sich dieser sodann mit dem Roboter-Pendant aus Japan und nimmt damit über die Hälfte der verbliebenen Laufzeit ein. Pyrotechnik und Lasermalereien schießen sodann kreuz und quer durch die Galaxis, am Erdboden kriegen zudem mehrere Monster Zorres auf die Birne. Nicht, dass den Beteiligten deswegen öfters die Worte fehlen würden, dafür geht’s dem Zuschauer blendend fassunglos in seiner Konstante an Verwunderung. Passend dazu empfehlen wir: Lipovitan-D Plus, allerdings aus Thailand.


Matt Dillon, Andrew McCarthy


KANSAS (David Stevens, 1988) – Wer es nicht bis Ende des Jahres abwarten kann, Matt Dillon beim Abrutsch ins Soziopathische via Lars Von Trier zuzusehen, dürfte zumindest einen guten Anhaltspunkt in diesem späten Americana-o-drama vorfinden. Zweigleisig auf den Pfaden des Outlaw-Mythos spazierend, findet man hier eventuell sonst wenig festen Boden, was in diesem Fall nichts Schlimmes bedeuten soll. Im Panorama aus Kleinstadt-Ruhelosigkeit und endlosen Maisfeldern finden nämlich Gleich-/Abstand von Kumpelfeinden Dillon und Andrew McCarthy statt, die als entwurzelte Macker ziemlich hitzig auseinanderreißen, gleichsam in ihren jeweiligen Einöden ankommen, dort auf ihre Art mit begrenzten Chancen auf Tuchfühlung gehen. Regisseur Stevens zeichnet dieses Kansas trotzdem geradezu widersprüchlich als Leinwandromantik in Sonnenblumenfarben, die sich nach der Auseinandersetzung sehnt, da latent homosexuell in Schwüle bis Flammen schwelgt. Dass zudem eine gute Handvoll Jugendfantasien ausgespielt werden, steht hoffentlich außer Frage, aber der Reihe nach vorhanden sind: Liebe auf den ersten Blick zum Mädel auf dem Pferd (Leslie Hope), heimtückischer Einstieg ins fremde Haus inkl. Ausstatten mit dessen Kleidern, Aushilfsarbeiten auf dem Rummel (siehe auch „Gib Gas – Ich will Spaß“) inkl. Stelldichein mit der Chefin oder auch eine Spritztour mit dem Truck vom Vadder der umworbenen Meid, bis man zum zweifachen Helden erklärt wird. Dazu gesellen sich aber noch Geschichten um Gouverneure, Autounfälle, Banküberfälle, unschlüssige Journalisten und versteckte Kohlen, auch eine üble Vergangenheit um Antiheld Dillon und so gut wie gar keine um Sonnyboy McCarthy. Ein seltsames Potpourri an Wurzeln und Verästelungen, das hier durch die Lande streift und stets voll Übergriffigkeit schwärmt, mehr als vagen Zielen (Geld, Ehre, Liebe?) zu ahnden. Klar, dass Dillon dann auch mal einem Girl voll patzig erklärt, was er von ihr nicht hören will, obwohl wir von ihr zuvor nix gehört haben. Die USA, so wirr und unbedingt heimelig, wie man sie sonst vielleicht nur in „Dirty Tiger“ erlebt.




RAMPAGE - BIG MEETS BIGGER (Brad Peyton, 2018) – Nach dem hochemotionalen Aufstieg aus Ruinen namens „San Andreas”, den Regisseur Peyton und Dwayne The Rock Johnson schon zur tollen Familienkittung anwenden konnten, bleibt ein guter Anteil dessen auch in der Videospieladaption um ein Städte demolierendes Riesenmonstertrio über. Die Bindung zwischen dem Rock und Albino-Gorilla George ergibt da schon früh ein Quell an Freude und Pathos, der fortan auf die Probe gestellt wird, wenn Malin Akerman als Bösewichtin mit Gespür fürs Cartoon-Theatralische (Peytons Weltbild seit eh und je) skrupellose Gentechnik betreibt, Söldner und Sonarsatelliten vorschickt. Mit jener Plotte nimmt es der Film mal sehr und mal gar nicht ernst, ist aber trotzdem selten in Erklärungsnot, seinen Ansporn an Spaß und Spannung auf den Zuschauer zu übertragen. Man trägt das Absurde mit Fassung und bewegt sich sicher im Genre-Rahmen, dass sich die Action per Wow-Effekt steigert und die gottseidank spärlich eingesetzte Komik eher aus der Ehrfurcht der jeweiligen Größen/Rollen und nicht bloß aus den ach so beliebten „Echt-jetzt?“-Phrasen ergibt. Selbst Jeffrey Dean Morgan als verschmitzter Cowboy kann da einiges an Charisma ausschütten, während er genauso selbstverständlich ins Prozedere eingepflanzt scheint (und zufällig überall auftaucht) wie die meisten hiesigen Topoi - vom Flugzeugabsturz über Militär-Kurzschlussentscheidungen bis hin zum Wolkenkratzerinferno. Das Leinwandspektakel weiß sich genau richtig zu stapeln, so dass die ollsten Kamellen an Wendungen schon einer Katharsis gleich kommen à la „Ich hoffe (und weiß), dass das gleich passiert.“. Die Sommerfilmstimmung buhlt sodann um Zerstörungsschauwerte und immer heftigeren Fähigkeiten von Tier wie Rock, demnach hat der Kern der Dringlichkeit aus „San-Andreas“-Tagen hier eben etwas abgenommen (und ist auch hinsichtlich Naomie Harris etwas zu kurz gedacht), obgleich das Spiel mit dem vermeintlichen wie reellen Leinwandtod erneut an entsprechenden Stellen tiefer als erwartet atmen lässt. Ein angenehmes Präludium zum nächsten „Jurassic World“ scheint’s allemal zu sein.




GEOSTORM (Dean Devlin, 2017) – Wenn man mal einen Tag erwischt, an dem der filmische Anspruch recht niedrig eingepegelt ist, können einen die Weltuntergangsvisionen eines Dean Devlin noch immer einigermaßen catchen, obgleich er sich hier grenzdreist etlicher Quellen bedient, den Katastrophenfilm-Baukasten nochmals abendfüllend trivial auszubreiten. Zwischen dem Space-Melodram à la Gravity/Armageddon und der kontinentalen Verwüstung, die jeweils einen vom Desaster Verfolgten zur Rettung begleitet (und Tausende mit einem Schlag killt), macht das Ensemble eben zentral noch einiges an identifikationsstiftendem Boden gut: Ein Brüderzwist um Jim Sturgess und Gerald Butler (wieder als der beste der Besten) sehnt sich insgeheim ständig nach Versöhnung, kommt im passiv-aggressiven Konkurrenzdenken aber immer näher an die Lösung aller Menschen Leben. Beide spielen sich zudem fortwährend Verschwörungstheorien zu, wer für die Fehlfunktion der weltweit verkomplizierten Klimakontrollstation im All verantwortlich ist – und da sind vielerlei verdächtige wie unverdächtige Kandidaten unterwegs, im globalen Abenteuer mit Klischees en masse ausgestattet (siehe Alexandra Maria Lara als die Deutsche, Ute Fassbinder!). Die Lösung dieses Whodunits macht sich wie abermals aufgegeilt ins Hemd, wie auch die Melange aus Action, schlagfertigen Sprüchen, Ro-/Bromance und Pseudo-Technobabble schier nach Prinzip aus Überzeugung (und gehörig Deus Ex Machina) zu handeln scheint. Im Vergleich zur „Independence Day“-Wiederkehr herrscht aber zumindest keine volle Gleichgültigkeit, die Blockbuster-Muster von vor 20 Jahren zu wiederholen, so dass sie in ihrer Menge an CGI-Schauwerten zwar angepasst werden, Rollenmodelle aber dieselben Aufbau-Etappen mitnehmen, selbst wenn sie mit Andy Garcia als Präsidenten und Ed Harris als dessen Berater nicht typischer ausfallen könnten. Jene seltene Ecke an Aufrichtigkeit, kurz vorm Tele-5-Ironiegewitter, ist tatsächlich etwas kostbar geworden und wenn schon nicht originell, dann hier wenigstens noch auf eine stimmige Euphorie im Sieg des Menschen gegen seine Natur eingestellt.




BIBO'S MÄNNER (Klaus Lemke, 1986) – Etwas neben dem regulären Kanon an Lemke-Filmen firmiert diese Sam-Waynberg-Produktion, die den bewährten Schwabinger Humor jenes Regisseurs in der Mitte der 80er zu orten versucht. Die neue Generation des Anpflaumens startet allerdings mit Protagonisten bedingter Anziehungskraft, wenn man so will. Tanja Moravsky, Nikolas Vogel, Dominic Raacke und der Rest an Provinz-Damen wie Münchener Kerlen sind in ihrer Pomeranz weniger von herzlicher Naivität als von sprunghaftem Temperament geprägt, verlieren sich daher öfter in sehr lockeren und gleichsam intensiven Beziehungen, wie dann auch der Film an sich agiert: Abhängend wie abgehangen im Zeitgeist. Leicht sperrig, diese Sommerlaunen, aber gewiss nicht mundfaul voll Konfrontationsbock - so sehr, dass die Synchro im Vorbeigehen stets mehr beleidigte Leberwürste aus den Leuten macht, aber gerade da mangelndes Vertrauen in den Film offenbart. Tempo und Pointe bleiben daher eher kleinen (uneingeweihten?) Rollen, Gesten, Klamotten und Situationskomiken vorbehalten, während die feschen Teens wie eh und je ihre Möglichkeiten der Eifersucht austesten, anlernen und mit Gegensätzen anziehen. Der Zuschauer findet in dem Hin und Her leider bedingt Stichhaltiges vor, einen neuen Satz zur Herzensangelegenheit mitzumachen – gut also, dass jene Beziehungsposse nicht zu dolle für sich selbst aus allen Wolken fällt, nach unter 80 Minuten fertig in die Turbulenz d‘amour gaga aufgestiegen ist.


READY PLAYER ONE (Steven Spielberg, 2018) – Wo man den Eskapismus wüten lässt, muss es zwangsläufig auch mal eine empathische Dockingstation geben, doch in diesem digitalen Wunderland binnen einer Virtual-Reality-Dystopie hat es selbst ein Spielberg schwer, vom Polierten weg das Herzstück rauszukramen. Seine Führung zieht stattdessen höchst unpersönlich durch, die I-Love-the-80’s-Hobbynerds (aka Fans vom saulahmen Buckaroo Banzai) mit Eindrücken aus zig IPs im Strom zu halten, während der Junge (Tye Sheridan) auf der Jagd nach dem Schatz das Mädel (Olivia Cooke) trifft und die Welt vor dem Bösen rettet, Realität als einzig real erklärt und den Online-Kasten daher für jeweils 2 Tage in der Woche (!) dicht macht. Nichts gegen jene Essenz von Heldensage, wenn man diese abseits des Grundgerüsts anfüttern würde. Bei hiesigen Stereotypen kommt allerdings relativ nix neben der Markenidentität hinzu – schlicht grelle Gesellen in funktioneller Perfektion, die selbst mit Muttermal im Gesicht natürlich noch vor Schönheit strotzen. In jener denkfaul positiven Haltung ist der Widerspruch von Kommerzfreundlichkeit und Anti-Großkapitalisten-Adventure natürlich umso stimmiger im emotionalen Nirwana unterwegs - ebenso bleibt der technische Esprit auf Vordermann, also wie viele Renderfarmen in Sekundenschnelle verpulvert werden können. Und das ist zusehends anstrengender anzuschauen, so wie sich die Derivate im Pre-Viz-Mantra türmen. Eben ein Kinderfilm/Mini-Minority-Report äußerst flacher Spannungsebenen, als 3D-Tornado der Nostalgie verschachtelt und selbst dann nur bedingt spaßig (4mal „Echt-jetzt?“ inkl., aber auch mit einigen besseren, visuellen Witzen).

C. Thomas Howell

SOULMAN (Steve Miner, 1986) – C. Thomas Howell gibt die College-Nudel und der Film dazu nimmt ebenfalls die gewohnten dramaturgischen Mühlen der Bildung ins Visier, vom Schlendrian zum Musterschüler – mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass sich jener via Blackface ins Stipendium wieselt und somit die ganze Palette an rassistischen Vorurteilen wie Klischees vom afroamerikanischen Mitbürger durchlebt. Check your privilege, sagt die moralische Note, konsequent stellt sich das aber noch lange nicht dar. Es bietet sich eher die zu erwartende Klamotte voller Notlügen, Missverständnisse und unverhoffter Ironie an, deren Lektion genauso gut einem Genrevertreter vom Schlage Body/Gender-Swap gleichen könnte. Der Mut (auch zur bissigen Satire hin) hält sich also in Grenzen, macht zudem noch Platz fürs aufrichtige Pauken in filmischer Gleichgültigkeit. Eine schnarchende Peinlichkeit, gäbe es nicht noch:


BODY OF EVIDENCE (Uli Edel, 1993) – Der Film mit der sexy Wachs-Szene, soweit dürfte ungefähr die kollektive Erinnerung zurückreichen. Was hier jedoch zusätzlich zum mühsam skandalösen Techtelmechtel zwischen Madonna und Willem Dafoe in die Sabbelschmelze getunkt wird, ist ein Gros an Langeweile, das sich zunächst anhand laxester Etablierungsüberholspur jedem Thrill verweigert, seine mickrigen Femme-Fatale-Verführungsskills sodann im ultrapedantischen Gerichtssaalkrimi einlöst. Zig stumpfe Wenden zur Waffe Frau darin ergeben kaum mehr als eine Handvoll müde Lacher, Uli Edel selbst nutzt die Gelegenheit daher lieber für die Lichtgestaltung/Puffbeleuchtung.

Sonntag, 22. April 2018

SIGGIS CHOICE - Filmabend April 2018, No. 1 (Tipps vom 16.04. - 22.04.2018)

Dagmar Lassander, Raimund Harmstorf, Sibylle Rauch

Liebe Leser,

nun sehen wir uns doch ein bisschen früher wieder, als es in den letzten Wochen der Regelfall war! Das Ding ist nämlich, dass wir vom Zeitplan her gerade zwischen zwei dicken Filmabenden stecken – würde ich die Verarbeitung des ersten auf die nächste Woche verschieben, wäre ich selber zu verwirrt und würde mir zu viel Druck, quasi mehr und mehr Filme auf einmal aufdrücken. Noch ein Einblick in meine Logik: Wenn ich von einer Woche noch Movies zum Schreiben über habe, die ich besprechen will, schaue ich in der neuen automatisch weniger Filme – Arbeit und schönes Wanderwetter kommen da natürlich auch auf die Rechnung (und da war gerade letzteres nun absolut Bombe!), aber ich will mich so oder so nicht unbedingt aushungern, was den Streifenkonsum angeht. Deshalb rekapituliere ich heute in erster Linie alles, was mir Siegfried Bendix innerhalb eines regulären Filmabends und Mini-Filmabends servierte. Wunderbare Sache, das, Keule - es war eine tolle Mischung, das kann ich mit Fug und Recht behaupten! Der einzige Ausreißer in der ersten Runde am Samstag war höchstens „Ritter Jamal – Eine schwarze Komödie“. Das einzig Aufregende an dem Film war höchstens, auf die Pizza bzw. den Burger zu warten, den wir vorher bestellt hatten. Ansonsten kann ich mich nicht dran erinnern, dass Martin Lawrence mal so eine hyperdröge Pseudo-Kiddie-Gag-Reihenfolge abliefern durfte - und das, obwohl sich ihm als schwarzer Yankee am Hofe des König Artus zumindest genug Raum für einen Ulk der Kontraste bot. Da hatte selbst die „House Party“ mehr Pfiff - und die war schon voll hemdsärmeligster Aufmucker-Sabbelei. Als besserer Funnyman konnte sich daraufhin Rob Schneider bewähren, nach den „Surf Ninjas“ wieder mal im Filmabend unter der Ägide von „Judge Dredd“ zugegen! Da mir dieser schon seit der Kindheit bekannt ist, will ich hier nicht den Topfilm unter dem Einfluss der rosaroten Brille ankündigen. Er ist aber durchaus noch eine kuriose Übergangslösung zwischen 80er Bullen-Selbstjustiz-Pathos, 90er Sci-Fi-Action à la Carolco und Men-In-Black-artiger Persiflage. Allemal witzig anzusehen, wie Stallone versucht, sich da zu positionieren - ein gelungeneres Experiment seinerseits im Vergleich zu „Oscar – Vom Regen in die Traufe“, aber irgendwo auch ein bemühter Nachklapp vom „Demolition Man“. 

Martin Lawrence, Sylvester Stallone, Rob Schneider
Die berühmte "Zwei-Wort-Titel"-Reihe

Ein Film, der noch am Filmabend lief, aber nicht bei den Empfehlungen auftaucht, heißt „Blood Freak“. Der ist sogar ziemlich aufreibend, aber hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt, wie viele Filme aus der Sparte Something Weird eben überzeugen: Als Nirwana des Unvermögens, in der alles sehr langsam, enorm urig und technisch katastrophal auf den Nervenkitzel des Horrors aus ist. Allerdings geht es hier auch um einen mordenden Truthahnmann, der grundsätzlich des Marihuanas wegen zu jener Transformation gelangte und nur durch Jesus‘ Liebe gerettet wird. Filmemacher anno 2018 würden aus der Prämisse eine absichtlich miese und weit beschissenere Komödie erschaffen als das, was sich hier so angenehm ins blutige Durcheinander der Hippie-Moralkeule treibt. Allein der Besuch des angehenden Freaks auf der Truthahnfarm mit anschließender Verköstigung in Rekordlänge lässt Freude schöpfen, doch wir waren zu dem Zeitpunkt schon etwas hinter dem Horizont der Nüchternheit, also kann ich gerade nicht auf noch mehr stichhaltige Qualitäten zurückgreifen. Soll euch aber nicht von der Sichtung abhalten! 

Nicolas Cage, Joey King, Ryan Phillippe

Zwei kleinere Tipps noch vom bereits am Montag erfolgten Mini-Filmabend, wobei diese ihre Vorzüge noch sparsamer einsetzen: „The Humanity Bureau – Flucht aus New America“ muss es sich als Nicolas-Cage-Vehikel tatsächlich gefallen lassen, dass jemand anderes ihm die Show stiehlt: Jungdarsteller Lucas Weller, dem das Drehbuch (und die wie immer kostengünstige NEW-KSM-Synchro) so viele Trottelsätze und Fehltritte auf den Leib schreibt, dass er natürlich den Sohn von Cage gibt. Ups, Spoiler, egal! Es ist ja nicht so, als ob dieses dystopische Drama wirklich mehr aufbieten kann als eine lasche Melange aus „Looper“, „Soylent Green“ und „Logan“. Die einzelnen dramaturgischen Entscheidungen dazwischen hauen aber auch teilweise Abstruses raus, da stört es gar nicht mal mehr so sehr, dass das Narrativ nie so richtig aus der Exposition in die Progression umsteigen kann. Das Problem haftet zeitweise übrigens auch John R. Leonettis „Wish Upon“ an, aber ist nur das geringste Übel, das dort auffällt. Es wurde schon vielerorts darüber berichtet, wie daneben der Wünschelhorror am Teenie-Zeitgeist entlang schrammt und auch sonst mit Menschenkenntnis sowie seiner Genresprache an sich auf Kriegsfuß steht. Ich glaube nicht, dass ich da noch was Neues hinzufügen kann, außer, dass der erzählerische Flow gleichzeitig unfassbar vage, sperrig und peinlichst-auf-Kalkül-produziert ins Spektrum belehrender Spukgeschichten wandert. Solch eine abgewichste Merkwürdigkeit kann ich natürlich nur empfehlen, auch weil die Studiomasche selten so offen und taktlos ihr Baukastenprinzip offenbart. Perfekt erquickender Frust! Aber gut, dem Rest an jüngsten Sichtungen konnte ich überzeugendere Argumente abgewinnen und ich hoffe, dass ihr diese auch erkennen könnt bzw. wollt. Lest’s jetzt, schaut’s im Nachhinein, der nächste Filmabend und der Blog dazu werden bald bei euch sein!


Feel the motion, Sissy Kelling, Ingolf Lück


DER FORMEL EINS FILM (Wolfgang Büld, 1985) – Mit der Liebe lässt sich so manche Hitparade erstürmen, deswegen klinkt sie sich auch hier umso leichter in die Zeitgeist-Blödelei musikalischer Späße ein. Basierend auf der gleichnamigen TV-Sendung der Dritten bitten die berüchtigten Achtziger Jahre zum Eskapismus binnen schrillen Studiobetriebs und Stars zur Revue (u.a. Filmabend-Stammgäste Meat Loaf, Pia Zadora, The Flirts) als Grundlage fürs BRD-Teen-Abenteuer - gespickt mit Insider-Gags und Branchenklischees gleichermaßen, um welche sich die angehende Newcomerin und gegenwärtige Automechanikerin („Flashdance“ lässt grüßen) Tina Lehman (Nena-Zwilling Sissy Kelling) bewirbt und ständig abschmiert, da ihr Demo in allerlei Situationskomiken verschütt geht. Ihre Odyssee wird solch ein Ende nehmen, wie man es sich vorstellt - da macht sich Regisseur und Ko-Autor Wolfgang Büld keine Illusionen, obgleich sein romantischer Pop voll von denen ist, selbst die Persiflage der Szene und ihren mehr als zwielichtigen Managern eher auf irre Streiche und Eifersüchteleien polt. Dies turbulente Treiben funzt dennoch oder gerade dann als Zeitkapsel kunterbunter Unbedarftheit, wenn Büld so ziemlich „A Hard Day’s Night“, Jugendspekulation der LISA-Film und ein bisschen Punk koppelt, um so schier überzeichnet auf zig Anlaufstellen der Selbstfindung anno Kalter/Kult-Krieg zu kommen: 

Campino, Sissy Kelling, Ingolf Lück, Limahl, Pia Zadora, Falco, Meat Loaf

Karrierechancen und –knicke, Musterung und Praktikantinnenausbeute, die Ambivalenz des Groupie-Daseins und die hektische Kurzsichtigkeit Ingolf Lücks. Dazwischen melden sich die zur Amour verquickten Missverständnisse Stevies (Frank Meyer-Brockmann) hinsichtlich Tina, wiederum ihr Familienleben um die Neuentdeckung PC sowie die Toten Hosen auf Imagesuche. Campino und Co. betreiben dabei übrigens derart viel Faschingsrassismus, dass sie ihren Echo zurückgeben müssten. Im kritischen Rückblick bieten sich zudem die Überpräsenz von Super Dickmann’s und die Frage, ob Falco - dem ulkigsten Gastauftritt als Bindeglied zwischen Monaco Franze und Tom Cruise - jemals eine Hauptrolle angeboten wurde. Das Ganze bleibt eben mehr Show als Film, man wünscht sich mehr aufrichtige Aufmüpfigkeit und freche Schnauzen, bekommt stattdessen aber mehrmals die voll ausgespielte Musikvideo-Ästhetik. Allerdings: Wer manchmal alles aus dem Kessel Buntes springt, dürfte selbst strengsten Autorenfilm-Verköstigern imponieren und der Charme der garantiert nicht mundfaulen teen romance inkl. Verfolgungsjagden sowie schrottreifen Karren gen Finale sprudelt sich eh in Unmengen zusammen. Eine winning formula, trotz Limahl, der als Person wie immer alles Negative an seiner Ära vereint.


Xin shu shan jian xia


ZU WARRIORS FROM THE MAGIC MOUNTAIN (Tsui Hark, 1983) – Das Verhältnis von Form und Inhalt ist bei Tsui Hark schon eine sehr eigene Sache, das ist dem Leser dieses Blogs sicherlich schon einigermaßen bekannt. Da überrascht es also auch nicht, wie er die Fantasy-Folklore in diesem Fall wiederum auf den Höchstlevel allgemeiner Verunsicherung treibt. Das Chaos hat sich eingelebt: Ein Spektakel der Spezialeffekte rangelt sich um den ewigen Kampf von Gut und Böse, während die Überwältigung meist irgendwie im Auge des Hurrikans stattfindet. Alles ist stets spontan und grandios groß am Wegfetzen, während die permanente Exposition (inkl. Untertitelmassaker) um Dik Ming-kei (Yuen Biao) überhastig aus dem mythischen Nähkästchen plaudert, sich im gleichen Moment umsetzt. Dementsprechend flott erfährt dieser seine Begegnungen mit Berggeistern, übernatürlichen Meistern und Schutzherrinnen der Sterblichkeit, ehe er der unverhoffte Schüler von Ding Yan (Adam Cheng) wird, des Nächtens wie allesamt in den Flugmodus des Wire-Fu‘s umschaltet. Überirdische wie höllische Magien wirbeln den Schlagabtausch dabei so virtuos auf, dass jedwede externe Dramatik des Überblicks halber kaum probiert wird – obgleich es hier bestimmt nicht an Schicksal und Aufopferung mangelt, entgeht Hark dem Melodram weitgehend in der Gegenüberstellung mit dem nächsten surrealen Effekt.



Die Supermänner im Strudel elementarer Herausforderungen bewandern ohnehin die Grenzen von Dies- und Jenseits, der Film leistet dem Folge und stülpt seine Szenarien mit fliegenden Flammen, Portalen, geißelnden Barthaaren, Erdbeben und Doppelgängern um, dass einem knapp 100 Minuten lang die Kinnlade runtersteht. Die Frage nach dem eigentlichen Inhalt wird da Stück für Stück vergebens, was sich zwischen den Extremen an Shaw-Bros.-Wuxia und „Ashes of Time“ tatsächlich ziemlich gut verleben lässt, sowieso am ehesten damit begeistert, welche fantastischen Visionen und Nachtmahre hier vor der Linse produziert werden können, während Harks Kamera- und Schnittdynamik wie eh und je an ihren jeweiligen Grenzen wackelt. In dem Sinne gigantisch, aber eben kein episches Erzählkino (wir sind ja hier noch nicht bei „Once upon a time in China“ angekommen). Seinerseits sicher zu durchschauen ist, dass Generationen/Nationen/Geschlechter an Kämpfern ihren Frieden untereinander finden sollen, um das Gleichgewicht im Erdkern an sich halten zu können. Natürlich steht das im Widerspruch zum Augenmerk des Ausschweifens in Harks Werk, aber mit den Kontrasten geht man bei dem Herren dauernd gerne auf Tuchfühlung.


Sex Maniac


MANIAC aka SEX MANIAC (Dwain Esper, 1934) – Aus einem der frühsten Lager amerikanischer Exploitation grüßt das Panorama an Geisteskrankheit aus dem Keller/Studio und scheint sich in einem Madman (Bill Woods als Don Maxwell) zu bündeln, der sogar die Rolle seines Mad-Scientist-Lehrmeisters (Horace B. Carpenter als Dr. Meirschultz) mit Brille und Bart übernimmt, ehe er die zerfressende Schuld à la Edgar Allan Poe in sich als Gipfel einer vollends entrückten Welt rauslässt – so als wäre er den brachial reingeschnittenen Texttafeln an Psychose-Definitionstexten erlegen, krasse Konkurrenz für Moses und seine 10 Gebote! Knapp 50 Minuten lang unterwandern Prä-Sleaze-Unternehmer Dwain Esper und seine Ehefrau/Drehbuchautorin Hildegarde Stadie somit vielerlei moralische Konstanten ihrer Roadshow-Zielgruppe, machen aus Sex und Gewalt keinen Hehl, wie der Ton untereinander ebenso im moralischen Bodensatz an Verschwörung, Blutdurst, Spekulation und Hysterie angesiedelt bleibt. Die Akteure dazu bewegen sich meist wie angewurzelt im Kosmos des Spartanischen, schwadronieren aber mit dem Größenwahn, obgleich Katzen und Ratten beinahe auf Augenhöhe mit ihnen untereinander kämpfen. Alle sind eben schon ganz unten angekommen, doch selbst als Leiche hat man da keine Ruhe: 


Die Experimente mit dem Nachleben sollen wahr werden, bleiben natürlich ein Hirngespinst der Fledderei wie jene Urheber dessen auch allzu falsch in die Rolle des Psychiaters schlüpfen. Viel lieber erwarten diese aber ihre Rollenverteilung als Täter und Opfer, weshalb der Revolver schon griffbereit neben dem Einmachglas mit Hirn im Labor verstaut liegt. Solch ein Grad an paranoider Planung geht dementsprechend im Wahnsinn auf, parallel dazu ist die Unbeholfenheit der Regieführung ein absoluter Glücksgriff: Alles schleppt sich in die Ekstase niederer Impulse, die Gewalt ist so karg wie ungelenk von physischen wie psychischen Wänden eingekesselt und dann tummeln sich noch Ausschnitte aus europäischen Höllenvisionen der Stummfilmzeit zum Kopfkino der Manie zusammen. Der ständigen banalen Verbalisierung wegen bleibt keine Deutung dazu offen, umso offener blickt der Film auf Frauen in Unterwäsche und bald danach auch auf Frauen im Faustkampf mit ihren Mordsplänen, wohlgemerkt nachdem das Katzenauge von Maxwell aus der Höhle gedrückt und verspeist wurde – er hat gut lachen, selbst, sobald ihn die Bullen in flagranti stellen. Eine reichlich abgeräudete Parade der Untiefen.




DAS WUNDER (Eckhart Schmidt, 1985) – Wo der deutsche Film an sich ja schon ein netter Geselle ist, erlebt man ihn nicht selten anstrengend, ganz gleich, ob man ihn der E- oder U-Kunst zuordnen mag. Erst letztens re-störten mich Grönings „Die Terroristen“ und Kraumes „Dunckel“ mit ihrer jeweils selbstgefälligen und stumpfen Haltung ins Belanglose hinein und auch wenn dies symptomatisch für die deutsche Kultur allgemein stehen kann, bliebe was Lebhaftes abseits der Genre-Signale dann doch eher hängen. Ein hingegen gelingender Blick zurück ins Glück bietet da Schmidts Wunderwerk, obgleich der Mann sonst nun wirklich kaum was an Anstrengung ausspart. Man erwartet z.B. auch hier von Anfang an, dass Sal Paradise mit einem Track die Gesamtbeschallung stellt, doch selbst da bieten sich einfach mehr Nuancen, mehr Fallhöhen in einem waschechten Familienmelodram an. Jenes buhlt um die religiöse Wende, malt aber Kontraste in der Dissonanz laut, die vom denkbar grellen Export-Trio Raimund Harmstorf, Dagmar Lassander und Anja Schüte ins gesamte Spektrum an Liebe/Hass getragen wird. Letztere, als Tochter Raphaela, hadert nämlich mit ihrer Blindheit, findet durch Zimmermädchen Maria (Anouschka Renzi) jedoch verstärkt zum Glauben/zur Verzweiflung, alsbald in ein echtes Leben zu entkommen. 

Anja Schüte, Dagmar Lassander, Raimund Harmstorf, Anouschka Renzi

Dies ruft die Eifersucht der Mutter (Lassander) auf den Plan, während sie der Untreue des Vaters (Harmstorf) wegen schon mit Antipathie in den Tag hinein lebt. Die giften sich an, nur gehen ihre Entscheidungen öfters in die Defensive – Harmstorf spielt das am schönsten als cholerisches Muskelpaket mit Hang zur stillen Vorsicht, sobald es um die Tochter geht, welche wiederum ihre besten emotionalen Kernsätze im Stil der Stille findet. Dennoch sind alle stets geladen, kurz vor dem Suizid und sowieso beziehungsunfähig, zusammen einsam. Schmidt kurvt da mit scharfen Perspektiven in den Luxus und dessen wechselwürgende Hilflosigkeit, dass die Rettung im Sakralen im Gegenzug nicht unbedingt heimisch daherkommt, eher noch als absurderes Delirium - wenn auch gewiss nicht ohne empathischen Effekt und, noch besser, vom Reiz zeitloser Spurensuche ins Übernatürliche nährend. Für manchen Zuschauer eventuell ein bissl zuviel Märchen, aber wie auch immer die Fügung verläuft: Bei Schmidts Verhältnissen muss man halt festhalten, wenn überhaupt mal dramaturgische Entwicklungen stattfinden (und dennoch Spontanitäten wie die Story um Raphaelas Ex-Boyfriend einbaut) – und in diesem Fall geraten sie zu einer deftigen Passion gegen die/mitten in der Entfremdung. Klingt ein bisschen nach Tsui Hark.


Jason Bateman


TEEN WOLF 2 (Christopher Leitch, 1987) – Wo wir gerade beim Thema sind: „Wunderbare Sache, das!”, ist einer der wiederholten Sprüche im Rahmen der deutschen Synchro (womöglich von Dr. Michael Nowak?), welche diese Fortsetzung der Michael J. Fox-Wolfskanone veredelt (Das Lexikon des Internationalen Films meint hingegen, dass diese den Film erst recht ungenießbar macht - drollig). Jason Bateman ist nämlich als Ersatz dessen zugegen und erlebt so ziemlich dieselbe Storyline vom Cousin, wobei er bereits vom lykanthropischen Schicksal seinerseits weiß und trotzdem mit guten Noten allein durchs College wuseln will – nur dass ihn der unvermeidlich haarige Ausbruch an inneren Werten letztendlich nicht zum Basketball, sondern in den Boxring führen. Selbst die moralische Reagonomie, sich im Ehrgeiz nicht nur auf die naheliegende (athletische) Kurzfristigkeit und Popularität zu verlassen, sondern auch wirklich was für sein Umfeld zu leisten; Disziplin, Wissen und natürlich Menschlichkeit zu beweisen: Altbekannt und -backen. Und davon gab es noch eine TV-Serie? Wie dem auch sei, wegen der internen Wiederholung kommt hiesiger Teil scheinbar nie gut weg und obwohl man durchaus argumentieren kann, dass der Vorgänger zudem mehr Schauwerte und (streitbar) Verquickungen anbot, lief der zweite Wolf dann doch noch mehr zur spaßtreibenden Hochform auf. 


Das liegt einerseits an der inhärenten Honkigkeit der ewigen Spackenvisage Jason Batemans, andererseits an der vollen Blödelladung im verbalen Umgang binnen der Jungs und Mädels, die solche Laberschöpfungen wie „Saudische Kurzsocke, ein sehr seltener Fuppe“, „Wenn der seinen Büffel parkt, staubt’s“ und „Kröte am Mitttag, Pech am Dritttag“ beinahe im Sekundentakt liefert. Macht umso stärker Bock, da allesamt auch als Pointen frischer Frechheit gegenüber den fiesen Dekan, den Raudis und verwirrten Hormonen hinhauen, also muss man hier keinen Brunnemann-Overkill erwarten. Dennoch empfiehlt es sich, die eine oder andere Flasche Promilleverstärker mitzunehmen – insbesondere, wenn es auf das letzte entscheidende Match zugeht, das vermutlich ein Drittel des gesamten Films einnimmt. Vorher gibt’s jedoch eine Montage mit „Send me an Angel“ von Real Life – eine schicke Überraschung und Rückblende zur Filmabend-Legende „Rad“! Sind solche externen Faktoren (sowie der ohnehin bewährte, hier zeitweise recht abwegige College-Schabernack) dafür zuständig, dass der zwote Wolfsbursche bei uns so wirksam glückte? Mag sein, aber man erinnere sich: Alkohol konnte z.B. „Nukie“ jüngst nicht retten – jeder Fall ist anders und dieser hier feuert gehörig Juxpower ins Freundschaftsband.

Sonntag, 15. April 2018

Unsere Lage in fünf Angriffsflächen (Tipps vom 02.04. - 15.04.2018)

Dick Randall, Bruce Le, Sonny Chiba

Liebe Leser,

zwei herausfordernde Wochen liegen hinter mir. Und zwar hatte ich es in der ersteren nicht hingekriegt, auch nur einen Film zu sehen! Ein Entzug, wie er mir seit Jahren nicht mehr widerfahren ist – aber lasst die Bange nur im Klange: Dafür gab es in der zweiten Woche wieder ein sattes Programm plus Filmabend à la Siggi Bendix am Samstag! Den werde ich im heutigen Rahmen noch nicht näher erläutern können, dennoch hab ich fünf Beispiele aus einer Filmwelt parat, die sich weiß Gott wenig um den Netflix-vs.-Cannes-Kindergarten und Disneys Camorra-Taktiken scheren. Etwas außerhalb aller dieser Fronten hatte ich mich übrigens insofern betätigt, dass ich neben verlängerten Wanderschaften in der Sonne auch meinen Balkon gefegt hatte. Es strahlt vom Himmel, die Menschen kommen raus! Und die sind natürlich auch die eine oder andere Beobachtung wert, quasi filmreif, wa. Ich hatte dafür sogar Stöpsel im Ohr, Vaporwave im Blick auf die City oder auch M83, sobald ein Kid den Balanceakt auf einem Fahrradgeländer am Straßenrand versuchte. Ein weiterer toller Moment geschah just als ich aus dem Fenster sah, wie für mich gemacht: Eine Frau hatte beim Bistro gegenüber so eingeparkt, dass sie die Frontstange des Karrens hinter ihr deutlich anbumste. Daraufhin geschah erstmal nichts, ehe sie sich in aller Seelenruhe was aus dem Kofferraum holte und davon ging. Knapp 5 Minuten später ging bei ihrem Auto dann der Alarm los, warum auch immer. Die Menschen sind schon ne komische Sorte, aber genug von jenem externen Datensammeln meinerseits. Abschließend vor der Verkündung aller Empfehlungen gibt es dennoch ein weiteres Kuriosum, diesmal aus den Träumen, zu verzeichnen: Im Rahmen eines Hofbauer-Kongress-Äquivalents sollte „Hanna Amon“ erneut im Kino gezeigt werden, bei der Projektion fiel dann schnell auf, dass da eine herbe Alternativfassung auf der Rolle schlummerte: Hardcore-Inserts en masse sowie längere Episoden voll mit Adrien Hoven, der dem Fall wissbegierigst auf den Grund geht. Das Publikum war geschockt, aber auf der anderen Seite des Saals projizierte sich noch ein Nebenprogramm für solche, die es aufgrund ihrer verringerten Abenteuerlust in Anspruch nehmen wollten. Das wollte ich vorher nochmal loswerden, jetzt aber die Tipps, viel Spaß beim Lesen!


Thomas Davis


ASPHALTNACHT (Peter Fratzscher, 1980) - Letztes Mal hatten wir Lothar Meid schon bei den „Idolen“ ausgemacht, nun gerät er für „Panische Zeiten“- Regisseur Peter Fratzscher erneut als Komponist eines Zeitgeists auf den Plan, wenn auch mehr als Ghostsongwriter eines urbanen Taumelns, das die Identität aus der Kuppelei mit der Musikgeschichte hinterfragt und derer dann dort noch ständig sowie mehrmals verpuppt begegnet. Diese Ironie fliegt gewiss nicht über die Köpfe ihrer Akteure hinweg: Rock(balladen)produzent und angehendes Solotalent Angel (Gerd Udo Heinemann) aus der verdampften 68er-Aufbruchszeit sowie No-Future-Punk-Pendant Johnny (Thomas Davis) kennen die Phrasen, Symbole, Symbolträger und Philosophien ihres Mediums in- und auswendig. Das ergibt allerdings keine Gesprächsrunde abklopfender Nettigkeiten - es ist höchstens für den Zuschauer sehr unterhaltsam, quasi doof und dufte im Einklang, wie die Zwei damit im Dialog gegenwärtiger Bestandsaufnahme posieren gehen und in den Wald des Kulturpessimismus schreien, ihre Slogans auch im Selbstgespräch bringen. Mit dem Zufall macht die Inszenierung halt gerne Kontakt – er lässt seine Teilnehmer zwischen Sonne, Schauer, Einstürzenden Neubauten und Unfallkarren zueinander finden, entzweien und im Chaos der Berliner Stadtlandschaft wieder entdecken.

Peter Fratzscher, Gerd Udo Heinemann, Thomas Davis, Debbie Neon

Die Lässigkeit darin bringt sich als Symbiose umso besoffener auf den Trip aus zig grellen Nachtkulissen, gleichzeitig stichhaltiger auf die Kritik an Szenemanieren, an berufsbedingten Abhängigkeitsverhältnissen und Narzissmen. Wieder eine Ironie wider der Ironie, wohl auch deshalb gilt der Film unter Kennern als Kult, ferner als Zeugnis einer eingemauerten Filterblase, in der ausschließlich das Neon lebt (sogar Debbie Neon!), die Ikonen gemacht werden/gemacht an den Wänden hängen. Die dokumentierte Dekoration ist anno 2018 sogar schon sowas wie Nostalgie, im Rahmen des Films wird der Drang zum neuen Stil dann auch erst recht zum Hauptthema der Verdrossenheit (im Angesicht von 1984) – selbst sobald er gefunden wird, scheint er eher eine Lücke im Wert kurzlebiger 200 D-Mark zu schließen. Die pragmatische Coolness/Langeweile schärft ihre Sieger zum perpetuum mobile an. Das zeigt sich schon am Tag danach: Die Bullen wie gehabt im Rücken, gerade noch aus der Jägerkluft der Biker entkommen und angeschlitzt; beim Tunnelrennen mitten drin das Girl gewonnen, dieses im nächsten Parkhaus wiederum in die Freiheit entlassen – wäre schlimm, wenn man danach nicht gleich wieder gen Lieblingstrack jumpen könnte, selbst wenn der unverhoffte Partner auf dessen falsche Sentimentalitäten scheißt. Rock’n’Roll is bigger than all of us, indes geht eine packend rotzende Bromance auf Tour, die in ihren Hoffnungen sterben wie aufgehen will.


Etsuko Shihomi, Sonny Chiba, Yasuaki Kurata


HISSATSU ONNA KENSHI aka DRAGON PRINCESS (Yu Kohira, 1976) - Etsuko Shihomi, uns nicht nur im Rahmen dieses Blogs hinreichend als Sister Street Fighter bekannt, erfüllt diese Woche die Frauenquote binnen hiesiger Zeilen. Schade, dass der Film dazu etwas konventioneller ausfällt als manche ihrer Karate-Exploitation-Ausflüge unter Kazuhiko Yamaguchi. Dabei ist Yu Kohira, der Macher hinter der Dragon Princess, kein unbeschriebenes Blatt im Actionkino deftigerer Sorte. Seine „Easy Riders von Tokio“ glänzten mit Verbalausfällen und rauen Effekten, in dieser wie abermals von Toei verlebten Produktion gestaltet er das Rache-Motiv jedoch zum vergleichsweise spröden Melodram der Stile, Gut gegen Böse der Familie wegen. Das heißt für Yumi Higaki (Shihomi) genauer, die Ehre des Vaters Kazuma (Sonny Chiba) zu rehabilitieren, so wie die Darstellerin an sich oftmals im Schatten jenes Wildesten von Allen Chiba agierte. Das gibt dem Film wiederum einen satten Unterbau, der genauso gut als Verweis vonseiten „Kill Bill“ fungieren könnte: Im New-York-Prolog zeigt sich die Rivalität Kazumas zum korrupten Hironobu Nikaido (Bin Amatsu), der beim eigentlichen Duell seine Schergen auf ihn ansetzt und verstümmelt. Der qualitative Standard japanischen Kinos, mit seinen wüsten Panoramen und Blutballetten, erfüllt sich da so flugs wie die Schicksalsschwere Yumis, welche widerwillig auf den Dächern der L.A. Slums vom Leben entfernt im ständigen Training bleibt und da auch noch ihren einzigen Kontakt seiner alten Verletzungen wegen verliert.

Etsuko Shihomi, Sonny Chiba, Yasuaki Kurata

Danach kann es nur noch nach Japan gehen und man weiß, woher die Katharsis rühren wird: Sie zeigt den Azubis und Lakaien Nikaidos, wo die Faust drückt und macht ihn nervös. Das mündet vorerst in keiner direkten Konfrontation, eher verfolgt der Film, wie brachial dessen Vollstrecker (dieselben, die Kazuma überfielen) in einer Montage-à-la-„Pate“ weitere Konkurrenten ausschalten, während Yumi die nähere Nachbarschaft vor Yakuza-Pansen verteidigt. Die Pflicht nimmt sie exemplarisch auf sich, während auch der Rest des Ensembles im nationalen Wertesystem darauf anspricht, Verantwortung vor allem für die Familie (und auch irgendwo sich selbst) zu übernehmen. Der verdeckt ermittelnde Schüler Nikaidos, Masahiko Okizaki (Yasuaki Kurata, ebenfalls oft mit Frau Shihomi zu sehen), handelt aus ähnlich emotionaler Schlagkraft - gerne von heftigem Regenfall akzentuiert. Die größten stilistischen Stärken treten allerdings erst im Showdown aller auf: Wie da mit Farbfiltern, Zooms und dem Gewicht an Sounds gearbeitet wird, macht da noch mehr an Ekstase/Poesie aus als die letztendlichen Finishing Moves der Gerechtigkeit. Trotzdem: Auge um Auge, wortwörtlich. Wenn es bloß nicht noch wildere Partien desselben Prinzips gäbe…




BRUCE KEHRT ZURÜCK (Bruce Le und Joseph Kong, 1982) - Kennt wer spontan noch das „Spezialkommando Feuervogel“? Also jenen eurasischen Geheimagenten-Abenteuer-Sleaze, der via Regie/Autoren/Hauptdarsteller-Kombo Bruce Le und Richard Harrison gegen üble Machenschaften und echte Tiger antrat? Wenn ja, dann hoffe ich doch, dass es demjenigen auch gefiel, denn mit dieser Rückkehr erwartet einem more of the same. Nicht, dass eine narrative Bindung zwischen den Filmen bestünde, aber der titelgebende Bruceploitation-Taiwanese macht als Eastern-Übermensch wie abermals die Sehenswürdigkeiten Europas unsicher, umgibt sich im Cast zudem mit Industriegesellen wie Dick Randall, Ultraräude Jean-Marie Pallardy (dessen Paris-Episode aus Moulin-Rouge-Pornos und Kindesentführung an den Assi-Level seiner eigenen Werke mahnt), Bolo Yeung und Harold Sakata (der seines Zeichens sogar das James-Bond-Theme aufgetönt bekommt), welche stets überflotte Vermöbelungen seinerseits auf den Weg mitkriegen. Im Grunde ein einziger riesiger Freundschaftsdienst, der sich der Nettigkeit halber in eine Honkparade maskulinen Eskapismus verwandeln konnte.


Binnen dieser ist der Plot so beiläufig wie spontan am Laufen/gerade wie es passt ausgedacht und dementsprechend bruchstückhaft auf Aktsuche, weshalb sich die Konzentration dementsprechend oft auf Drohsprüche, Straßenkämpfe, Attentate und eingecremte Brustwarzen versteift. Die infantil schellenden Labertaschen des Ensembles sonnen sich vor allem bei letzteren omnipräsent ins Zelluloid, bevor der nächste Schlägertrupp oder Scharfschütze ihr aufgegeiltes Idyll zu stören wagen. So gelangt die Entführung der (sich ebenfalls oft entblätternden) Konsulstochter anhand von schlagkräftigen Nachforschungen des Ex-Knackis Bruce über die römische Mafia hin zur French Connection gen Paris, gefolgt von Rache-Eskapaden in Hongkong gegen Ninjas mit Stop-Effekten, der Befreiung derer Sexsklavinnen sowie zum Endschlag gegen Superboss Sakata – ehe die abschließenden 20 Minuten noch die Konfrontation mit Hwang Jang Lee im Kolosseum herbeisehnen. Komischerweise erlaubt sich Bruce Le in jenen historischen Gängen so manch lachhaft vorsichtigen Spaziergang im Schnitt, wo zuvor aufgrund dauernd wechselnder und durchgeboxter Szenerie kein rechtes Zeitgefühl entsteht - die gemalten Knochenbrüche und Herzschläge zum Schluss bleiben trotzdem nicht aus. Angeberei, Hormonüberschüsse und Kintoppkompost können so bunt sein, es grüßt der Macho-Kindergarten!


Choehu-ui Jeongmumun


BRUCE LEI - KÖNIG DER TODESKRALLE (Kim Shi-hyeon, 1977) - Südkorea probierte sich auch mal an der Bruceploitation aus und konnte dabei auf Dragon Lee (bürgerlich Moon Kyoung-seok) zurückgreifen, der als Leinwandvolksheld mit Bruce-Lee-ähnelndem Konterfei (und bereits vorher angebauten Kampfsportskills) unter anderem eben auch den ‚König der Todeskralle‘ mimen durfte. Wie so vieles in der Welt der Martial-Arts-Massenware benutzt der Film dafür die Invasion Chinas durch die Japaner im Zweiten Weltkrieg als Aufhänger einer klischeebeladenen Gerechtigkeits-Dramaturgie – und wie in ebenso vielen Fällen des Genres besticht auch diese als Einfaltspinsel, der sich gleichsam mühsam in den Action-Plot-Minimalismus hineinlabert und anhand jener Struktur absurde Kampfspektakel reiht. Genau die richtigen Parameter für einen gelangweilten Nachmittag, der sich gerne schon von explodierenden Steinen begeistern lässt, wenn ein Bruce Lei (Dragon Lee) dies mit bloßem Kick hingebogen bekommt. Schnell entfalten sich daran auch die beliebt-bekannten Begleitumstände für solch markiges Handeln:

Dragon Lee

Der alte weise Meister, die unantastbar-naive (und extrastumpf gespielte) Liebelei zum Gürtel-Girl, Rückblenden zum jüngst von Hitler-Bärtchen-Japanern gemordeten Bruder, triste Wiesen und grelle Sets zum Fighten sowie ein Schnippelsoundtrack extrafrecher Bastelklaue. Das flutscht geschmeidig an einem vorbei, wie es auch die gern erlebte Freude an Unvermögen ergibt – zur Zuspitzung derer trägt jedoch bei, welche Superkräfte und somit surreale Effekte man der Todeskralle im Kampf um die Ehre des Kung-Fu/der Nation verliehen hat. Noch abstruser verläuft hingegen die Xenophobie der Protagonisten, die ihre Feinde per Hose-Runter demütigen, in Netzen zum prügelnden Lynchmob führen und trotzdem letztendlich darum buhlen, miteinander binnen Frieden und Respekt leben zu wollen. Kuriose externe Perspektive seitens der Südkoreaner, die sich dann auch etwas aus der schon zur Mitte hin augelösten Reibung verlaufen und einen Deutschjapaner namens Yoko (?) ins Leben rufen, der neue Morde und Entführungen anleiert, ehe er den Brucelmann in einer präparierten Gadget-Villa zur Game-Of-Death-Akrobatik herausfordert. Man darf dreimal raten, wer da alles stirbt. Sehr konsequent und billig das Ganze – wie meine Empfehlung dafür!


Jeannot Szwarc, William Castle


FEUERKÄFER (Jeannot Szwarc, 1975) - „Der weiße Hai 2“ feiert dieses Jahr sein vierzigstes Jubiläum, umso sinniger, dass ich mich kurz zum vorangegangen Tierhorror desselben Regisseurs äußern sollte. Ein Stück weit den Erfüllungsgehilfen darf Szwarc hier schon geben, da eigentlich Ko-Autor und Produzent William Castles Handschrift über dem Film liegen sollte, zumindest was das High-Concept (und einige unerfüllte Kino-Gimmick-Pläne) angeht. Die ersten Phasen des Films bestätigen auch dessen Lust am Publikumsschock, starten mit dem Erdbeben in der Kirche, halten die damit einhergehende Quelle der Bugs aber nicht unbedingt im Dorf. Die Furcht vorm brennenden Käferviech sucht alsbald nämlich nach einer Erklärung anhand des Uni-Professors James Parmiter (Bradford Dillman). Seine Versuche gleiten jedoch kontinuierlich in die Sucht ab, je krasser sich die Tiere von seiner distanzierten Experimentierphase zu was Persönlichem bilden. Zunächst nicht unfern von „Phase IV“ abgeleitet, brennt sich der Terror sodann in die Familie ein, zumal Parmiter der Sache soweit auf den Grund/in den tiefsten Erdspalt geht, dass ihn der Wahn umschlingt, obgleich oder weil jene Tiere mit ihrem kollektiven Schrecken sogar auf Suizid aus sind.

Bug (Jeannot Szwarc, 1975)

Diese Form der Steigerung in der Individualisierung entspricht durchaus einer Kehrtwende von Genre-Zeitgenossen, die stets einer konzentrierten Gemeinschaft den Kampf gegen jegliches geballtes Ungeziefer überlassen – zumal der Film auf einen Horror der Überhitzung setzt, der seinerzeit am ehesten in „Blutgericht in Texas“ seinen Ursprung fand (großes Kompliment!). Dazu gesellen sich bizarre Szenarien des Grauens, groteske Bilder vom Qualm per Schabenkleister, der sich in die Köpfe von Mensch wie Tier einnistet. Parmiter selbst setzt dem Ekel eine Folter via Lufthochdruck entgegen, wie steil will der Zuschauer da jeweils den Grad des Bösen messen? Problematisch dafür wird leider das ziemlich lasch geballte Narrativ, bei welchem die Geisteswissenschaften gegenüber sparsam ausgeteilten Reißereffekten kaum zur Geltung kommen. Die analytische Atmosphäre kuscht etwas vor der Belanglosigkeit, der Aufriss in Parmiters Untiefen allerdings kann den abschließenden Höllenschlund unendlicher Todeskräfte nochmal im Fieber auffangen. Unausgegoren mit effektiven Stichpunkten!

Sonntag, 1. April 2018

Bloggen zu Ostern ist kein Aprilscherz (Tipps vom 19.03. - 01.04.2018)

Puppa Armbrüster, Wolfgang Fierek, Stellan Skarsgård, Deborah Harry, Christina Lindberg, Robert Knepper

Liebe Leser,

ich bin zurück, auferstanden aus der Höhle! Nein, Gastautor Jesu ist nicht am Start, aber ihr guten Leute: Ich weiß, dass ihr zwei Wochen warten musstet (falls ihr gewartet habt), neues von der Wittigen Filmrundschau zu lesen. Dies ist übrigens nicht der neue Name des Blogs! Und das, obwohl den Begriff der wöchentlichen Tipps etwas frei auslege in letzter Zeit. Ich habe schon überlegt, Namen und Banner zu ändern, aber das war mir zu anstrengend – überlegt mal, wo überall bei Funk und Fernsehen und Presse und so ich die Änderungen ankündigen müsste, scheiße! Also lasst mal, der Name ist Tradition und ich steh mit meinem Namen für den Namen des Blogs! Wir haben ganz klar große Probleme in dieser unserer Zeit zu bewältigen, ich weiß das am besten. Und vor allem, das größte Übel zu diesem Osterfest ist hierzulande tatsächlich krasser denn je im Tagesthema: Das Wetter! Ja, haben wir’s denn Weihnachten?! Ich bin so wütend, da hab ich nur über sechs Filme geschrieben. Aber bevor wir zu diesen kommen, lasst mich euch eins sagen: 

GUARDIANS OF THE GALAXY VOL. 2 (James Gunn, 2017)

Ich habe dank Siegfried Bendix „Guardians of the Galaxy Vol. 2“ nachholen können und es war wieder mal kein guter Marvel-Film – die gegenwärtigen Probleme dieser Reihe an Einheitswaren sind hier nur etwas weniger nervtötend als beim letzten Spider-Man zugegen, da nicht alles in die Belanglosigkeit rein veralbert wurde. James Gunn hat sich dennoch total verlabert und kugelt sich vor allem gen Mittelteil in so viele Redundanzen rein, die er sodann mit der mehrfachen Wiederholung der beliebtesten Zutaten aus Vol. 1 zu kaschieren versucht. Der Mangel an Einfällen korrespondiert mit voll bemühtem Humor der Pointenbandbreite „Echt jetzt?!“ bis „Wie bitte?!“, in der Hoffnung, dass ungeduldige Lücken zwischen jenen Sprüchen noch mehr Witz versprühen. Das größte verschenkte Potenzial klafft da umso heftiger auf: Yondu und die Ravagers. Die erste Wiederbegegnung in jene Richtung sowie die Schlusssequenz (vor 1000 Post-Credit-Scenes) hatten beinahe einen Sog echter Charaktereinsicht über Vaterfiguren/Ersatzväter inne, doch der Honk-Humor musste sich dazwischen mischen, wie später auch das popkulturelle Kalkül um Erwähnungen von Knight Rider, Cheers, Pac-Man und sinnloserweise sogar „Mary Poppins“. Dazu kommt ein Maximum an CGI-Action, das jedes bunte Szenario geradezu aneinanderklatscht und von der eigenen Atemlosigkeit nichts zu wissen scheint – warum sonst würde Gunn dauernd versuchen, darin noch überdramatisch emotionale Entscheidungs-abschnitte zu reihen? Auch die Methodik erfüllt sich nur stückweise und gleichsam überstrapazierend, dass einem umso banger wird, irgendwann die Crossover-Hölle „Avengers: Infinity War“ sehen zu müssen. Bei Siggi liefen danach zumindest noch „Stürmische Liebe – Swept Away“ und „Den Himmel gibt’s echt, also war eine Steigerung des Abends in Sichtweite. Die unfassbaren Sexismus-Stimmungsschwankungen der Guy-Ritchie/Madonna-Melange und genauso die christlichen Wunder-Diskurse der Familie Burpo werden uns auf ewig in Erinnerung bleiben! Die ganzen Insider aus der Sichtung kläre ich hier entsprechend null auf, denn wen geht’s was an, häh?


Kommen wir aber nochmal zum anderen Großereignis der letzten Wochen: Mein Filmabend im März, kuratiert unter dem Titel „Acht Filme sind kein halber Tag“! Der Name war wie zu erwarten Programm und ja, der Zeitrahmen stimmte auch. Was lief unter dem gemeinsam angestauten Einfluss von 8 Flaschen Astra Kiezmische, 2 Dosen Rockstar Energy, 8 Dosen Coca-Cola sowie einer Flasche Cabernet-Sauvignon? Zunächst „Turtles II – Das Geheimnis des Ooze“, der uns allen bekannt ist – nur Siggi noch nicht und dieser mochte ihn dann doch! Wow, krasser hot take, ne? Wartet mal ab, die zentralen Filme jener Samstagsrunde habe ich dann doch intensiver in heutiger Empfehlungsspalte niedergeschrieben – außer „Lion Man“ und einen komischen Kurzfilm aus der Familiengeschichte anno 1992. Vor der Enthüllung der anderen Titel aber noch vier Mini-Empfehlungen, zu denen mir textlich absolut nichts eingefallen ist: Die höchstsympathische und bundesweit zockende Mint-Experten-Dokumentation „Monarch – Der Automatenschreck“ von Manfred Stelzer und Johannes Flütsch, die kernigen Sozialstudien „Der Hammermörder“ und „Verlierer“ von Bernd Schadewald (schade, dass ich bei ihm nen Block habe, aber mindestens ein Film wird’s hier nochmal schaffen) und der etwas zu lang geratene „God of Gamblers“ von Wong Jung, der seinerzeit immerhin den Großteil aller Hongkong-Film-Topoi höchst aufrichtig vereinen, aber nichts daran ändern konnte, dass ich von Kartenspielen weiterhin keinen Schimmer habe. So, ich hab euch lang genug ans Kreuz genagelt (höhöhö), jetzt dürft ihr die Eier suchen gehen und raten, welches von denen NICHT beim Filmabend vorkam und welches gemeinsame Thema die folgende Auswahl verbindet (ich weiß es nicht). Ich wünsche viel Spaß mit den Empfehlungen Eures duften Hasen:


Cleo Kretschmer, Wolfgang Fierek, Puppa Armbrüster


IDOLE (Klaus Lemke, 1976) – Ein ziemlich historisches Puzzlestück aus dem Werk des hier schon oft vertretenen Herr Lemke, da sein in den folgenden Jahren mehrmals hofiertes Leinwandpärchen Cleo Kretschmer und Wolfgang Fierek hier erstmals zusammen und bereits voller herzlicher Kleinigkeiten im Miteinander zum Einsatz kam. Deren Reibungskräfte erinnern daher nicht von ungefähr z.B. an jene der späteren „Amore“ – d.h., dass sich Cleo mächtig ins Zeug legt, als Dorfmadl Annerl nahe München dort Eifersucht zu züchten, wo sie das Herz ihres Lieblingsfußballboys Sepp (Fierek) einfangen will. Mit den Reizen der modernen wie feschen Dame von Welt kann sie allerdings nur binnen der Amateurliga glänzen (sie traut sich anfangs nicht mal, Schminke im Kiosk vor Ort zu kaufen) und wird dementsprechend ausgelacht – hundsgemeine Brüdersprüche und Mutti-Meckereien inklusive. Die Sache spitzt sich zu, als die Schwärmerei Richtung Tanzdame Puppa (Judith Armbrüster) im Örtlein vorbeischaut und in Begleitung der Coverband Pete und die Bavarians Gastronomie sowie ausgerechnet Sepp um den Verstand bringt. Die Puppa ist eben stets geradeaus, auch in ihrem Clinch mit den kaum verwöhnenden Verhältnissen – die Überforderung der Dorfdeppen sowie die negative Resonanz seitens Annerl sind vorprogrammiert. Sobald sich diese aber deswegen zusäuft, beginnt eine Odyssee, die zusammenschweißt und in Folge dessen aus dem urbanen Showbiz um Schnulzensänger Jack Meid (Lothar Meid, einige toll schreckliche Nummern wie „Bibi Bonbon“ aus seiner Feder darbietend) eine wiederum wortgewandte Komödie der Frechheiten entfesselt. 

IDOLE (Klaus Lemke, 1976)
IDOLE (Klaus Lemke, 1976)
IDOLE (Klaus Lemke, 1976)

Zanken, Schwärmen, sich gegenseitig unter die Fittiche nehmen, Beschwerden und Liebeserklärungen: Bewährte Kommunikationspole aus dem Œuvre Lemkes, die sich frisch nach „Teenagerliebe“ anhören, reisen wollen und gleichsam handheld inszeniert sind; in der Improvisation der hormonellen Naivität dennoch mehr auf die Pointe zugeschnitten scheinen – keineswegs zum Nachteil! Insbesondere Cleo strahlt da literweise Charme aus, wo ihre Prinzipien und Sehnsüchte liegen und wohin sie trotz aller Planlosigkeit ihrerseits der Puppa folgt. Ein toller Kontrast übrigens, wie jene neue Busenfreundin stets um ihr Ego und der Vorstellung von waschechter Anbaggerei ("Schmollen!") mit ihr streitet; trotzdem (wenn auch hinter vorgehaltener Wuschigkeit) gerne gemeinsam Fame-Phänomene schmiedet. Rom-Coms heutige Coleur müssen sich hier enormst verballhornt, auf jeden Fall hilflos übertroffen fühlen. Die Konstellation der Beiden ist jedenfalls so stimmig simpel wie erfrischend, einfach innig von Vertrauen und freiem Wankelmut geprägt, dass die Herren der Schöpfung im Vergleich allesamt nur schweren Atems hinterherkommen. Selbst Jack ist mit seiner Ausstrahlungskraft mehr so Romantiker vom Fach, bei Sepp scheint der Beliebtheitsstatus des Mannschaftskapitäns fast noch mehr Druck zu hinterlassen als die tollpatschige Unkenntnis gen Liebe – Peter Berling als Manager hingegen gibt sich so cholerisch (und angreifbar) wie Puppa; kein Wunder, dass sie später in sein Fach wechselt. Alles Menschen, die in ihrer Kleinkariertheit umso komischer wirken und im Zusammenspiel allmählich drüber hinauswachsen: Das macht im ursprünglichen Fernsehformat schon eine erhebliche Stärke der Annäherung aus - soweit auch, dass jene Lebhaftigkeit einige weitere Male erfolgreich wiederholt wurde, auch im Rückblick noch den besten Screwball von konsequenter Bodenständigkeit abgibt.


Nikolas Vogel


DIE ERBEN (Walter Bannert, 1983) – Irgendwelche Grauzonen beim Neonazi vorzufinden, damit will man sich eigentlich nur ungern auseinandersetzen – auch wenn aus einer Humanisierung nicht zwangsläufig die Normalisierung folgen muss, da die Verhältnisse von mindestens einer Partei aus erfahrungsgemäß eher gleich bleiben werden. Das Medium Film kann im Konflikt mit der Distanz verständlicherweise meist auch nicht anders, als die Muster des Gruppenverhaltens der alten wie neuen Rechte unter kritischer Beobachtung zu stellen (jüngst geschehen in Robert Schwentkes überreiztem „Der Hauptmann“), so wie sie sich im real life ohnehin dauernd bestätigen. Solche Mechanismen als Sozialstudie festzuhalten, zeigt sich da noch als Maximum der Sensibilität bei einem Sujet, das von sich aus eben auf keinerlei positive Aspekte zurückgreifen kann oder will (siehe dazu auch Uwe Frießners „Hass im Kopf“, die sehr direkte Haltestelle im braunen Sumpf). Nicht minder im Abstieg verankert, aber voll naturalistisch wie hyperfilmisch auf Strukturen, Effekte und Reaktionen des Rechtsrucks schneidend, zeichnet der Österreicher Walter Bannert eine Keimzelle des Hasses in stetiger Ausweitung gen Entmenschlichung. Mit Nostalgiekitsch, Überlegenheitsgedanken und unbedingter Kameradschaft wird dort eingangs eine gesellschaftliche Besserung vorgeschoben; irgendwann ist die Reflexion im Angesicht infamster (Selbst-)Lügen - die gleichzeitige Leugnung und Zelebrierung des Holocausts - dann auch so hinfällig sowie in jener Fassung gelobt, dass ihre Urheber erst recht die Lust an der Gewalt schöpfen. Stellvertretend dafür gerät Thomas Feigl (Nikolas Vogel) in solche Kreise, nachdem sich familiäre wie schulische Verhältnisse als Horte der seelischen Enthaltung vorstellen – inklusive Alkohol und Arbeitslosigkeit als Unterbau.


Jeder für sich und Gott gegen alle, auf Messers Schneide in immer brutalerer Antipathie (selbst gegenüber dem unbescholtenen Bruder Thomas'). Jugend mag sich nix sagen und einschlagen lassen, zudem nicht langweilen und so geht es ebenso frustbeladen-gleichgültig dorthin, wo die Fete noch den Schulterschluss verspricht. Jener mit der Vergangenheit unter Hitler und Co. kann sich vor laufenden Kameras sodann genauso pseudo-akademisch (ein Prototyp von Wolfgang M. Schmitt Jr. ist zufälligerweise auch anwesend) in die Provokation steuern/ins Parlament mogeln wie es 2018 noch gelingt. Bannerts Wahrhaftigkeit ist erschreckend frisch, zur Untermauerung derer gestaltet er Szenarien am Rande der Eskalationsreportage: U.a. Parteitage der totalen Verklärung; eskalierende Demonstrationen, die ihre Gegner für spätere Racheakte abfotografieren; Attentate auf wehrlose Menschen und Denkmäler zugleich, bis die militante Abkopplung im Untergrund an der Rassentilgung übt, Erinnerungen des Mordens als Machtbeweis auf dem Stammtisch ausbreitet. Terrorismus binnen selbstgefälliger Ermattung – mit jener Verwüstung im Innern füttert Bannert seine Ballung subkulturellen Bangens auch eher auf die konkrete Darstellung hin, ohne dafür (mit Ausnahme von vielleicht 1,2 Dialogen) noch allzu bemühte, emotionalisierte Hinweise mitzuliefern. Nicht, dass man als Zuschauer so oder so überhaupt irgendeinen Reiz Richtung Rechts verspüren könnte – schließlich spricht so oder so die Fassungslosigkeit aus seinen keineswegs Immersion scheuenden Bildern und bloßen Grinsebacken gelebten Horrors. „Die Erben“ zeigen sich schon ihrer selbst normalisiert und Bannert komprimiert im Gegenzug nix an deren Eigendynamik und Widersprüchen. Das ist schon heftig genug.


Meat Loaf, Kaki Hunter, Alice Cooper, Blondie


ROADIE (Alan Rudolph, 1980)Ach ja, so dachte ich mir, den kannste am Filmabend etwas gen Anfang platzieren, das wird eine sichere Nummer, ganz normaler Rockstar-Streifen, was auch immer. Dem war aber nicht so. Mit Größen wie Marvin Meat Loaf Aday, Deborah Blondie Harry, Roy Orbison und Alice Cooper im Ensemble lässt sich doch tatsächlich eine kuriose Übermacht des Abwegigen kredenzen: Den höchst kruden und mental durchweg labilen Roadmovie, der stets dem minderjährigen Groupie hinterher zu steigen versucht. Flirten nach Texas-Art, eben via Protagonist Travis W. Redfish (Meat Loaf), der binnen trinkfester Bärenkraft spontan seinen Messie-Hillbilly-Heimatschoß zurücklässt, um das 16 Jahre junge Küken Lola Bouilliabase (Kaki Hunter) zu vernaschen. Die tourt mit zwei Eventflaschen durch die Gegend und wünscht sich nichts sehnlicher, als bei Alice Cooper („Monster Dog“) im Bett zu landen – Redfish ist ihr jedoch so flott verfallen, dass er bei der Truppe als Roadie anheuert und jede noch so abenteuerliche Situation ins gelingende Chaos manövriert. Man orientiert sich da gerne am Konzept der Blues Brothers – soweit sogar, dass Doppelgänger derer auftauchen und ohnehin reichlich schrottreif gefahren wird, mit Zwinker-Smiley. Die Musikauswahl tendiert dabei eher zum Country – zumindest anhand von Coverversionen, die bis zum Punk verballhornt werden. Alles, was man da an Klischees vermutet, wird grundsätzlich nochmals übertönt, ehe die bierselige Hysterie aus dem Mikrokosmos der Backstagegrabenkämpfe („Kein Koks, kein Auftritt!“, „Kein Saft, also Strom aus Kuhscheiße, etc.“) vom Schlaghammer des Redfish so aufgemöbelt wird, dass er selber mehrere Gehirntraumata davon nimmt.

ROADIE (Alan Rudolph, 1980)
ROADIE (Alan Rudolph, 1980)
ROADIE (Alan Rudolph, 1980)

Solche Delirien halten fast so lange durch wie in Neil Youngs „Human Highway“, genauso intensiv wie die Hingabe zum fanatischen Flummi Lola. Die Kamera kann erst recht kaum von ihren Hot Pants lassen, schneidet aber sodann in die keifenden Mäuler der Texas-Räudensippe zurück, wobei sich vor allem Papi Corpus (Art Carney) mit Gemütlichkeitsapparaten wie einer mobilen Telefonzelle bemerkbar urig macht – das Geschrei ist eh überall im Gange, wir sind in den Vereinigten Staaten! Manch einer erzählt von seiner Spucksucht, Blondie trinkt einen unterm Tisch, Schneewittchens sieben Zwerge zetteln eine Schlägerei im Bingo-Salon an, Pansen vom Drogendezernat mit Revolver werden konstant ignoriert und es liegt zudem ein besonderes Augenmerk darauf, wie Alice Cooper (und sein Suspensorium) eine Quietschepuppe seiner selbst zerdrückt. Jenes Panoptikum der Unberechenbarkeit weitet sich im Verlauf in die Stratosphäre aus und zieht natürlich ständig schusselige Schlüsse bar jeder Sinne, ultra besoffen in der Misogynie und Scooby-Doo-Verfolgungsjagden. Schon beachtlich, wie man als Zuschauer da sowohl durch Klamauk als auch garstigster Y-Chromosonen durchgejagt wird und an allen moralischen Eckpfeilern abprallen muss, während sich der Party-Faktor im Fronten-Mash-Up selbst bekotzt, auf demselben Weg Ehe schließt und große Luftballons per Körpermasse platzen lässt. Der schlechte Geschmack geht auf Tournee und hat keine Skrupel, den Salat auf die Mattscheibe zu schmeißen – sehenswert!


Anita - ur en tonårsflickas dagbok, Christina Lindberg, Stellan Skarsgård


DAS SCHWEDENMÄDCHEN ANITA (Torgny Wickman, 1973) - Stellan Skarsgård machte sich schon in jungen Jahren über die Nymphomanen her. Dies belegt jenes hiesige Erotikdrama um die gerade mal 17-jährige und zum ständigen Geschlechtsverkehr hin gestörte Anita (Christina Lindberg), welche ihre Jugend der Hingabe zu 1001 Männern im Rückblick darlegt – froh darüber, dass der verständnisvolle Erik (Skarsgård) als einziger noch sorgsam ihre Narben bepflastert, (vorerst) die Finger von ihr lässt und sowieso ein offenes Ohr (plus Milchkarton) hat. Bilanz bzw. blank gezogen wird indes, wie unreflektiert ihr körperliches Angebot jeweils angenommen wurde, wie viel Kummer sie im Gegenzug ob der nimmer gelösten oder gar erfüllten Triebe hatte, während jede soziale Schicht und Sitte auf sie herunterzuschauen schien – angefangen in der (hier besonders widerlichen) Disziplin der Schule, aber insbesondere vom Kreise der Familie aus. Vater und Mutter regen sich bei Alltagstrivialitäten und mangelnder Bildung ('Wer war Rommel?!') auf, ebben hingegen in der Gleichgültigkeit ab, sobald Anita ihr frustriertes Verhältnis zur Sexualität sogar bei versammelter Gesellschaft vor ihnen nach außen trägt. Die gehörige Ladung Leistungsdruck ohne Entgelt äußert sich im charakterlichen Spektrum so zielsicher, dass sich das dramaturgische Konstrukt dazu nicht immer die Mühe zu machen scheint, bei den Szenarien der Schlussfolgerung genauso ökonomisch zu verfahren.

DAS SCHWEDENMÄDCHEN ANITA (Torgny Wickman, 1973)
DAS SCHWEDENMÄDCHEN ANITA (Torgny Wickman, 1973)
DAS SCHWEDENMÄDCHEN ANITA (Torgny Wickman, 1973)

Man könnte daran Redundanz, Didaktik und Körperschau monieren, das Gegenargument zieht allerdings einen fesch-ranzigen Schirm anhand von Optik und Kulissen drüber. Stockholm und Umgebung mausern sich zur Tristesse im groben Korn, wo sich die Trophäen der Heimeligkeit (Gewehrtapeten und Pudel in Adidas-Taschen) gleichsam finster mit Drogenkultur und intellektueller Ausgrenzung verkuppeln, Kommerz und Technik merklich an Kommunikation mangeln. Missgunst und üble Nachrede ergeben von der Perspektive Anitas ausgehend noch das höchste der Gefühle, während Regisseur Wickman vieles im Schweigen erzählen lässt, verschämte Blicke als Mittel des Vorwurfs herauskristallisiert. Seine Stationen zum sozialen Abstieg hin sind von Klischees gezeichnet, wie es unter den Voraussetzungen wohl unvermeidbar ist – umso überraschender findet man frische Luft in der Präsenz Anitas vor, mit der Frau Lindberg voll Natürlich- und Verletzbarkeit stets über dem Ausdruck bloßen Elends steht, selbst wenn die tiefsten Bodensätze der Gesellschaft erreicht sind. Da wirkt das nicht gerade moralinresistente Happy-End schon wieder etwas aus der Luft gegriffen, höchst naiv und erst recht von keiner dringlichen Fallhöhe hervorgebracht – höchstens von einem hormonellen Ventil, das die Einseitigkeit der Nymphomanie allmählich wie nicht wirklich überzeugend ausgleicht. Ulk und Melancholie eben liegen nicht nur in jenen Gefilden oft umschlungen.


Scott Adknis, Rhona Mitra, Robert Knepper


HARD TARGET 2 (Roel Reiné, 2016) – Scott Adkins verschlägt es zum wiederholten Male in der Geschichte dieses Blogs aufgrund einer verschämten Vergangenheit des Tötens in asiatische Dschungel, genauer Richtung Myanmar – nun aber als Gejagter der digitalen Neuzeit Wes Baylor, der den Vorbildern John Woo und Jean-Claude Van Damme, zusammen mit DTV-Journeyman Roel Reiné, die Ehre der The-Most-Dangerous-Game-Überwältigung erweisen will. Sein Graf Zaroff heißt in diesem Fall Aldrich (Robert Knepper, „Twin Peaks – The Return“) und arbeitet mit Militärs und Freizeiträuden zusammen, per gehässiger Coolness auf flüchtende Menschen einzuballern. Falls jemandem die Flucht vor ihnen gen Grenze gelingen sollte, wäre ein Sack voller Rubine auf dem Konto gesichert – der spätere Quasi-Love-Interest Baylors, Tha (Ann Truong), will damit hingegen die Freiheit ihres Dorfes erkaufen. Eine sehr direkte und Genre-naive Motivation, welche umso harmonischer jene Baylors konterkariert, der im mentalen Strom der Wiedergutmachung seinerseits das Strandhaus zu erwirtschaften gedenkt, welches sich sein von ihm im MMA-Ring getöteter BFF Jonny (Troy Honeysett) so sehr wünschte. Letzterer hinterließ Frau, Kind und massive Schuldgefühle seitens Wes, der sich seinen selbstgewählt mickrigen Exil-Lebensunterhalt mit Untergrund- wie Wolkenkratzerkämpfen verdient, ehe das Aldrich-Angebot als roher Fisch auf dem Tisch landet. Der frisst sich das Filet allerdings so „geilstens“ rein, dass man flugs das Hauptunterhaltungsargument in Robert Knepper feststellt. Der liefert durchweg ab, Reiné will da auch gern hinterherkommen, nicht nur die Enthüllung dessen Plans in markiger Steadicam-Rundfahrt ballen, sondern natürlich auch orgiastische Action im Stile des Vorgängers aufbieten.



Im Grunde gelingt ihm dies auch – Zeitlupen, Tauben, Napalm, Motorräder, Flinten und Fights machen einiges an Aufwand sowie BOAH!-Spitzen geltend; können trotzdem irgendwie nur in Portionen zuschlagen. Liegt mitunter daran, dass deren verbindende Fäden eher mit Beliebigkeit und Klischee-Dialogen ziehen, während Super-Adkins‘ Herausforderer selten ernsthaft und fix in ihre Schranken verwiesen werden. Reiné schafft dementsprechend eher ab und an (vor allem zu Beginn) die Klimax-Euphorie Woos, genauso gedrosselt dessen Extravaganz und exzessives Chaos – dafür drückt das Budget zu sehr, selbst wenn noch immer reichlich um die Ohren fliegt. Die Szenarien zwischen stillgelegten Bahnschienen und brüchigen Brücken geben in der Richtung genug an Feuer her, ihr Charakter bleibt dennoch unausgegoren. Der Cast leistet dem in der Hinsicht Folge, dass einzelne Momente (wie Baylors Elefanten-Slapstick oder seine Blutspucker in perfekter Rillenform) unter der Oberfläche der Schnörkellosigkeit kratzen und trotzdem irgendwie auf Durchzug geschaltet sind. Zu blöd, wenn sie damit sogar an die knapp 103 Minuten durchhalten müssen. Von Enttäuschung mag ich trotzdem nicht sprechen – die bloße Ahnung vom Level an Passion, die in der Rückkehr zum Woo-Feeling steckt, feuert allesamt bis zum Ende an und klinkt sich zudem stimmig ins altbekannte high drama aus Vergebung und heroic bloodshed ein. Die Schlussmomente können da zwar nicht mit denen der „Lady Bloodfight“ mithalten, aber das können und wollen eh nur noch die wenigsten im Genre.




DEATH CURSE OF TARTU (William Grefé, 1966) – In den Sümpfen der Everglades binnen Florida ist weiß Gott nicht viel zu holen. Unter der Prämisse eines flotten Horrors für die Drive-In-Saison lässt sich B-Movie-Autorenfilmer Grefé allerdings dann doch einige mythische Schwergewichte einfallen. So lasten einem die sterblichen Überreste des Indianermedizinmanns Tartu gar garstig tierische Flüche an, sollte man zwecks niederer Beweggründe in sein Hoheitsgebiet eindringen. Archäologen und Schatzsucher gehören da ebenso zum Beuteschema wie einige unbedarfte Teenie-Pärchen voll hipper Tanzmoves und Hormonüberschüssen. Keiner jener Beteiligten versucht den jeweils spekulativen Stereotyp seinerseits zu brechen, da man ringsum schon mit allzu kleingehaltenen Ressourcen in Sachen Filmform und -inhalt Vorlieb nehmen muss: Grefé und Crew kommen mit ihrem Equipment stets nur an ein und denselben Ufern und Totenköpfen an, weshalb jeder einzelne Spaziergang im Angesicht der Schrecklichkeiten so lange währt wie das Drehbuch dünne ist. Solche Bedingungen fallen ja wie gehabt anhand kurioser Spitzen nicht unsympathisch aus, zumal sich die Entschleunigung auch hier fortwährend als Drama-Queen behauptet.



Das bedeutet vor allem, dass sich der Soundtrack im Loop selbst bedrängt, ebenso Native-Gesänge in kurzatmigster Wiederholung ausbreitet und daraus Furcht schöpft, während die Parallelmontage ebenbürtig Jäger und Gejagte annähern lässt. Ausgerechnet Anakonda, Alligator und Haifischflosse werden da die unausweichlichen Reißer für zig Frauenschreie und Bastelkurs-Effekte, so wie sich männliche Begleiter im Gegenzug mit Rationalitäten belabern, was man als nächstes tun müsse. Selten dämliche Fragen füllen die Laufzeit wie zuvor noch Freizeitspaßversuche im Ödland, dass dem Zuschauer das Herz aufgeht, wenn solch ein Augenmerk auf die höchsten Stufen altbackener Belanglosigkeit gelenkt wird. Es folgen daher: Bikini-Partys mit Knutschfalten, Panik in der Styropor-Gruft voll Spinnweben, panisches Abhängen an Ästen, Sprengstoff per Schießpulver (aus zwei Kugeln), Leichen-Make-Up vom Formate Geisterbahn, schon nach 200 Metern Flussweg überforderte Motorboote, vielerlei Totalen schwüler Naturschutzgebiete. Anstrengend, angestrengt und trotzdem recht dufte!